Vampire Earth 3 - Donnerschläge

hatte.
    »Mein David, nimm deine Pistole und mach meinem Leiden ein Ende«, ächzte Ahn-Kha. Er lag auf dem Bauch und hatte die viergliedrigen Hände über die spitzen Ohren gelegt.

    »Carrasca sagt, der Sturm wird sich bald legen, alter Gaul«, gab Valentine zurück. Valentine empfand das Schaukeln des Schiffes als stimulierend, so es ihm überhaupt auffiel, doch auch er sehnte sich danach, dass das endlose Prasseln des Regens, das Pfeifen des Windes und das Ächzen des Schiffes endlich nachließen.
    »Mit jeder Stunde eine neue Hölle.«
    »Was?«, fragte Valentine und ließ sich auf seine Koje fallen.
    »Mein Volk … sie sagen, es gibt vier Höllen. Die Theosophen sollten noch eine hinzufügen: Die Hölle der Schaukelei.«
    Valentine stellte seine Stiefel auf den Boden, weit entfernt von Ahn-Khas Kopf, für den Fall, dass der Grog beschloss, weitere zehn Gallonen halbverdauter Nahrungsmittel in die falsche Richtung zu befördern. Besser, er lenkte seinen Freund ein wenig ab. »Sie haben eine Hölle übersehen?«
    Ahn-Kha lag ganz ruhig da, als müsste er die Worte erst sammeln und dann übersetzen. »Die Goldenen glauben, dass man durch die Hölle gereinigt werden muss, ehe man das Paradies erlangt. Es gibt eine Hölle des Hungers und des Durstes, eine Hölle der Schmerzen, eine Hölle der Krankheiten und eine Hölle der Einsamkeit. Hat man etwas davon schon zu Lebzeiten ausreichend erlitten, wird man nach dem Tode davon verschont und kommt schneller ins Paradies.«
    »Ziemliche Quälerei auf dem Weg zum Himmel.«
    »Unser Credo lautet: ›Nur durch Leid wächst eine Seele heran, die imstande ist, anderen mit Verständnis zu begegnen und …‹ Wie nennt man das, die Gnade der Götter?«
    Valentine überlegte einen Moment. »Glückseligkeit?«
    »Ich muss das nachschlagen, sobald ich die Augen wieder öffnen kann. Ich habe dieses Wort noch nie gehört.
Für manche Dinge hat Englisch viel zu viele Worte, für andere zu wenig. Ihr braucht zu lange, wenn ihr etwas erzählt. Eure Worte können nie so melodisch klingen wie unsere sprichwörtliche Lyrik.«
    »Ich werde irgendwann eine King-James-Bibel mit dir durcharbeiten, dann wirst du deine Meinung ändern.«
    »Argh. Diese Traktate! Die meisten lesen sich wie die Familiengeschichte einer Horde nomadischer Pfump -Züchter. Einer eurer Theosophen hat versucht, mir einen Glauben in meine Seele einzutrichtern, und da habe ich gerade die bittere Oberfläche der Hölle der Einsamkeit und der Hölle der Schmerzen gesehen. Dieser Trottel. Als könnte man das Paradies gewinnen, indem man Gottgelehrsamkeit beteuert. Bah!«
    »Ich dachte immer, da wäre mehr dran, mein Freund.«
    »Mein David, wenn du wissen willst, wie der Pfad zum Paradies wahrhaftig aussieht, dann musst du die Rhapsodien der Goldenen lesen. Dann wirst du für die Qualen gestählt sein, die du überstehen musst, ehe du in das Paradies einziehen kannst.«
    »›Es gibt vierundfünfzig Weisen, Stammeslieder zu dichten, und jede einzelne von diesen ist richtig‹«, zitierte Valentine.
    »Wie denkst du über eure Götter?«
    »Wieso Götter? Meinst du Bud?«
    »Es gibt nur einen? Ich dachte, ihr hättet zwei oder drei.«
    »Kommt darauf an, wen du fragst«, sagte Valentine und ließ sich auf die Koje sinken. Auf dem Rücken liegend schien es, als kippten ihn die Bewegungen des Schiffs mal mit dem Kopf, mal mit den Füßen voran nach unten.
    »Ich erinnere mich nicht, je gehört zu haben, dass jemand euren Gott Bub genannt hat.«

    »Bud. Das stammt aus einer alten Geschichte, die der Top Sergeant der Zulu-Kompanie gern zum Besten gegeben hat.«
    »Alte Geschichten sind meist die besten. Schlechte sterben jung. Erzähl mir von Bud.«
    Valentine wühlte in seinen Erinnerungen. »Der Name des Sergeants war Patel. Er war beinahe so stämmig wie du und ein höllisch guter Ringer. Er hat immer fair gekämpft, es sei denn, jemand wollte ihn reinlegen. Dann hat er zu allen Mitteln gegriffen. Aber zurück zu der Geschichte. Ehe er zu den Wölfen kam, hat er bei den Wachen, der regulären Truppe, gekämpft …«
    »Ja, die habe ich schon mal gesehen«, sagte Ahn-Kha aus dem geräuschvollen Dunkel. »Gute Waffen, noch bessere Uniformen und das allerbeste Essen.«
    »Wenn’s drauf ankommt, können sie auch kämpfen. Ich glaube, als Patel dabei war, waren ihre Uniformen gar nicht so gut. Vor allem nicht da, wo er war. Er hat gesagt, es hätte angefangen, als er auf Beobachtungsposten in der Gegend südlich von Saint