Vampire küssen besser
solche hässlichen Schmierflecke hinterlassen und ihr knallroter Lippenstift nicht verlaufen gewesen wäre. Auch sie war sichtlich betrunken. Die Katze sah mich an, fauchte, machte einen Buckel und sprang mit einem Satz zu Boden.
»Prinzessin!«, kam es in einem Aufschrei von der Blondine. Die Katze hatte ihren Arm zerkratzt, und wie magisch wurden meine Augen von dem leuchtend roten Blut auf der milchweißen Haut angezogen. »Tanya! Bring sie her!« Tanya hastete der Katze nach. Die Blondine wandte sich an Bonanventure. Offenbar stand sie kurz vor einem hysterischen Anfall. Sie zitterte am ganzen Leib und wirkte wie von Sinnen.
»Wusste ich es doch! Schon wieder eine Frau! Du liebst mich nicht. Hast mich nie geliebt …« Die Worte gingen in Schluchzer über.
Ich nutzte die Gelegenheit, meine Handtasche zu öffnen und die Puderdose hervorzuholen und aufzuklappen. Dann warf ich einen Blick in den Spiegel und tat, als befestigte ich an meinem Haarknoten ein paar lose Strähnen. Die nächste Wanze fiel in meine Hand.
Bonaventure hatte sich erhoben und war mit ein, zwei Schritten bei der weinenden Frau. Er legte den Arm um sie, und sie sank an seine Brust. Sanfter, als ich ihm zugetraut hätte, sagte er: »Ganz ruhig, Catharine. Du fühlst dich nicht gut, nicht wahr, Liebling? Das hier ist nur ein geschäftliches Treffen, mein Schatz, weiter nichts.« Es waren liebevolle Worte, doch dabei hielt er sie auf eine Weise umfasst, dass sie sich nicht befreien konnte. Sein Blick kehrte zu mir zurück. »Entschuldigen Sie, Miss Urban. Wir treffen uns hier am nächsten Montag wieder. Zur selben Zeit. Ich hoffe, das passt Ihnen. Bockerie, du kommst mit mir. Issa, du führst Miss Urban hinaus.« Ehe er seinen Posten verließ, warf Bockerie mir einen letzten feindseligen Blick zu. Ein widerlicher Typ, aber völlig frei von Furcht. Der andere namens Issa trat zu mir und baute sich wie ein Gefangenenwärter neben mir auf. Ich schloss meine Aktentasche und stand auf. Issa war schon an der Tür, als ich die Aktentasche ergriff. Meine kleine Handtasche ließ ich auf dem Stuhl zurück.
Mit einer Portion Glück und schauspielerischem Geschick hoffte ich, in der Nähe des Telefons draußen eine dritte Wanze anbringen zu können. Auf dem Weg durch die Wohnung blieb Issa unangenehm dicht an meiner Seite. Mit kokettem Augenaufschlag fragte ich: »Arbeiten Sie schon lange für Bonaventure?«
»Lange genug«, entgegnete er.
»Da er sicher schon mal einen Muskelmann braucht, hätte er es mit Ihnen nicht besser treffen können«, fügte ich bewundernd hinzu und hätte mich am liebsten übergeben.
Issa spannte seine Bizeps an und grinste mit schiefen Zähnen. »Ich war Gewichtheber. 1984 habe ich mein Land bei der Olympiade vertreten.«
»Hm, welches Land war das denn? Vielleicht Bulgarien?«
»Wie klug Sie sind! Klug und schön. Bulgarien ist richtig.« Er spreizte sich wie ein Pfau und stolzierte neben mir her.
Inzwischen hatten wir die Diele erreicht. »Ich habe Bulgarien auf einer Reise kennengelernt. Ein wunderbares Land.«
Tanya kam mit meinem Mantel herbeigeeilt. »Hier«, sagte sie nur. Issa nahm den Mantel entgegen. Tanya hastete stumm davon. Wahrscheinlich hatte sie alle Hände voll mit Catharine zu tun. Wie ein wahrer Gentleman half Issa mir in den Mantel. Verwirrt schaute ich umher und dann an mir hinunter. »Meine Handtasche! Wo ist meine Handtasche? Die muss ich in der Bibliothek vergessen haben. Ich laufe rasch zurück.«
»Ich hole sie. Warten Sie hier. Dauert nur einen Moment.« Issa machte kehrt und trottete davon.
Unterdessen tat ich, als hätte ich ein Problem mit meinem Stiefel. Ich hob einen Fuß, wackelte auf einem Bein und griff nach der Wand, um mich abzustützen. Meine Hand rutschte ab, vorbei an dem verzierten Spiegel über dem Telefontischchen. Die nächste Wanze war untergebracht. Ich hielt mich an dem Tischchen fest, während ich auf einem Bein balancierte und den Absatz meines Stiefels untersuchte. Wie um seine Festigkeit zu prüfen, setzte ich den Fuß vorsichtig auf und schnitt danach eine erleichterte Grimasse. Gleich darauf kehrte Issa mit meiner Handtasche zurück.
»Oh, vielen, vielen Dank«, hauchte ich. Issa grinste einfältig. Mein Ritter in glänzender Rüstung. Er öffnete die Tür und beugte sich zu mir herab, doch da hatte ich mich schon unter ihm hinweggeduckt. Der winzige Aufzug stand offen. Im Nu war ich drin, winkte Issa einen fröhlichen Abschiedsgruß zu und drückte mit der anderen
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