Vampire küssen besser
arbeite für einen Nachrichtendienst der Vereinigten Staaten. Aber nicht für denjenigen, für den J tätig ist. Und J wird mir nicht noch einmal eine Operation verpfuschen.«
»Ach. Und bei dieser Operation handelt es sich um Bonaventure?«
»Genau.«
»Hilfe«, sagte ich. »Houston, wir haben ein Problem.«
In dem Augenblick trat der Kellner mit unserer Kanne Tee an den Tisch und fragte nach, ob wir etwas bestellen wollten. Ich war noch immer nicht hungrig, doch etwas zu essen konnte nicht schaden. Ein anderes Ammenmärchen besagt nämlich, dass Vampire nichts außer Blut zu sich nehmen. Dabei brauche ich frisches Gemüse ebenso wie Menschen. Ohne Vitamine werde ich müde und schlapp. »Ich nehme ›Buddhas Traum‹.«
»Gedünstete Krabben, Gemüse und Sauer-Scharf-Suppe«, verlangte Darius. »Möchten Sie keine Suppe?«, fragte er mich.
»Nein danke.«
»Das wäre dann alles«, sagte er zu dem Kellner.
Der Kellner wiederholte die Bestellung, ohne sie aufzuschreiben, sammelte die Speisekarten ein und verschwand.
»Sind Sie Vegetarierin?«, erkundigte sich Darius.
Ich hatte gerade einen Schluck Wasser getrunken und verschluckte mich. »Tut mir leid, ist mir in die falsche Kehle geraten«, röchelte ich. Als ich wieder normal reden konnte, sagte ich: »Ich esse nichts mit einem Gesicht.« Jemanden mit einem Gesicht zu beißen ist natürlich eine andere Sache. »Und Sie? Haben Sie auch irgendwelche seltsamen Essgewohnheiten?«
»Ich ernähre mich gesund, weil ich Krafttraining mache.« Aha, dachte ich, daher der muskulöse Körper. »Aber ich habe eine Schwäche für Eiscreme von Ben and Jerry. Am liebsten mag ich Cherry Garcia.«
»Ich mag die Mischung mit Marshmallows, Schokolade und Karamell am liebsten.« Ich fand, hier bot sich ein guter Ansatzpunkt, etwas über Darius’ Vergangenheit zu erfahren. »Sind Sie ein Fan der Grateful Dead? Wegen Jerry Garcia und so.«
»Nein.« Darius lachte. »Das war vor meiner Zeit. Ich esse einfach gern Eis. In meiner verbummelten Jugend habe ich Nirvana und Grunge Rock gehört. Lang, lang ist’s her und Welten entfernt! Da, wo ich war, wurde kaum Popmusik gespielt. Wenn ich Glück hatte, bin ich im Radio vielleicht mal auf ein Stück Klassik gestoßen. Nirvana war die letzte Gruppe, von der ich mir jede CD gekauft habe.«
»Ging mir genauso«, erklärte ich. »Ich hatte schon immer eine Schwäche für den verlorenen, gequälten Typ mit der Seele eines Dichters. Als sich Kurt Cobain umgebracht hat, dachte ich, die Welt ginge unter.« Meine Gedanken schweiften in die Vergangenheit. Dann riss ich mich zusammen. Ich hatte einen Job zu erledigen und musste mehr über Darius erfahren. »Aber ich habe auch jahrelang Emmylou Harris gehört. Und Annie Lennox. Und Johnette Napolitano. Sie hatte eine Gruppe namens Concrete Blonde. Ach ja, und in den neunziger Jahren war ich nach einer Gruppe namens October Project verrückt.«
»Ach was«, sagte Darius. Sein Gesicht leuchtete auf und ließ ihn um einiges jünger erscheinen. »Die mochte ich auch. Was war Ihr Lieblingssong?«
»Ariel. Sind Sie mal bei einem ihrer Konzerte gewesen? Mitte der neunziger Jahre waren sie hier auf Tournee. Johnette ist in New York sogar bei einem Konzert der Talking Heads aufgetreten. Das muss 1996 oder 1997 gewesen sein. Waren Sie damals hier?«
»Nein«, erwiderte Darius knapp.
»Wo haben Sie denn gelebt?«
»Mal hier, mal da. Ich bin des Öfteren umgezogen.« Er schaute mich an und hielt meinen Blick fest. Mein Magen tat einen kleinen Satz. »Sie sind eine schöne Frau, Daphne. Licht und Schatten spielen in Ihrem Gesicht, Ihrem Haar, Ihren Augen. Überhaupt haben Sie ganz erstaunliche Augen. – Darf ich Sie fragen, ob Sie mit jemandem zusammen sind?«
Js Zurückweisung hatte mich mehr geschmerzt, als ich zugeben wollte, und Darius’ Worte legten sich wie Balsam auf meine Seele. Vielleicht sagte er solche Sprüche zu jeder Frau, aber es war trotzdem schön, sie zu hören. »Im Moment nicht«, erwiderte ich. »Eigentlich schon seit einiger Zeit nicht mehr. Ich bin noch immer dabei, mich von einer Trennung zu erholen. Was ist mit Ihnen? Sind Sie verheiratet?«
»Nein. Ich bin Single. Mein Job lässt mir nicht viel Zeit, Beziehungen einzugehen.«
»Aha. Und was für ein Job ist das?«
»Das ist geheim«, entgegnete Darius mit schiefem Grinsen. »Wie bei Ihnen.«
»Man könnte also sagen, dass wir beide Spione sind.«
»Manche Leute würden das behaupten.«
Ich versuchte, eine andere
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