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Vampire küssen besser

Vampire küssen besser

Titel: Vampire küssen besser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Savannah Russe
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auf der Hand die Küche. Als ich mit meinem neuen Haustier in der einen und der
New York Times
vom Vortag in der anderen Hand meine Geheimkammer betrat, durchzogen draußen die ersten rosaroten Streifen der Morgenröte den Himmel. Ich bat Gunther, zum Pipimachen die Zeitung zu benutzen, und stieg in meinen mit Satin ausgeschlagenen Sarg. Das Letzte, woran ich mich erinnere, war Gunther, der sich an meiner Schulter einrollte. Danach versank ich in einer Traumwelt, in der mein geflügeltes Geister-Ich in die Lüfte stieg und einem Zitronenmond entgegenflog.

[home]
    Kapitel 11
    Gefallene Blüten kehren nicht zum Ast zurück.
     
    Zen-Sprichwort
     
     
    A ls ich meine Wohnung verließ, vertiefte sich die Abenddämmerung, und die Straßenlampen gingen an. Ein Windstoß trieb mir die ersten weichen Schneeflocken ins Gesicht und wurde zu einer steifen Brise, die weiße Puderstreifen über die Straße tanzen ließ. Auf dem Weg hinunter zum U-Bahnhof wurde ich nervös und stellte fest, dass mir die bevorstehende Begegnung mit J Sorgen machte. Bisher war es zwischen uns jedes Mal zum Zusammenstoß gekommen – als Folge jener unterschwelligen sexuellen Anziehung, die er von vornherein geleugnet hatte, wohingegen ich sie im Nachhinein nicht mehr wahrhaben wollte. Leider vergehen Wahrheiten nicht, nur weil man sie leugnet oder ignoriert.
    Für das Treffen hatte ich mich lässig gekleidet: hüfthohe Jeans und flippige Cowboystiefel in Türkis mit roter Einfassung. Meinen Ring hatte Benny mir noch nicht zurückgegeben, und ich notierte mir im Geist, sie darauf anzusprechen. Stattdessen hatte ich einen klotzigen Ring aus italienischem Gold angesteckt, mit einem tiefroten Korallenstein von der Amalfi-Küste. Korallen bedeuten Glück und langes Leben. Letzteres besaß ich, Ersteres konnte ich gebrauchen. Zuletzt war ich in eine dottergelbe Lederjacke geschlüpft, die ich auf meiner jüngsten Reise nach Florenz erstanden hatte, schon in diesem Jahrhundert, ein kleiner Urlaub, den ich mir im Oktober zur Feier meines Geburtstages gegönnt hatte. Schade nur, dass dort meine Freunde von früher bereits seit zweihundert Jahren tot waren. So vergeht die Zeit. Menschen, die mir am Herzen liegen, altern und sterben. Aber damit muss ich leben.
    Ehe ich die Wohnung verließ, hatte ich aus einem leeren Aquarium und einem Stück Maschendraht eine Art Käfig für Gunther gebastelt und ihm zum Einkuscheln eine alte Seidenbluse hineingelegt. Auch eine winzige Schale mit Wasser hatte ich dazugestellt und eine Handvoll Sonnenblumenkerne. Gleich nach dem Aufwachen hatte ich ihm im Internet das prächtigste Domizil bestellt, das es für Nagetiere gab, mitsamt Kuscheldecke und erlesenster Feinschmeckernahrung. Für meinen kleinen Schatz war das Beste gerade gut genug. Während ich am Computer saß, hockte Gunther auf meiner Schulter. Mit nach draußen nehmen wollte ich ihn aber nicht, denn in der U-Bahn hätten die Leute vermutlich verrückt gespielt, wenn mit einem Mal aus meiner Handtasche eine Ratte zum Vorschein kam. Allerdings waren die Reaktionen in New York schwierig einzuschätzen, ebenso gut konnte es sein, dass kein Mensch Notiz von Gunther nahm. Wie auch immer, mir lag nichts daran, in der Gegend als die Frau mit der weißen Ratte bekannt zu werden.
    Den Scheck über fünfzig Millionen Dollar hatte ich in die Schublade meines Computertisches gelegt.
    Auf der U-Bahn-Fahrt Richtung Downtown ließ ich das, was ich am frühen Abend im Internet herausgefunden hatte, Revue passieren. Ich hatte nicht nur Gunthers Ausstattung bestellt, sondern mich zudem mit den Nummern aus Bonaventures Telefonverzeichnis befasst und festgestellt, dass sich die Auslandsvorwahlen auf Georgien bezogen. Vielleicht hatte Bonaventure dort einen Wohnsitz oder ein weiteres Büro. Was die hiesigen Nummern anging, hatte ich richtig getippt. Eine gehörte einem Limousinen-Service, mit dessen Hilfe Bonaventure offenbar seinen Abgang gemacht hatte. Und dann? Hatte er sich etwa zu Schneibels Lagerhaus chauffieren lassen, den Fahrer gebeten zu warten und war in das Loft gestürmt, um Schneibel niederzumetzeln? Hatte er sich dort mit Sam Bockerie getroffen? Oder war er dort angelangt, nachdem General Moskito Schneibel mit der Axt erschlagen hatte, und dann um die Blutspuren herumgetrippelt, um seine Kunstobjekte einzusammeln?
    Wahrscheinlich musste ich Bonaventure selbst aufsuchen, um die Antworten zu erfahren. Zum Glück war die 570er Vorwahl ein Volltreffer gewesen, denn die

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