Vampire Beginners Guide: Vom falschen Mann gebissen (The Vampire Guides) (German Edition)
misslichen Lage zu befreien.“
Seufzend begann Lexa, die natürlich die in diesen Worten versteckte Beleidigung ebenso wie die damit verbundene Drohung erkannt hatte, ihre Erzählung mit dem Streifzug, der sie und Herbert auf diesen Hinterhof geführt hatte und endete mit Herrn Kellerers Besuch. Nur das Telefonat mit Dave ließ sie aus. Sie brachte es nicht über sich, in Wunden zu stochern, von denen sie noch gar nicht wusste, wie tief sie waren.
„Ja, und nachdem das Gespräch mit dem Kriminalbeamten entgegen meinen Erwartungen von mir so gar nicht zu steuern gewesen war, erwäge ich, nun doch für das morgige Interview a nwaltliche Hilfe in Form eines Zeugenbeistands in Anspruch zu nehmen.“
„Sie haben von ihrem letzten Lebensabschnittsgefährten zumindest die Fachtermini gelernt“, erwiderte Karel mit einem sparsamen Lächeln, das seine Augen nicht erreichte. Er erhob sich, trat an den Schrank und öffnete eine kleine Bar . Der köstliche Geruch von Blut erfüllte den Raum. Karel kam zurück und reichte ihr einen Cognacschwenker.
„Sie bringen – das steht außer Frage – reichlich Bewegung in die Schattenwelt.“
„Was gut oder schlecht sein kann“, bemerkte Lexa und hielt sich mit ihrem Glas zurück, bis sich Karel wieder gesetzt und ihr formvollendet zugeprostet hatte.
„Was gut oder schlecht sein kann.“ Karel nahm einen kleinen Schluck, rollte ihn wie Rotwein kurz im Mund umher und schluckte dann mit geschlossenen Augen. „ Obgleich sie sich mit der Normwelt, also jenem Leben, das Sie bisher kannten, in Bezug auf Vorurteile, falsche Prämissen und ein starres Korsett aus Regeln nicht messen kann, bedarf auch die Schattenwelt eines gewissen Rahmens.“ Ein humorloses Lächeln umspielte seinen Mund. „Sie sind die einzige Zeugin, die diesen Thug identifizieren kann, der uns seit einigen Jahren zu schaffen macht. Erstmals tauchte er in Mumbay auf, dann in London, Toronto und schließlich hier – wobei ungeklärt ist, ob nicht aus anderen Städten vermeldete Einzelfälle auch auf sein Konto gehen. Bis zu einem gewissen Grad verträgt das System Übergriffe. Doch die Intervalle dieser Entgleisungen wurden kürzer und inzwischen schlägt der Thug täglich zu. Es wird Zeit, ihn zu erlegen.“ Karel öffnete die Augen wieder. „Und das ist Ihr großes Glück. Das, und der Umstand, dass ich erste letzte Woche meinen Perser aus der Reinigung holen ließ.“
Unwillkürlich wanderte Lexas Blick zu dem prächtigen Teppich auf dem die Sitzgruppe stand.
„Haben Sie es schon einmal mit Abdeckplanen versucht“, sagte sie dann betont lässig. „Die führt jeder Malerbedarf.“
Dieses Mal erreichte das Lächeln die Augen des Vampirs.
„Gleichwohl ist durch Ihre unbedachte Internetaktion die Situation deutlich schwerer zu berechnen“, fuhr er jedoch unbeeindruckt fort. „Erstens lockt Ihr durchaus mitreißend formulierter Aufruf jede Menge selbsternannte Vampirjäger auf den Plan, die völlig die Gefahr verkennen, in die sie sich begeben. Zweitens setzt diese öffentlichkeitswirksame Aktion mich auch innerhalb der Schattenwelt gehörig unter Druck. Diskretion ist mindestens so wichtig wie Disziplin. Die Schatten erwarten nun Ergebnisse, bevor der Aufruhr noch größer wird.“
„Eine Serie bestialischer Morde allein genügt nicht als Druck?“
Karel zuckte die Schultern. „Menschen wollen Gewalt. Nicht als Einzelner, jedenfalls nicht gegen sich persönlich gerichtete Gewalt – aber als Spezies. Es ist diese Faszination, die sie bei Laune hält. Eine Geschichte, in der die Protagonisten glücklich sind und ihre Wünsche erfüllt bekommen, interessiert keinen Menschen. Nur mit Leid erregt man ihre Aufmerksamkeit.“
„Um zu lernen, wie man es überwindet. Es geht nicht um Leid, sondern um dessen Überwi ndung“, widersprach Lexa.
„Nein“, widersprach Karel. „Das ist eine nicht haltbare Vermutung. Ein Happyend ist bei di esen Geschichten eine Option, aber keine Bedingung. Es darf auch tragisch enden. Im Gegenteil – tragisch endende Geschichten sind haltbarer. Romeo und Julia zum Beispiel…“
„Warum gibt es dann mehr glückliche Enden?“
Karel lachte. „Das dürfte am Geschichtenerzähler liegen, der seine Figuren im Laufe der Geschichte lieben lernt, eine emotionale Bindung zu ihnen aufbaut und in einer Art Übersprungsreaktion jene Loyalität und Zuneigung, die uns arterhaltend für unsere jeweilige soziale Gruppe – Freunde, Familie, Firma – antreibt, auch für die
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