Vampire Academy 06 ● Schicksalsbande
Enttäuschung verschandelten sein hübsches Gesicht. „Hört mal, ich weiß wirklich nicht, was ich sonst noch sagen könnte, um euch zu überzeugen. Ich muss langsam wieder rein. Es tut mir leid, wenn ich vielleicht etwas schwierig wirke, aber das war irgendwie hart für mich, okay? Glaubt mir, ich fände es herrlich, wenn ihr herausfinden könntet, wer ihr das angetan hat.“ Schmerz blitzte in seinen Augen auf. Er schluckte und senkte für einen Moment den Blick, als wollte er nicht, dass sie erfuhren, wie viel ihm Tatiana wirklich bedeutet hatte. Als er dann wieder aufblickte, wirkte seine Miene erneut grimmig und entschlossen. „Ich will, dass ihr den wahren Täter findet, und ich werde euch helfen, wenn ich kann. Aber ich sage euch, sucht lieber nach jemandem mit politischen Motiven. Nicht mit romantischen.“
Lissa hatte immer noch eine Million weiterer Fragen. Ambrose mochte davon überzeugt sein, dass es bei dem Mord weder um Eifersucht noch um Sex gegangen war, aber sie war sich dessen nicht so sicher. Sie hätte wirklich gern die Namen seiner anderen Frauen gehabt, wollte ihn aber nicht zu sehr bedrängen. Einen Augenblick lang erwog sie, ihn mit Zwang zu belegen, wie sie es schon bei Joe getan hatte. Aber nein. Sie würde diese Grenze nicht wieder überschreiten, erst recht nicht bei jemandem, den sie als Freund betrachtete. Zumindest jetzt noch nicht. „In Ordnung“, sagte sie also widerstrebend. „Danke! Danke, dass du uns geholfen hast.“
Ihre Höflichkeit schien Ambrose zu überraschen, und so wurden seine Züge weicher. „Ich sehe mal, ob ich irgendwas ausgraben kann, das euch hilft. Sie halten Tatianas Räume und Besitztümer zwar unter Verschluss, aber es könnte mir vielleicht gelingen, dort hineinzukommen. Ich gebe euch dann Bescheid.“
Lissa lächelte, aufrichtig dankbar. „Das ist nett von dir. Wunderbar.“
Eine Berührung an meinem Arm holte mich in den trostlosen kleinen Raum in West Virginia zurück. Sydney und Dimitri sahen auf mich hinab. „Rose?“, fragte Dimitri. Ich hatte das Gefühl, dass er nicht zum ersten Mal versucht hatte, meine Aufmerksamkeit zu erregen.
„Hallo“, sagte ich. Ich blinzelte einige Male, während ich mich wieder in diese Realität hineinfand. „Ihr seid zurück. Hast du den Strigoi angerufen?“
Er reagierte nicht deutlich sichtbar auf das Wort, aber ich wusste, dass er es verabscheute. „Ja. Ich habe Boris’ Kontaktperson zu fassen bekommen.“
Sydney legte die Arme um sich. „Verrücktes Gespräch. Ein Teil davon lief auf Englisch ab. Es war noch beängstigender als das zuvor.“
Unwillkürlich schauderte ich und war froh, dass ich es nicht mitbekommen hatte. „Aber hast du etwas in Erfahrung gebracht?“
„Boris hat mir den Namen eines Strigoi genannt, der Sonja kennt und wahrscheinlich weiß, wo sie sich aufhält“, antwortete Dimitri. „Es ist tatsächlich jemand, dem ich schon einmal begegnet bin. Aber Telefongespräche mit Strigoi haben ihre Grenzen. Es ist unmöglich, ihn zu kontaktieren – es sei denn, wir suchen ihn persönlich auf. Boris hatte nur seine Adresse.“
„Wo ist diese Adresse?“, fragte ich.
„Lexington, Kentucky.“
„Oh, um Gottes willen!“, stöhnte ich. „Warum nicht die Bahamas? Oder der Maispalast?“
Dimitri versuchte, ein Lächeln zu verbergen. Es mochte zwar ein Lächeln auf meine Kosten sein, aber wenn ich seine Stimmung etwas aufgehellt hatte, war ich dankbar dafür. „Wenn wir sofort aufbrechen, können wir vor Tagesanbruch bei ihm sein.“
Ich sah mich um. „Schwere Entscheidung. Das alles zurücklassen, nur für Elektrizität und sanitäre Anlagen?“
Jetzt grinste Sydney. „Und keine weiteren Heiratsanträge mehr.“
„Und wahrscheinlich werden wir gegen Strigoi kämpfen müssen“, fügte Dimitri hinzu.
Ich sprang auf. „Wie schnell können wir aufbrechen?“
14
Die Reaktionen der Hüter auf unsere Abreise waren sehr gemischt. Im Allgemeinen waren sie froh, uns Außenseiter gehen zu sehen, insbesondere da wir Sydney bei uns hatten. Aber nach dem Zweikampf war ich für sie zu einer Art Superheldin geworden, und sie waren nun ganz bezaubert von der Idee, mich in ihre Familie einheiraten zu lassen. Nachdem sie mich in Aktion gesehen hatten, warfen nun auch etliche Frauen einen Blick auf Dimitri. Ich war allerdings nicht gerade in der Stimmung, ihnen beim Flirten mit ihm zuzusehen – vor allem, weil ich ihren Regeln der Werbung zufolge diejenige sein müsste, die das mit einer
Weitere Kostenlose Bücher