Vampire küsst man nicht: Argeneau Vampir 12
als jeder Kuss, den sie bislang erlebt hatte. Außerdem hatte dieser Mann sie vor dem Angreifer gerettet, und wenn sie Sams Bemerkung richtig verstand, war er vor einer Weile schon einmal selbstlos zwei Frauen zu Hilfe gekommen. Warum saß er dann aber in einer Zelle?
»Jo?« Sie wandte sich ihm vorsichtig zu. »Geht es dir gut?«
Zögernd nickte Jo, doch dann stellte sie erleichtert fest, dass diese Bewegung keine weiteren Schmerzen nach sich zog, und sie nahm auch die andere Hand vom Kopf. »Ich würde sagen, sie hatten deine Erinnerung gelöscht, und du hast sie soeben zurückerlangt, richtig?«, fragte er leise.
Mit großen Augen sah sie ihn an. »Woher.... ?« »Das erlebe ich nicht zum ersten Mal«, antwortete er. Einen Moment lang musterte sie ihn nur, dann zog sie ihre Hand zurück, weil sie sich aufstützen musste, damit sie sich hinsetzen konnte. Auch Nicholas richtete sich auf und nahm hinter den Gitterstäben im Schneidersitz Platz. Sekundenlang sahen sie sich an, bis Jo fragte: »Was zum Teufel ist hier eigentlich los?«
Er lächelte ironisch. »Ich würde sagen, dir geht’s schon wieder besser.«
Ein kurzes und erschöpftes Lachen kam über ihre Lippen, und sie strich sich eine Strähne aus dem Gesicht, die sich aus ihrem Pferdeschwanz befreit hatte. »Mein Kopf tut immer noch weh.«
»Das wird auch noch eine Weile so bleiben«, erklärte er mit ernster Miene. »Von dem Schlag gegen den Kopf mal ganz abgesehen, sind deine grauen Zellen im Augenblick sowieso noch ein bisschen durcheinander.« Jo nickte, weil sie ihm das sofort glaubte. »Ich habe Mortimer mit Sam darüber reden hören, dass Decker meine Erinnerung gelöscht hat.«
»Ja, das dachte ich mir bereits, als er die Kontrolle über dich übernommen hat, um dich zum Haus zu bringen«, erwiderte Nicholas, dann legte er interessiert den Kopf schräg. »Sind die Erinnerungen dadurch zurückgekehrt, dass du Mortimer hast reden hören?« Sie musste einen Moment lang über die Frage nachdenken, dann schüttelte sie vorsichtig den Kopf. »Nein, das ist schon passiert, als ich von meinem Schlafzimmer aus zugesehen habe, wie Bricker und Mortimer mit dir über den Rasen zur Halle gegangen sind. Du bist mir irgendwie bekannt vorgekommen, aber ich konnte dich nicht einordnen, und da fing das mit den Kopfschmerzen an.«
Nicholas nickte, als habe sie etwas völlig Selbstverständliches gesagt. »Das kommt vor, wenn man den Menschen oder einen Gegenstand sieht, mit dem die gelöschten Erinnerungen zusammenhängen.«
»Was meinst du mit ›gelöscht‹?«, wollte Jo wissen.
»Na ja, eigentlich ist das eine irreführende Bezeichnung. Die Erinnerungen sind in Wahrheit nicht gelöscht, sondern mehr verschleiert oder....« Er runzelte die Stirn, offenbar auf der Suche nach der verständlichsten Erklärung. »Die Erinnerungen sind immer noch da, sonst könnten sie jetzt nicht zurückkehren, aber sie sind sehr tief im Unterbewusstsein begraben, und da bleiben sie auch, wenn sie nicht durch irgendeinen Auslöser wieder an die Oberfläche befördert werden.«
»Wie hat er das gemacht?«, fragte Jo sofort und verspürte blankes Entsetzen bei der Vorstellung, dass jemand in der Lage war, sich an ihren Erinnerungen zu schaffen zu machen. »Gibt es dafür eine Maschine?« Sie wartete geduldig, da Nicholas sichtlich mit sich rang, was er darauf antworten sollte. Er hatte vorhin davon gesprochen, dass Decker die Kontrolle über sie übernommen habe, als er sie zum Haus brachte. Als sie jetzt darüber nachdachte, wurde ihr klar, dass sie keine Erinnerung daran hatte, wie sie vom Rasen neben dem Haus in ihr Schlafzimmer gekommen war.
Die wiedergewonnene Erinnerung endete in dem Moment, da sie mitten im Küssen von den Männern umzingelt worden waren, und sie setzte erst wieder im Schlafzimmer ein. Wie viel Zeit zwischen diesen beiden Ereignissen verstrichen war, konnte sie nicht sagen. Die Erinnerung daran fehlte nach wie vor komplett. Nachdenklich fragte sie: »Und wie konnte Decker die Kontrolle über mich übernehmen? Was geht hier vor sich?«
»Das kann ich dir nicht erklären, Jo«, entgegnete Nicholas schließlich. »Wenn du zu mir gehören würdest, wäre das eine andere Sache, aber so geht es nicht. Außerdem würden sie anschließend die Erinnerung daran ohnehin wieder löschen.«
Was er damit meinte, wenn sie zu ihm gehören würde, war ihr überhaupt nicht klar, aber sie konzentrierte sich ohnehin lieber auf den Rest seines Satzes: »Tja, wenn sie mir
Weitere Kostenlose Bücher