Vampire schlafen fest
Tara telefonierte mit Erics Mitarbeiter Bobby Burnham und besprach mit ihm die Summe. Als sie auflegte, wirkte sie zufrieden.
»Na, hab ich alles ausgegeben?«, fragte ich neugierig. Schließlich wollte ich wissen, wie viel Eric in mich investiert hatte.
»Nicht annähernd«, sagte sie. »Willst du noch was?«
Doch jetzt war der Spaß vorbei. »Nein, mir reicht's.« Fast hätte ich dem Impuls nachgegeben, Tara jedes einzelne Teil wieder zurückzugeben. Aber ihr das anzutun, wäre ziemlich schäbig gewesen. »Danke für deine Hilfe, Tara.«
»Nichts zu danken.« Ihr Lächeln wirkte wärmer und echter als vorhin. Tara machte immer gern ein gutes Geschäft, und es war ihr noch nie gelungen, längere Zeit richtig sauer auf mich zu sein. »Du solltest unbedingt zur Welt der Schuhe in Clarice fahren und dir ein Paar zum Abendkleid kaufen. Sie haben ihre Ware gerade reduziert.«
Ich riss mich zusammen. Heute war genau der Tag, um all das zu erledigen. Also, nächster Halt: Welt der Schuhe.
In einer Woche würde ich abfahren, und an diesem Abend rauschte die Arbeit im Merlotte's nur so an mir vorbei, weil meine Aufregung wegen der Reise immer stärker wuchs. So weit wie Rhodes, das irgendwo oben bei Chicago lag, war ich noch nie von zu Hause weg gewesen; ich hatte ja noch nicht mal die Mason-Dixon-Linie Richtung Norden überquert. Geflogen war ich erst ein einziges Mal, die ziemlich kurze Strecke von Shreveport nach Dallas. Ich brauchte noch einen großen Koffer, so einen mit Rollen. Ich brauchte... ach, ich hatte da eine lange Liste voller Kleinigkeiten. Einige Hotels stellten Föhne zur Verfügung, das wusste ich. Auch im »Pyramide von Giseh«? Die Hotels der Pyramide-Kette waren die berühmtesten, ganz auf Vampire ausgerichtete Häuser, die in allen Großstädten Amerikas aus dem Boden geschossen waren.
Mit meinem Boss Sam hatte ich, was meine freien Tage betraf, alles so weit besprochen. Heute Abend wollte ich ihm nur noch Bescheid sagen, wann genau ich fliegen würde. Sam saß am Schreibtisch seines Büros, als ich an die Tür klopfte - okay, an den Türrahmen, denn Sam schloss seine Tür eigentlich nie. Er sah von seinen Rechnungen auf, froh über die Unterbrechung. Wenn er an den Geschäftsbüchern arbeitete, fuhr er sich ständig mit der Hand durch das rotblonde Haar, das jetzt wie elektrisiert abstand. Sam hätte sehr viel lieber hinter dem Bartresen gestanden. Aber für heute Abend war eine Aushilfe angeheuert, weil er die Bücher in Ordnung bringen musste.
»Komm rein, Sook«, sagte er. »Wie läuft's da draußen?«
»Ziemlich was los, ich muss gleich wieder zurück. Ich wollte dir nur sagen, dass ich nächsten Donnerstag fliege.«
Sam versuchte, ein Lächeln aufzusetzen, was leider damit endete, dass er einfach nur unglücklich aussah. »Muss das wirklich sein?«
»Hey, das haben wir doch alles schon besprochen.« In meiner Stimme schwang ein warnender Unterton mit.
»Na ja, du wirst mir fehlen«, erwiderte er. »Und ich werde mir auch ein wenig Sorgen machen. Du allein mit all diesen Vampiren.«
»Es werden ja auch andere Menschen da sein, solche wie ich.«
»Eben nicht wie du, sondern Menschen mit einer krankhaften Liebe zu Vampiren, oder Totengräber, die hoffen, mit den Untoten das schnelle Geld machen zu können. Das sind keine vernünftigen Leute mit Aussicht auf ein langes Leben.«
»Sam, noch vor zwei Jahren hatte ich keine Ahnung, wie die Welt um mich herum wirklich aussieht. Ich wusste nicht, was für ein Geschöpf du bist, dass Vampire sich genauso voneinander unterscheiden wie wir oder dass es echte Elfen gibt. Nichts davon konnte ich mir auch nur ansatzweise vorstellen.« Ich schüttelte den Kopf. »Was für eine Welt das doch ist, Sam. Wunderbar, aber auch erschreckend. Jeder Tag ist anders. Ich hätte nie gedacht, mal ein eigenes Leben zu haben, und jetzt habe ich eins.«
»Ich bin der Letzte auf der Welt, der dir deinen Platz an der Sonne nimmt, Sookie.« Sam lächelte. Doch mir war nicht entgangen, dass seine Bemerkung nicht so ganz eindeutig war.
An diesem Abend kam Pam ins Merlotte's und wirkte ziemlich gelangweilt in ihrem hellgrünen Anzug mit den dunkelblauen Paspeln, zu dem sie dunkelblaue Mokassins trug... kein Scherz. Ich hätte nie gedacht, dass es die Dinger überhaupt noch zu kaufen gab. Aber der Schuh war neu und das dunkle Leder auf Hochglanz poliert. Sie erntete eine Menge bewundernder Blicke, ehe sie sich an einen Tisch in meinem Bereich setzte und, die Hände vor
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