Vampire küsst man nicht: Argeneau Vampir 12
nicht, dass so etwas noch mal passiert. Verstanden?«
Mehrere Männer murmelten zustimmend, dann meinte Mortimer seufzend: »Nicholas haben wir eingesperrt, aber ich konnte Lucian nicht erreichen. Ich habe ihm eine Nachricht hinterlassen, allerdings sind er und Leigh, seit sie das Baby verloren hat, häufig auf Reisen, daher kann es einige Stunden dauern, bis er sich meldet. In der Zwischenzeit möchte ich daher, dass....«
Den Rest konnte Jo nicht verstehen, da Mortimers Stimme leiser wurde, als wäre er in die Bibliothek zurückgekehrt. Zudem übertönten die Schritte der Männer, die ihm dort unten in den Raum zu folgen schienen, seine Worte. Eine Tür wurde geschlossen, und dann kehrte Ruhe ein. Jetzt musste der Weg nach draußen wohl endgültig frei sein. Eine halbe Minute lang starrte Jo über das Geländer auf die geschlossene Tür zur Bibliothek, dann schlich sie auf Zehenspitzen nach unten. Sie hatte keine Ahnung, was genau eigentlich los war, aber ihr Gefühl sagte ihr, dass sie alle Antworten darauf am ehesten von dem Mann bekommen würde, den man eingesperrt hatte.
Unter normalen Umständen wäre sie zu Mortimer und Sam gegangen, um die beiden zur Rede zu stellen. Aber die Bemerkung, Decker habe ihre Erinnerung gelöscht, und die eigenartigen Rückblenden ließen sie vermuten, dass es womöglich keine so gute Idee war, mit den beiden zu reden. Außerdem hatte Mortimer gesagt, die Erinnerung würde gelöscht bleiben, wenn sie diesen Mann nicht zu sehen bekam. Sollten sie tatsächlich etwas mit ihrem Kopf angestellt haben, dann wollte Jo ihnen keine Chance geben, das noch einmal zu machen. Lieber ging sie zu diesem Nicholas, der für sie sein Leben riskiert hatte, holte sich ihre Erinnerungen zurück und behielt sie dann auch. Es waren verdammt noch mal ihre eigenen Erinnerungen, und die ließ sie sich von niemandem wegnehmen.
3
Jo schaffte es, unbemerkt das Haus zu verlassen. Auf der Terrasse vor dem Esszimmer blieb sie stehen und suchte die dunkle Wiese ab. Sie war sich ziemlich sicher, dass inzwischen alle ins Haus zurückgekehrt waren, doch angesichts der Ereignisse der letzten Stunden konnte es nicht schaden, wenn sie sich auch weiterhin vorsichtig verhielt.
Da sie sich darüber im Klaren war, dass das Risiko, entdeckt zu werden, umso größer wurde, je länger sie dort wartete, verließ sie ihren Platz an der Tür und lief in Richtung der Halle. Sie wunderte sich über sich selbst, mit welcher Geschwindigkeit sie über den Rasen sprintete, war sie doch noch nie eine besonders gute Läuferin gewesen. Ihre sportlichen Neigungen lagen mehr beim Bergsteigen und beim Tauchen, daher staunte sie nicht schlecht, dass sie so flink über die Wiese huschte.
Ein leises, erleichtertes Seufzen kam über ihre Lippen, als sie das Gebäude erreichte und feststellte, dass die Tür nicht abgeschlossen war. Sie öffnete sie leise, ließ nervös einen letzten Blick über die menschenleere Wiese wandern und trat dann ein. Nachdem sie die Tür hinter sich zugezogen hatte, blieb Jo einen Moment lang stehen, um sich zu orientieren. Sie stand in einem schmalen beleuchteten Gang, den zu beiden Seiten Fenster säumten. Rechts konnte sie eine große, hell erleuchtete Garage sehen, in der zahlreiche Fahrzeuge standen – ausnahmslos SUVs.
Nach einer Oldtimersammlung, wie Sam es angedeutet hatte, sah das nun wirklich nicht aus. Sämtliche Geländewagen machten den Eindruck, eben erst vom Band gerollt zu sein. Jo drängte sich der Verdacht auf, dass Sam in einigen Dingen nicht ganz ehrlich zu ihr gewesen war. Sie nahm sich vor, ihre Schwester später zur Rede zu stellen, dann sah sie durch das Fenster auf der linken Seite des Ganges. Dahinter lag ein dunkles Büro. Sie konnte einen Schreibtisch ausmachen, Aktenschränke, Bürostühle.... und irgendetwas Großes, Kastenförmiges. Sie blinzelte, konnte aber dennoch nicht erkennen, um was es sich dabei handelte. Also öffnete sie vorsichtig die Tür und trat ein. Sie tastete erst links, dann rechts neben der Tür die Wand ab, bis sie den Lichtschalter fand. Kaum hatte sie den Schalter umgelegt, erwachten die Neonröhren zuckend zum Leben und blendeten sie kurz. Schließlich hatten sich ihre Augen an die Helligkeit gewöhnt, und sie sah, dass es sich bei dem rätselhaften Objekt um einen Kühlschrank mit Glastür handelte. Er war vollgepackt mit.... Blutkonserven!
Ungläubig starrte sie darauf, während sie krampfhaft überlegte, was dieser Fund zu bedeuten
Weitere Kostenlose Bücher