Vampire bevorzugt
dass ich wirklich mehr Schwierigkeiten hatte als irgendjemand sonst, den sie kannte. »Du musst doch eine Riesenangst gehabt haben!«
»Ja.« Das meinte ich ganz ernst, und meine Stimme klang auch so. »Ich hatte sehr große Angst.«
»Die ganze Stadt spricht von dir«, sagte Arlene völlig harmlos. Tja, genau das hatte ich hören wollen: dass ich das Gesprächsthema Nummer eins jeder Unterhaltung war. »Hey, erinnerst du dich noch an diesen Dennis Pettibone?«
»An den Experten für Brandstiftung?«, fragte ich. »Na klar.«
»Wir sind morgen Abend verabredet.«
»Immer langsam. Was habt ihr denn vor?«
»Wir fahren mit den Kindern zur Rollschuhbahn in Grainger. Er hat eine Tochter, Katy. Sie ist dreizehn.«
»Na, das klingt doch gut.«
»Heute Abend ist er auf Überwachungspatrouille«, teilte Arlene mir wichtig mit.
Ich blinzelte verblüfft. »Was überwacht er denn?«
»Alle Beamten, die abkömmlich waren, sind zusammengerufen worden. Sie wollen verschiedene Parkplätze in der Stadt überwachen und hoffen, den Heckenschützen auf frischer Tat zu ertappen.«
Der Plan hatte eindeutig einen Denkfehler. »Und was, wenn der Heckenschütze sie zuerst sieht?«
»Das sind alles erstklassig ausgebildete Männer, Sookie. Ich glaube, die wissen, wie sie mit so einer Situation umgehen müssen.« Arlene klang leicht eingeschnappt. Ganz plötzlich war sie also Miss Gesetzeshüterin höchstpersönlich.
»Beruhig dich«, entgegnete ich. »Ich mache mir nur Sorgen.« Andererseits, solange die Gesetzeshüter keine Gestaltwandler waren, bestand für sie ja keine Gefahr. Der große Haken an dieser Theorie war natürlich, dass auch auf mich geschossen worden war. Und ich war keine Gestaltwandlerin und auch keine Werwölfin. Bislang hatte ich noch nicht herausgefunden, wie dieser Umstand in das Szenario passen könnte.
»Wo hast du denn einen Spiegel?«, fragte Arlene und sah sich um.
»Ich glaube, im Badezimmer hängt der einzige größere.« Es war ziemlich seltsam, darüber nachdenken zu müssen, wo sich bestimmte Dinge im eigenen Zuhause befanden. Während Arlene an ihren Haaren herumfummelte, legte ich den Hamburger auf einen Teller, in der Hoffnung, ihn noch warm essen zu können - und ertappte mich dabei, dass ich wie ein Trottel mit der leeren Tüte in der Hand dastand und überlegte, wo der Mülleimer war. Natürlich gab es so lange keinen Mülleimer, bis ich losging und einen kaufte. Während der letzten neunzehn Jahre hatte ich immer im Haus meiner Großmutter gewohnt. Ich hatte noch nie einen Haushalt von Grund auf neu einrichten müssen.
»Sam kann immer noch nicht wieder Auto fahren, daher kann er dich nicht besuchen. Aber er lässt dir ausrichten, dass er an dich denkt«, rief Arlene herüber. »Meinst du, du kannst morgen Abend schon wieder arbeiten?«
»Das hoffe ich jedenfalls.«
»Gut. Ich habe frei. Die Enkelin von Charlsie liegt mit einer Lungenentzündung im Krankenhaus, sie ist also auch nicht da. Und Holly taucht nicht immer auf, selbst wenn sie zur Schicht eingeteilt ist. Danielle ist ein paar Tage nicht in der Stadt. Aber das neue Mädchen, Jada - die ist sowieso besser als Danielle.«
»Findest du?«
»Ja.« Arlene schnaubte verächtlich. »Ich weiß nicht, ob's dir aufgefallen ist, aber Danielle ist alles bloß noch egal. Die Leute können einen Drink wollen oder nach ihr rufen, für sie macht es überhaupt keinen Unterschied. Sie steht einfach da und quatscht mit ihrem Freund, während die Gäste schon laut werden.«
Es stimmte. Danielle hatte eine mehr als skrupellose Arbeitshaltung an den Tag gelegt, seit sie fest mit diesem Typen aus Arcadia zusammen war. »Meinst du, sie kündigt?«, fragte ich und schnitt damit ein Gesprächsthema an, das uns fünf weitere Minuten lang beschäftigte, obwohl Arlene eigentlich in Eile war. Sie befahl mir, zu essen, solange der Hamburger noch warm war, und so kaute und schluckte ich hauptsächlich, während sie redete. Uns fielen keine brandneuen oder höchst originellen Bemerkungen zu dem Thema ein, aber wir hatten unseren Spaß. Und Arlene blieb einfach bei mir sitzen und konzentrierte sich (endlich mal) auf unsere Unterhaltung.
Einer der vielen Nachteile der Telepathie ist nämlich, dass ich immer sehr genau bemerke, ob jemand mir wirklich zuhört oder ob ich bloß mit einem Gesicht rede statt mit einem interessierten Geist.
Andy Bellefleur kam an, als Arlene gerade in ihren Wagen stieg. Was war ich froh, dass ich die Tüte von Wendy's in einen
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