Vampire bevorzugt
der Küchenschränke gelegt hatte, damit sie aus dem Weg war.
»Du wohnst gleich neben Halleigh«, sagte Andy - ziemlich durchsichtig, das diente doch nur der Eröffnung des Gesprächs.
»Danke, dass du meine Schlüssel bei ihr hinterlegt und meinen Wagen hierhergebracht hast.« Gelegentlich hatte ja sogar Andy seine netten fünf Minuten.
»Sie sagt, der Typ, der dich vom Krankenhaus nach Hause gebracht hat, war wirklich, äh, interessant.« Ganz offensichtlich angelte Andy nach einem Anhaltspunkt. Ich lächelte ihn an. Was immer Halleigh ihm erzählt haben mochte, es hatte ihn neugierig gemacht und vielleicht sogar ein bisschen eifersüchtig.
»Könnte man so sagen«, stimmte ich zu.
Er wartete, ob ich nicht noch ausholen würde. Als ich es nicht tat, wurde er geschäftsmäßig.
»Also, ich bin gekommen, um zu fragen, ob du dich noch an irgendwas anderes von gestern erinnern kannst.«
»Andy, ich habe gestern nichts mitgekriegt, und jetzt weiß ich noch viel weniger.«
»Aber du hast dich geduckt.«
»Oh Andy«, sagte ich entnervt, denn er wusste sehr gut über meine Fähigkeiten Bescheid, »du musst doch nun wirklich nicht fragen, warum ich mich geduckt habe.«
Er lief rot an, ganz langsam und höchst unvorteilhaft. Andy war ein Baum von einem Mann und ein intelligenter Detective, aber er verhielt sich Wahrheiten gegenüber, die er zweifelsfrei kannte, merkwürdig zweideutig, selbst wenn diese Wahrheiten nicht ganz dem üblichen Allgemeinwissen entsprachen.»Wir sind hier ganz für uns«, betonte ich. »Und die Wände sind dick genug, dass ich Halleigh nicht mal herumlaufen höre.«
»Ist da noch irgendwas anderes?«, fragte er plötzlich. In seinen Augen glomm Neugier. »Sookie, ist da noch irgendwas anderes?«
Ich wusste genau, was er meinte. Er würde es nie deutlich aussprechen, aber er wollte wissen, ob es in der Welt noch mehr gab als nur Menschen, Vampire und Gedankenleser.
»Noch so viel anderes«, sagte ich in ruhigem, gelassenem Ton. »Eine andere Welt.«
Unsere Blicken trafen sich. Andys Verdacht hatte sich bestätigt, und er war fasziniert. Er war drauf und dran, mich nach den Leuten zu fragen, auf die geschossen worden war - drauf und dran, den entscheidenden Schritt zu wagen -, doch im letzten Augenblick hielt er sich zurück.
»Du hast also nichts gesehen oder gehört, das uns helfen könnte? War gestern irgendwas anders, verglichen mit dem Abend, an dem Sam angeschossen wurde?«
»Nein, nichts. Warum?«
Er antwortete nicht, aber ich konnte in seinen Gedanken wie in einem Buch lesen. Die Kugel aus Sams Bein passte nicht zu den Kugeln, die auf die anderen Opfer abgegeben worden waren.Nachdem Andy weg war, versuchte ich, diesem blitzschnellen Eindruck auf die Spur zu kommen, der mich veranlasst hatte, mich zu ducken. Wenn der Parkplatz nicht fast leer gewesen wäre, hätte ich ihn vielleicht gar nicht aufgefangen, denn er war von einem ziemlich weit entfernten Gehirn ausgegangen. Was hatte ich wahrgenommen? Ein Gewirr von Entschlossenheit, Zorn und vor allem Ekel. Der Schütze war überzeugt gewesen, dass ich ein abscheulicher und widerlicher Mensch sei. Auch wenn das natürlich töricht war, so war ich im ersten Augenblick doch verletzt deswegen - schließlich gefällt es niemandem, verachtet oder gar verabscheut zu werden. Dann dachte ich über den seltsamen Umstand nach, dass Sams Kugel zu keiner von denen passte, die auf die anderen Gestaltwandler abgegeben worden waren. Das verstand ich nicht. Zwar konnte ich mir eine Menge Erklärungen vorstellen, aber sie schienen alle zu weit hergeholt.
Draußen regnete es jetzt in Strömen, der Regen rauschte nur so und prasselte gegen die Fenster auf der Nordseite des Hauses. Ich hatte keinen Grund, jemanden anzurufen, aber irgendwie war mir danach. Es war kein guter Abend, um so ganz abgeschnitten von allen zu sein. Als der Regen stärker gegen das Haus schlug, wurde ich immer ängstlicher. Der Himmel war bleigrau, schon bald würde es ganz dunkel sein.
Ich fragte mich, warum ich so nervös war. Eigentlich war ich ans Alleinsein gewöhnt, und es machte mir nur selten etwas aus. Jetzt war ich den Menschen körperlich näher als je zuvor in meinem Haus an der Hummingbird Road, und trotzdem fühlte ich mich allein wie sonst nie.
Zwar sollte ich nicht Auto fahren, doch ich brauchte noch einige Sachen für mein neues Zuhause. Ich hätte aus der Not eine Tugend gemacht und wäre trotz des Regens - oder gerade wegen des Regens - zu Wal-Mart
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