Vampire Earth 2 - Wolfsdämmerung
die ihm vorgegeben werden. Ich musste mich in die Außenbezirke der Stadt zurückziehen und blieb allein. Ich hoffe immer noch auf eine Gelegenheit, aber manchmal denke ich daran, nach Norden zu ziehen und nachzusehen, ob die Einen aus Zehn es je zu den Bergen von Kanada geschafft haben.«
Valentine griff zu seiner Kartentasche. »Ich habe ein paar Landkarten, falls die dir helfen können.«
»Ich habe selbst einige aus der alten Bibliothek der Menschen geborgen. Aber ich werde nicht nach Norden gehen, ehe ich meine Schuld dir gegenüber beglichen habe.«
Valentine schüttelte den Kopf. »Müssen wir darüber wirklich schon wieder diskutieren? Du schuldest mir nichts.
Ich musste mir ansehen, was diese Harpyien mit bloßen Händen hat töten können, und dann habe ich Mitgefühl für dich entwickelt. Das war ein Tribut, keine Gefälligkeit.«
»Wir werden sehen, mein David. Du hast zugestimmt, mir im Gegenzug für meine Geschichte auch eine zu erzählen. Deine Geschichte zu hören, würde mich glücklich stimmen. Ich habe schon seit langer Zeit mit niemandem mehr geredet. Im Herzen sind wir Brüder, so fühle ich, denn du trägst auch viele Sorgen mit dir, die dir Kummer machen.«
»Ich könnte einen Drink vertragen«, kommentierte Valentine.
»Du meinst Wein oder Schnaps?«, fragte Ahn-Kha. »Meine Leute haben einen wundervollen Wein aus einer Frucht gekeltert, die wir Ethrodzh nennen, aber ich habe keinen bei mir. Ich hatte auch keinen, bevor die Flieger angegriffen haben.«
»Irgendwann würde ich den gern kosten«, sagte Valentine und musterte die rissigen Mauern des Ranchhauses, deren Farbe sich abschälte, die fleckige Decke und die schimmligen Möbel.
»Du hast mir von deinem Volk erzählt; ich weiß nicht recht, was ich über das meine sagen soll. Früher haben unsere Farbe, unsere Sprache, wo wir lebten und was wir taten unseren Status bestimmt. Nun nicht mehr. In meinen Augen gibt es nur noch drei menschliche Gruppen: die, die den Kur geholfen haben; die, die sich den Kur unterordnen; und die, die Widerstand leisten. Denjenigen, die den Kur helfen, bringe ich kein Verständnis entgegen, und ich habe erkannt, dass ich für die, die sich unterordnen, nicht viel tun kann. Wenn ich zu intensiv darüber nachdenke, empfinde ich Verzweiflung. Ich gehöre zu der Gruppe, die die Kur bekämpft.
Wie schon mein Vater. Ich weiß nicht genau, warum er sich von der Sache abgewandt hat, aber nun, da ich ihr seit einigen Jahren diene, kann ich es mir vorstellen. Ich weiß nicht, ob er meine Mutter kennengelernt hat, bevor oder nachdem er aufgehört hat zu kämpfen. Ich glaube, es war erst danach. Aber er ist ausgestiegen. Er hat versucht, sich fünfhundert Kilometer nördlich von hier ein ruhiges Leben aufzubauen, so wie die Einen von Zehn, die nach einem Ort gesucht haben, an dem die Winter zu lang und zu hart sind, als dass die Kur dort leben könnten. Meine Eltern gründeten eine Familie - ich war das erste Kind, und ich hatte einen jüngeren Bruder und eine Schwester. Im Norden Minnesotas ziehen sich die Leute jeden Sommer tief in die Wälder zurück und kehren erst im Herbst zurück. Während des Sommers sind die Quislinge … du weißt doch, was ein Quisling ist, oder? Jedenfalls haben wir uns während des Sommers vor ihnen ebenso versteckt wie vor den Schlächtern. Im Winter haben wir uns in unsere Häuser verkrochen. Eigentlich sind wir nur zum Eisangeln und Holzhacken rausgegangen.
Ich schätze, mein Vater ist nicht weit genug in den Wald hineingegangen. Eine Quislingpatrouille hat ihn entdeckt - ich war gerade fort, um Mais zu ernten. Sie haben sie alle getötet und das in erster Linie zu ihrem Vergnügen. Ein anderer Mann, ein alter Geistlicher, der mit meinem Vater befreundet war, hat mich aufgezogen und unterrichtet.
Als ich siebzehn war, beinahe achtzehn, sind einige Soldaten aus dem Freien Territorium Ozark zu uns gekommen.«
»Von diesem Ort habe ich gehört«, sagte Ahn-Kha. »Für die Kur stellt ihr einen Haufen Problem dar.«
»Probleme«, korrigierte Valentine gedankenverloren. »Aber vermutlich meinst du, wir bereiten den Kur einen Haufen Ärger.«
»Was ist die Mehrzahl von Ärger?«, fragte Ahn-Kha.
»Gibt’s nicht«, sagte Valentine, woraufhin Ahn-Kha empört den Kopf schüttelte.
Vielleicht sind wir in gewisser Weise verwandte Seelen, dachte Valentine. Wer sonst würde sich bei all dem Elend in der Welt Gedanken über Grammatik machen?
»Erzähl weiter«, forderte Ahn-Kha ihn
Weitere Kostenlose Bücher