Vampire küsst man nicht: Argeneau Vampir 12
zurückzulegen. So konnte er die Kontrolle über den Fahrer übernehmen, damit der anhielt, dann stieg er ein und ließ sich von den jungen Leuten mitnehmen.
Die Nacht verbrachte er in einem Motel, am Morgen machte er sich dann daran, sich mit dem Notwendigsten einzudecken: Kleidung aus einem Secondhandgeschäft, Werkzeuge, Waffen und ein neuer Van. Jedenfalls war er für ihn neu, auch wenn es sich eigentlich um ein Gebrauchtfahrzeug handelte. Etwas anderes war ihm schließlich nicht übrig geblieben, da er bar bezahlen musste und keinen Zugriff auf sein früheres Vermögen mehr hatte. Wichtig war für ihn, dass der Wagen vier Räder hatte und fahrbereit war, überlegte er, während er sah, wie Jo über etwas lachte, das Bricker gesagt haben musste. Dieser Anblick hatte etwas Beunruhigendes an sich, da ihm nicht gefiel, dass Bricker sie zum Lachen brachte. Es dauerte einen Moment, dann wurde ihm bewusst, dass er Eifersucht verspürte. Er wollte mit ihr an diesem Tisch sitzen und sie zum Lachen bringen. Dabei war es allein seine Schuld, dass er das nicht konnte.
Seufzend rutschte er auf dem Fahrersitz in eine andere Position. Er konnte Jo nicht zu seiner Lebensgefährtin machen, weil er sie auf keinen Fall dazu zwingen würde, mit ihm zusammen ein Leben auf der Flucht zu führen. Dummerweise half ihm das Schicksal nicht bei seinem Vorhaben, sich von Jo fernzuhalten. Nachdem er den Van gekauft hatte, wollte er eigentlich als Erstes herausfinden, wo Jo wohnte, um dort auf sie zu warten. Aber er verwarf diese alles andere als vernünftige Idee und heftete sich stattdessen an Ernies Fersen, indem er dem Signal des Senders folgte, den er vor Tagen unter dem Van des anderen Mannes befestigt hatte.
Für Nicholas war es ein ziemlicher Schock gewesen, dass er das Richtige hatte tun wollen und dann doch wieder beim Haus der Vollstrecker gelandet war. Oder zumindest vor dem Nachbarhaus, denn dort hatte er Ernies Wagen wiedergefunden, und zwischen den Bäumen hindurch hatte er sehen können, dass jemand am Steuer des Vans saß. In dem sicheren Wissen, dass die Scheiben seines eigenen Wagens getönt waren und Ernie ihn nicht erkennen konnte, hatte er in der Auffahrt des gegenüberliegenden Hauses geparkt und den Motor abgestellt, um abzuwarten, was als Nächstes geschehen würde.
Lange musste er nicht warten, als auf einmal ein SUV an ihm vorbeifuhr, auf dessen Rücksitz er Jo entdeckte. Sein Herz machte einen Satz, als er sie sah, aber dann startete plötzlich Ernie seinen Van und machte sich an die Verfolgung des SUV. Sofort fuhr auch Nicholas los und folgte den beiden in die Stadt. Sein einziger Gedanke war, dass Ernie beschlossen hatte, sich nicht weiter um Dani und Stephanie zu kümmern, weil es zu riskant war, sich den beiden zu nähern. Stattdessen hatte er es nun auf Jo abgesehen, möglicherweise um Nicholas dafür zu bestrafen, dass der ihm letzte Nacht in die Quere gekommen war. Vermutlich hatte Ernie ihn sagen hören, er könne Jo nicht lesen.
Es war ein beängstigender Gedanke, und Nicholas würde es nicht dazu kommen lassen, so viel stand fest. Während er das Trio beobachtete, das sich im Lokal angeregt unterhielt, grübelte er darüber nach, wie er Jo beschützen könnte. Die drei unterhielten sich mit der Kellnerin, bekamen ihre Bestellung an den Tisch geliefert, aßen und ließen sich die Rechnung bringen. Als Bricker ein paar Scheine auf den Tisch legte und die drei zur Tür gingen, ließ Nicholas den Motor an und machte sich bereit, ihnen zu folgen. Seine Prioritätenliste wies eine neue Reihenfolge auf: Wenn Ernie es auf Jo abgesehen hatte, dann würde ab sofort sie diejenige sein, die Nicholas nicht mehr aus den Augen ließ….
6
»Danke fürs Frühstück, Jungs! Viel Spaß beim Beobachten meines Hauses, ich gehe jetzt schlafen«, sagte Jo gut gelaunt, als Anders den SUV vor dem großen viktorianischen Haus zum Stehen brachte, in dem sich ihre Wohnung befand. Vor mittlerweile fünf Jahren hatte man das Haus umgebaut, und es waren fünf Apartments entstanden, von denen sie das kleinste bewohnte. Das Gebäude war ein wenig heruntergekommen, doch dafür war die Miete nicht allzu hoch, und sie konnte bequem die Bar und die Universität erreichen, was für eine Studentin, die selbst für ihren Unterhalt sorgen musste, eine wichtige Erwägung war.
»Ja, ja, stoß uns ruhig mit der Nase drauf, damit wir’s kapieren«, gab Bricker zurück, der bereits ausgestiegen war und ihr die Tür aufhielt, während sie
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