Vampire küsst man nicht: Argeneau Vampir 12
und sah zu, wie sie vorbeifuhren. Während der SUV das Grundstück verließ und auf die Straße einbog, überlegte Jo kurz, ob der zweite Mann wohl postiert worden war, weil Mr Mundgeruch es am gestrigen Abend unbemerkt auf das Gelände geschafft hatte. » U n d.... Anders?«, fragte sie, nachdem sie ein Stück gefahren waren. »Was für ein Akzent ist das eigentlich?« Ihre Blicke trafen sich im Rückspiegel, seine zusammengekniffenen Augen waren von einem wunderschönen goldgesprenkelten Schwarz. Dann sah er wieder auf die Straße. »Ich habe keinen Akzent, aber Sie.«
»Verzeihen Sie«, gab sie ironisch zurück. »Wir sind hier in Kanada, und ich habe einen kanadischen Akzent, was bedeutet, dass ich hier keinen Akzent habe. Aber Sie haben einen. Nur ein Hauch, aber der klingt....« – Jo überlegte und ließ sich die wenigen Worte durch den Kopf gehen, die sie aus ihm herausgequetscht hatte – »… russisch.« Wieder begegneten sich ihre Blicke im Rückspiegel, doch diesmal hatte der Ausdruck in seinen Augen eher etwas Anerkennendes. Schließlich nickte er. »Ist Anders der Vor- oder der Nachname?« »Nachname.« Jo schürzte die Lippen. »Klingt nicht sehr russisch.« »Eigentlich heiße ich Andronnikov«, gab er zu. »Aber ich hatte genug davon, dass die Nordamerikaner meinen Namen ständig verhunzten, weil sie ihn sich nicht merken können.« »Hmm«, meinte Jo. »Also ein Russe. Dann sollten wir uns eigentlich gut verstehen.«»Wieso?«, fragte er, wobei ihr nicht entging, dass in seiner Stimme Zweifel mitschwangen. Auch verriet sein Gesichtsausdruck, wie gründlich sie ihn in Verwirrung gestürzt hatte. Offenbar war er nicht der Meinung, dass sie sich verstehen würden. Mit einem honigsüßen Lächeln auf den Lippen erklärte sie: »Na, das passt doch bestens, finden Sie nicht? Ich bin Barkeeperin, und Sie sind ein Schwarzer Russe. Besser geht’s doch gar nicht.«
Bricker begann schallend zu lachen, während Anders keine Regung zeigte. Unwillkürlich fragte sich Jo, ob ihr Witz als rassistisch ausgelegt werden konnte. Daran hatte sie gar nicht gedacht. Um ehrlich zu sein, sie hatte überhaupt nicht nachgedacht, als sie diese Bemerkung machte. Verdammt, sie sollte sich endlich mal angewöhnen, ihren Verstand zu benutzen, bevor sie den Mund aufmachte. »Es war nicht rassistisch«, gab Anders zurück. »Es war ein sehr misslungenes Wortspiel mit dem Namen eines alkoholischen Getränks, aber nicht rassistisch.« Jo warf ihm einen neugierigen Blick zu. »Woher wussten Sie, dass ich mir deswegen Sorgen gemacht habe?« Nach kurzem Zögern sah er wieder auf die Fahrbahn und antwortete: »Sie haben diesen schuldbewussten Gesichtsausdruck, den man bei allen Weißen beobachten kann, wenn sie befürchten, sie könnten sich im Ton vergriffen haben.« Dabei sah er sie im Rückspiegel erneut an und hob vielsagend eine Augenbraue, um dann zu ergänzen: »Oder war es rassistisch von mir, Sie als Weiße zu bezeichnen? Sollte ich besser Europide sagen?«
Jo stieß ein leises Schnauben aus und plapperte drauflos: »Wenn ich das wüsste. Von mir aus können Sie mich als Weiße bezeichnen, obwohl ich eigentlich dieses Theater gar nicht verstehe, weil wir genau genommen überhaupt nicht weiß sind. Okay, wenn wir einen Schreck kriegen, dann können wir schon mal kreidebleich aussehen. Aber normalerweise sind wir im Sommer leicht gebräunt, und im Winter sind wir vor Kälte so rosa wie die Schweine.« »Sollte ich Sie dann besser als Schwein bezeichnen?«, gab er genauso honigsüß zurück. Sie reagierte mit einem aufgebrachten Blick, doch dann sah sie, wie seine Mundwinkel amüsiert zuckten. »Haben Sie gerade versucht, witzig zu sein?« »Auf jeden Fall war mein Versuch besser als Ihrer«, hielt er dagegen und grinste tatsächlich breit. »Hmm«, brummte Jo.
»Schön«, warf Bricker amüsiert ein. »Wenn dann also das Eis gebrochen ist und ihr beide euch schon gegenseitig Beleidigungen an den Kopf werft, dann kann ich ja mal fragen, wo wir frühstücken sollen?« »Mich musst du nicht ansehen«, meinte Anders. »Ich esse nichts.... zum Frühstück«, fügte er hastig hinzu, als er Brickers warnenden Blick bemerkte. »Das sollten Sie aber«, meldete sich Jo mit gespielter Sorge zu Wort. »Das Frühstück ist die wichtigste Mahlzeit des Tages.« »Tatsächlich?«, fragte Anders. »Was essen Sie denn üblicherweise zum Frühstück?« »Vertrocknete Pizza vom Vortag und was ich sonst noch so an Resten auftreiben kann«,
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