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Vampire küssen besser

Vampire küssen besser

Titel: Vampire küssen besser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Savannah Russe
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Hand den Knopf für die Eingangshalle. Auf dem Weg nach unten blieb ich meiner Rolle treu, warf einen ungeduldigen Blick auf die Uhr oder schaute unbeteiligt geradeaus. Ich war mir sicher, dass mich eine Kamera überwachte, doch ebenso sicher war ich mir, dass man an mir nichts Ungewöhnliches bemerkte. Nicht das geringste.

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    Kapitel 6
    Beim Weidengarten unten,
    da traf ich meine Süße.
     
    William Butler Yeats
     
     
    D a ich nicht gewillt war, in meinen Stiefeln mehr Schritte zu machen als unbedingt nötig, bat ich den Portier, mir ein Taxi zu rufen. Der Fahrer schnaubte verächtlich, als ich ihm auftrug, mich zum Metropolitan Museum zu bringen. Die kurze Strecke war offenbar unter seiner Würde. Wäre er zuvorkommender gewesen, hätte er ein höheres Trinkgeld bekommen.
    Noch im Wagen zog ich mein Handy hervor und rief Darius an. Er meldete sich gleich nach dem ersten Klingelzeichen. »Ich bin auf dem Weg«, sagte ich.
    »Ich werde da sein und auf dich warten«, erwiderte er. »Ciao.«
    Ich hatte meinen Auftrag einwandfrei erledigt, doch das Adrenalin pulsierte in meinen Adern, und mein Herz schlug wahre Trommelwirbel. Ich weiß, dass Adrenalin ebenso süchtig macht wie Heroin und dass Erregung einen Höhenflug verursacht, der den Verstand lahmlegt. Für mich ist enthemmt zu sein deshalb besonders gefährlich, denn in dem Zustand könnte mir die Maske verrutschen und der Hunger in mir zum Vorschein kommen. Es war also höchste Zeit, mich zu beruhigen, ehe mein Blutdurst überhand nahm und ich mich keinen Deut mehr um die Folgen scherte … bis es zu spät sein würde.
    Das Taxi bremste vor dem Museum. Gleißendhelle Flutlichter waren auf die Steinfassade gerichtet, so dass das Gebäude ebenso großartig wie der Tempel von Luxor oder der Parthenon erschien. Breite Steinstufen schwangen sich majestätisch zu den kannelierten Säulen vor dem mächtigen Eingangsportal empor. Darius stand auf einer der untersten Stufen, mit dem Rücken zu mir. Bei seinem Anblick verschlug es mir den Atem. Jeans und Lederjacke waren verschwunden und einem eleganten langen Mantel, Seidenschal und italienischen Slippers gewichen. Absolut chic sah er aus und unwiderstehlich. Mit meinem Verlangen nach ihm erwachten plötzlich Träume, die ich vor langer Zeit begraben hatte. Wäre ich ehrlich gewesen, hätte ich zugegeben, dass ich jemand suchte, den ich lieben konnte – und der mich liebte.
    Es spielte keine Rolle, dass ich Darius gerade erst kennengelernt hatte und er mir ein Rätsel war. Ich wusste so gut wie nichts über ihn, und das, was ich wusste, konnten Lügen gewesen sein. Doch die Nacht, die wir gemeinsam verbracht hatten, war voller Lust und Süße gewesen.
    Für mich verkörperte Darius – geheimnisvoll, gefährlich, intelligent und getrieben, wie er war – all jene Männer, die ich geliebt und verloren hatte. Wer er war, wusste ich nicht, doch mein Herz wusste, wer er sein sollte. Ich warf dem Fahrer ein paar Geldscheine zu und stieg aus dem Taxi.
    Darius wandte sich um, erkannte mich, und sein Gesicht leuchtete auf. Strahlend lief ich ihm entgegen. An den Weg die Stufen hoch kann ich mich nicht mehr erinnern, ich weiß nur noch, dass ich plötzlich in Darius’ Armen lag und er mich küsste. Selig spürte ich seine starken Arme und die weichen Lippen.
    Dann löste Darius sich, schaute mir in die Augen und fragte: »Alles in Ordnung?«
    »Jetzt ja«, sagte ich.
    »Du musst mir alles erzählen. Hast du schon gegessen?«
    »Nein.«
    »Hast du Hunger?«
    Ja, hatte ich. Hunger auf Blut. Ich nickte und verscheuchte die bösen Gedanken.
    »Gut. Sollen wir drüben ins Stanhope gehen?«
    »Hervorragend.« Das Restaurant des Stanhope-Hotels ist ausgezeichnet, und die Gäste sind gepflegt und elegant. Vor seiner unglückseligen Ehe und seinem frühzeitigen Tod hatte ich dort mitunter John Kennedy Jr. erblickt. Das konservative, ruhige, geschmackvolle Stanhope ist mein Lieblingshotel in New York. Beinahe ebenso gut gefällt mir allerdings das alte Waldorf Astoria, dessen erstklassiger Service stets dem guten Ruf des Hauses entspricht, im Gegensatz zum Plaza, das eine überbewertete Touristenfalle ist. Als Darius meine Hand ergriff und wir die Fifth Avenue überquerten, spürte ich die frische wohltuende Abendluft wie kühlendes Wasser auf meiner Haut und dachte, im Moment könnte ich sogar Sägespäne essen und damit zufrieden sein.
    Ich schaute Darius von der Seite an und musste an sein chinesisches Sternzeichen denken.

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