Vampire Academy 06 ● Schicksalsbande
mir zugewiesen hatte?“
Ambrose nickte. „Das ist doch auch der Grund, warum sie ihn dir gegeben hat. Sie hat ihm vertraut.“
Lissa sagte nichts, aber ich konnte ihre Gedanken laut und deutlich hören. Sie war erfreut und überrascht gewesen, als Grant und Serena – die Wächter, die Dimitri und mich ersetzt hatten – angeboten hatten, Lissa und Christian in den grundlegenden Verteidigungsmethoden zu unterrichten. Lissa hatte geglaubt, sie sei einfach über einen fortschrittlich denkenden Wächter gestolpert, und hatte nicht begriffen, dass sie einen der Pioniere vor sich hatte, die Moroi in den Kampfkünsten unterwiesen.
Sie und ich, wir waren beide davon überzeugt, dass eine dieser Informationen wichtig sein musste, obwohl keine von uns die Verbindung herstellen konnte. Lissa grübelte darüber nach und legte auch keinen Protest ein, als Adrian und Christian ihrerseits mit einigen Fragen dazwischengingen. Ambrose war zwar immer noch sichtlich gekränkt wegen des Verhörs, aber er gab jetzt auf alles mit erzwungener Geduld Antwort. Er hatte Alibis, und seine Zuneigung zu Tatiana war offenbar nie ins Wanken geraten, ebenso wenig wie seine Wertschätzung ihrer Person. Lissa glaubte ihm, obwohl Christian und Adrian immer noch skeptisch schienen.
„Alle haben mir wegen ihres Todes zugesetzt“, sagte Ambrose, „aber niemand hat Blake besonders lange befragt.“
„Blake?“, wiederholte Lissa.
„Blake Lazar. Noch jemand, mit dem sie .... “
„Ein Verhältnis hatte?“, schlug Christian vor und verdrehte die Augen.
„Mit ihm?“, rief Adrian angewidert. „Unmöglich. Auf ein so niedriges Niveau hätte sie sich niemals herabgelassen.“
Lissa zermarterte sich das Gehirn hinsichtlich der Familie Lazar, konnte den Namen jedoch nicht einordnen. Es gab einfach zu viele Lazars. „Wer ist das denn?“
„Ein Idiot“, sagte Adrian. „Neben ihm wirke ich wie ein aufrechtes Mitglied der Gesellschaft.“
Was tatsächlich mal ein Lächeln auf Ambroses Gesicht zauberte. „Ganz meine Meinung. Aber er ist ein hübscher Idiot, und das gefiel Tatiana eben.“ Ich hörte Zuneigung in seiner Stimme, als er ihren Namen aussprach.
„Hat sie denn tatsächlich auch mit ihm geschlafen?“, fragte Lissa. Adrian zuckte zusammen, als das Sexualleben seiner Großtante zur Sprache kam, aber es hatte sich gerade eine ganz neue Welt von Möglichkeiten aufgetan. Mehr Liebhaber bedeuteten auch mehr Verdächtige. „Wie hat dir das gefallen?“
Ambroses Erheiterung erlosch. Er warf ihr einen scharfen Blick zu. „Ich war nicht eifersüchtig genug, um sie zu töten, falls du darauf hinauswillst. Wir hatten eine Abmachung. Sie und ich standen einander nahe – ja, wir hatten ein Verhältnis –, aber wir haben uns beide auch mit anderen Leuten getroffen.“
„Augenblick mal“, warf Christian ein. Ich hatte das Gefühl, dass er dieses Gespräch jetzt wirklich genoss. Tatianas Ermordung war zwar kein Witz, aber vor ihnen entfaltete sich gerade ganz eindeutig eine Seifenoper. „Du hast also auch mit anderen geschlafen? Das wird langsam ziemlich verwirrend.“
Nicht für Lissa. Tatsächlich wurde immer klarer, dass Tatianas Ermordung ein Verbrechen aus Leidenschaft gewesen sein konnte, also ohne jeden politischen Hintergrund. Wie Abe gesagt hatte, jemand mit einem Zugang zu ihrem Schlafzimmer war auch ein wahrscheinlicher Verdächtiger. Und eine Frau, die eifersüchtig gewesen war, weil sie sich einen Liebhaber mit Tatiana teilte? Das war bisher sogar das vielleicht überzeugendste Motiv – wenn wir die Frauen nur gekannt hätten.
„Wer?“, fragte Lissa. „Mit wem hast du dich sonst noch getroffen?“
„Niemand, der sie getötet hätte“, erwiderte Ambrose streng. „Ich verrate euch keine Namen. Auch mir steht ein wenig Privatsphäre zu – genauso wie ihnen.“
„Nicht, wenn eine von ihnen eifersüchtig war und meine Tante getötet hat“, knurrte Adrian. Joshua hatte auf Adrian hinabgeblickt, weil er mich nicht beschützte, aber in diesem Moment, als er die Ehre seiner Tante verteidigte, wirkte er so grimmig wie jeder andere Wächter oder Hüter. Irgendwie war das sexy.
„Keine von ihnen hat sie getötet, das weiß ich ganz genau“, sagte Ambrose. „Und sosehr ich ihn verachte, ich glaube auch nicht, dass es Blake gewesen ist. Er ist nicht schlau genug, so etwas durchzuziehen und Rose die Schuld in die Schuhe zu schieben.“ Ambrose deutete auf die Tür. Er hatte die Zähne zusammengebissen, und Linien der
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