Vampire bevorzugt
bis auf den Schädelknochen sehen«, jammerte ich und blickte zu Eric hinunter, der noch immer gefräßig wie ein hungriges Baby saugte. Ich konnte zusehen, wie sich seine Wunde schloss. Ich hatte schon früher miterlebt, wie schnell Vampire genesen konnten, aber es erstaunte mich jedes Mal wieder. »Er kann nicht mal die Augen öffnen«, fügte ich todunglücklich hinzu, und gerade in diesem Moment blitzten mich Erics blaue Augen an. Ich hatte keine Ahnung, ob er schon kampfbereit war, wollte aber auch nicht länger mit ansehen, wie Tara fast erdrosselt wurde. »Noch nicht«, bat Eric eindringlich, doch ich hatte Mickey bereits erlaubt, das Haus zu betreten.
»Oje«, sagte ich, und schon glitt Mickey seltsam schlangengleich durchs Fenster herein. Nachlässig stieß er dabei das zerbrochene Glas heraus, als würde es ihm nicht wehtun, wenn er sich schnitt. Tara zog er hinter sich her, immerhin hatte er die Hände wieder von ihrem Hals gelöst und sie erneut am Arm gepackt. Dann ließ er sie auf den Boden fallen, und der durchs Fenster hereinströmende Regen prasselte auf sie nieder - auch wenn sie kaum noch nasser werden konnte, als sie bereits war. Ich war mir nicht einmal sicher, ob sie bei Bewusstsein war. Die Augen in ihrem blutverschmierten Gesicht waren geschlossen und die Blutergüsse wurden immer dunkler. Ich stand auf, schwankte leicht von dem Blutverlust, hielt mein Handgelenk aber verborgen, indem ich es an die Rückenlehne des Sessels legte. Ich hatte zwar gespürt, wie Eric es abgeleckt hatte, doch es würde noch ein paar Minuten dauern, bis es verheilt war.
»Was willst du?«, fragte ich Mickey. Als wenn ich das nicht wüsste.
»Deinen Kopf, Miststück«, fauchte er, die verkniffenen Gesichtszüge von Hass verzerrt und die Fangzähne voll entblößt. Im hellen Licht der Deckenlampe funkelten sie weiß und wirkten noch spitzer. »Auf die Knie vor deinem Herrn!« Noch ehe ich reagieren konnte - oder eigentlich auch nur blinzeln -, drehte mir der Vampir einen Arm auf den Rücken und ich stolperte durch das kleine Zimmer und landete halb auf dem Sofa, bevor ich zu Boden ging. Mit einem lauten Zischen entwich die Luft aus meinen Lungen, und eine qualvolle Minute lang konnte ich mich kaum noch bewegen, geschweige denn atmen. Inzwischen saß Mickey auf mir, und es blieb kein Zweifel an seinen Absichten, als er seinen Reißverschluss öffnete. »Das ist das Einzige, wozu du gut bist!« Seine Verachtung für mich machte ihn nur noch hässlicher. Er versuchte, Macht über mich zu erlangen, seine eigene Angst in meine Gedanken zu drängen, um mich zu unterwerfen.
Und dann strömte Luft in meine Lungen. Es war ein herrliches Gefühl, wieder atmen zu können, selbst unter diesen Umständen. Und mit der Luft strömte auch die Wut in mich, so als ob ich sie zusammen mit dem Sauerstoff einatmete. Das war die Trumpfkarte, die alle Schlägertypen zogen, immer. Ich hatte es so satt - ich hatte die Angst vor dem Schwanz dieser Rambos so satt.
»Nein!«, schrie ich ihn an. »Nein!« Und endlich konnte ich auch wieder denken, endlich ließ die Angst mich los. »Ich entziehe dir die Erlaubnis, mein Haus zu betreten!« Jetzt konnte er mal ausprobieren, wie er mit Panik klarkam. Er wich von mir zurück, was ziemlich lächerlich aussah mit der offenen Hose, und ging rückwärts zum Fenster, wobei er noch auf die arme Tara trat. Er beugte sich herunter und wollte sie packen und mit sich schleifen, doch ich machte einen Satz durchs Zimmer und ergriff sie an den Fußknöcheln. Ihre Arme waren zu glitschig vom Regen, Mickey fand keinen Halt, und die Magie, die ihn fest im Griff hatte, war einfach zu stark. Innerhalb einer Sekunde stand er draußen vor dem Fenster und brüllte vor Wut. Dann sah er in Richtung Osten, als würde ihn jemand rufen, und er verschwand in der Dunkelheit.
Mühsam kam Eric auf die Beine, er wirkte fast genauso erschrocken wie Mickey. »So klar können nur die allerwenigsten Menschen in einer solchen Situation denken«, sagte er sanft in die plötzliche Stille hinein. »Wie geht es dir, Sookie?«
Er reichte mir eine Hand und half mir aufzustehen. »Ich selbst fühle mich schon viel besser. Ich habe dein Blut bekommen, ohne dich dazu überreden zu müssen, und ich musste nicht gegen Mickey kämpfen. Du hast es alles ganz allein geschafft.«
»Dich hatte ein Stein am Kopf verletzt«, sagte ich und freute mich, dass ich mich auf den Beinen halten konnte. Allerdings würde ich trotzdem den Krankenwagen
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