Vampire Earth 4 - Saat der Nacht
und sie nutzte die Gelegenheit. »Lieutenant Nail und seine Bären sind ein Team. Ich habe nicht mit ihnen trainiert …«
»Okay, zwei Frettchen. Nail, wir sehen uns unten.«
»Auf die eine oder andere Weise, Sir«, sagte Nail und salutierte lächelnd.
Wie zwei Ratten, abwechselnd Jäger und Gejagte, huschten Valentine und Styachowski über - und unter - die Trümmer des alten Little Rock, als sie sich ihren Weg zum Kurturm bahnten. Die Bauarbeiten waren nicht abgebrochen worden; die Quislinge hatten den zweiten Stock fertiggestellt und mit dem dritten angefangen, während auf der anderen Seite des Flusses gekämpft wurde. Der Turm sah aus wie eine ungleichmäßig gebackene Hochzeitstorte mit verrutschten Schichten oder vielleicht wie eine Softeistüte, Valentine konnte sich nicht recht entscheiden.
Knapp außerhalb des grellen Lichtscheins der Turmbeleuchtung entdeckten sie eine mit Trümmerstücken übersäte Laderampe, die in einen Keller führte. Spinnweben verrieten ihnen, dass die Quisling-Patrouillen sie nicht kontrollierten, also machten sie es sich bequem. Nebeneinander hockten sie auf der Rampe und starrten durch eine Lücke über ihren Köpfen zum Nachthimmel empor.
Valentine vertrieb sich die Zeit mit dem Offiziershandbuch der TMMP, einer Liste militärischer Richtlinien und Verfahrensweisen, die in einem kleinen Heftchen zusammengefasst waren. Er schlug die Seite auf, die er mit einem Knick markiert hatte, und las noch einmal die Passage, die er angestrichen hatte. Selbst in ihrer fast vollkommen finsteren Zuflucht hob sich die Schrift für seine Katzenaugen so deutlich von dem Papier ab, als stünde sie auf einer beleuchteten Leinwand. Als er fertig war, steckte er das Büchlein wieder ein und versuchte, sich auf dem kalten Beton zu entspannen. Irgendwo weiter drin in dem Gebäude huschten Nagetiere umher.
Das Pfeifen und der donnernde Einschlag der ersten Granate beendeten ihre Ruhepause. Die 155er schlug mit einem entsetzlichen Krachen auf - nicht so schlimm, wie die Monstergranaten des Krokodils, aber kaum weniger
nervenzerfetzend. Valentine wartete fünf Granaten ab, um den Quislingen Zeit zu geben, sich eine Deckung zu suchen. Dann nickte er Styachowski zu, und sie verließen ihr Versteck.
Sie suchten sich einen Ort, von dem aus sie den Kurturm gut im Blick hatten. Die weißen Mauern waren bereits von den Explosionen geschwärzt. Valentine zählte die Granaten. Sie detonierten beinahe minütlich. Nachdem zwanzig abgefeuert worden waren, packte er Styachowski an der Schulter, und sie rannten zum Turm, huschten vorbei an Baumaterial und Maschinen. Er hörte einen fernen Alarmpfiff, achtete aber nicht weiter darauf. Sie hielten auf den Betonbunker neben der Baustellenzufahrt zum Turm zu. Ein Gerüst mit einem elektrischen Fahrstuhl stand auf der anderen Seite des Bunkers neben dem Eingang. Styachowski zog an der farbigen Lasche einer dicken, zylindrischen Granate, kauerte sich zu Boden, lauschte dem Zischen des Zünders - und warf sie durch die Schießscharte des Bunkers.
»Hey!«, brüllte eine Stimme im Inneren.
Es wäre ideal gewesen, wäre das nächste Geschoss in dem Moment aufgeschlagen, in dem die Granate explodierte, aber zwischen den beiden Detonationen lagen ein paar Sekunden. Die Granate ging zuerst hoch, dann folgte die lautere, aber fernere Explosion des Artilleriegeschosses.
Valentine musste sich um seine eigene Granate kümmern. Es war eine grüne Rauchgranate. Er zog den Stift und rollte sie über eine Abflussrinne unter dem stählernen Rolltor der Baustellenzufahrt hindurch. Als sie hochging, machte sie ein Geräusch wie zwei Katzen, die einander anfauchten, und grüner Rauch wogte an den Rändern der Tür hervor. Valentine warf zwei weitere Granaten um die Gebäudeecken. Als auch diese ihren Rauch ausspien,
zog er die Essensglocke aus der Tasche und nahm die Socke ab, mit der er sie gedämpft hatte. Er läutete, laut und lange.
»Gas! Gas! Gas!«, brüllte er und läutete wieder.
»Gas! Gas! Gas!«, fiel Styachowski mit tiefer Stimme ein und zog zwei Brechstangen hervor.
Valentine läutete mit aller Macht die Essensglocke und probierte, ob der elektrischen Fahrstuhl funktionierte. Kein Saft.
»Wir klettern«, sagte er.
Valentine machte den Anfang, während Styachowski, verhüllt von grünem Rauch, ihm Deckung gab. Der Gasalarm war von den Männern im Inneren des Bauwerks aufgenommen worden. Valentine hörte eine Alarmsirene, die drei zornige Heultöne von sich gab,
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