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Vampire schlafen fest

Vampire schlafen fest

Titel: Vampire schlafen fest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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viel tiefer, als gut für sie war, in die Welt der Vampire verstrickt gewesen und dabei fast ums Leben gekommen. Sie wollte nichts mehr damit zu tun haben, und das konnte ich ihr nicht verübeln. Deshalb hatte sie mir aber noch lange nicht vorzuschreiben, was ich tun sollte. Ich war selbst gewissenhaft in mich gegangen, sogar noch vor Claudines Predigt, und wenn ich erst mal eine Entscheidung getroffen hatte, erlaubte ich niemandem, sie im Nachhinein anzuzweifeln. Es war okay, dass ich Kleider bekam. Es war okay, dass ich für Vampire arbeitete... solange ich nicht dazu beitrug, dass dabei Menschen umkamen.
    »Wir kennen uns schon seit Urzeiten«, sagte Tara leise.
    »Sind durch dick und dünn gegangen. Ich hab dich lieb, Sookie, und daran wird sich nie was ändern. Aber das hier ist nicht gerade leicht für mich.« Tara hatte in ihrem Leben schon so viele Sorgen und Enttäuschungen erlebt, dass sie einfach nicht gewillt war, noch mehr durchzumachen. Also ging sie innerlich auf Distanz zu mir. In ihren Gedanken las ich, dass sie heute Abend mal JB anrufen und wieder mit ihm ins Bett gehen würde - und das mehr oder weniger in memoriam unserer Freundschaft.
    Tja, was für seltsame Formen so ein verfrühtes Trauern doch annehmen konnte.
    »Ich brauche ein Abendkleid, eine Art Cocktailkleid und ein paar hübsche Sachen für tagsüber«, erklärte ich, wobei ich unnötigerweise noch mal auf meine Liste sah. Ich würde mir das alles nicht länger von Tara vermiesen lassen. Ich wollte Spaß haben, egal, wie mürrisch sie aussah. Sie würde damit schon klarkommen.
    Das Kleiderkaufen machte mir mehr und mehr Spaß. Ich begann mit dem Abendkleid, dann suchte ich das Cocktailkleid aus und außerdem zwei Kostüme, so richtige Businessdinger (okay, nicht ganz, in schwarzen Nadelstreifen gefalle ich mir einfach nicht). Ferner zwei Hosenanzüge, eine Strumpfhose, Kniestrümpfe und ein, zwei Nachthemden. Und ein paar Dessous.
    Ich war hin und her gerissen zwischen Freude und Schuldgefühlen, weil ich viel mehr von Erics Geld ausgab, als nötig gewesen wäre. Und was würde ich tun, wenn Eric meine Einkäufe sehen wollte? Dann käme ich mir ziemlich schäbig vor. Doch irgendwie schien ich wie im Kaufrausch gefangen, teils aus reiner Freude, teils aus Ärger über Tara und teils aus Verleugnung meiner Angst, die mich beschlich bei der Aussicht, mit einer Gruppe Vampire irgendwohin zu reisen.
    Mit einem Seufzen, einem sehr leisen, legte ich die Dessous und die Nachthemden zurück ins Regal. Nichts, was nicht unbedingt notwendig war. Es tat mir in der Seele weh, aber ich fühlte mich gleich besser. Kleider für einen bestimmten Zweck einzukaufen, war ja okay. So wie man Nahrungsmittel kaufen musste. Aber Dessous einzukaufen, war noch mal was anderes. Das war wie Kuchen oder Brownies. Lecker, aber nicht gut für einen.
    Auch der Pfarrer von Bon Temps, der inzwischen Treffen der Bruderschaft der Sonne besuchte, hatte mich gewarnt: Wer die Freundschaft von Vampiren suche oder sogar für sie arbeite, drücke damit einen Todeswunsch aus. Das war letzte Woche gewesen, als er im Merlotte's seinen Hamburger aß. Daran musste ich denken, während ich an der Kasse stand und Tara all meine Einkäufe einscannte, für die mit Vampirgeld gezahlt wurde. Glaubte ich daran? Dass ich sterben wollte? Ich schüttelte den Kopf. Quatsch. Und die Bruderschaft der Sonne, diesen ultrarechten Flügel der Anti-Vampir-Bewegung, der in Amerika erschreckend große Hochburgen hatte, hielt ich für einen Haufen Idioten. Einfach lächerlich, dass die alle Menschen verdammten, die irgendwie mit Vampiren zu tun hatten oder auch nur das Geschäft eines solchen betraten. Aber warum zogen mich die Vampire eigentlich dermaßen an?
    Um die Wahrheit zu sagen: Ich hatte so wenig Chancen auf ein Leben gehabt, wie meine Schulfreunde es heute führten - ein Leben, das ich als Teenager für das Ideal hielt -, dass jede andere sich mir bietende Gelegenheit interessant erschien. Wenn ich schon keinen Ehemann und Kinder haben konnte und mir nicht darüber den Kopf zerbrechen durfte, welchen Salat ich zum Kirchenfest mitnehmen sollte und ob mein Haus einen neuen Anstrich brauchte, dann würde ich mich eben stattdessen fragen, welche Auswirkungen sieben Zentimeter hohe Absätze wohl auf meinen Gleichgewichtssinn haben würden, wenn ich noch dazu einige Extrapfund Pailletten am Leib trug.
    Als alles eingepackt war, trug McKenna, die gerade von der Post zurückkam, meine Tüten zum Auto.

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