VAMPIRE SOULS - Böses Blut: Roman (German Edition)
unser Spiegelbild im Studiofenster. Bei jeder Bewegung schimmern unsere Haare im Deckenlicht auf.
»Es ist schlimm genug, dass Sie diesen Lärm spielen, den Sie Musik nennen. Aber zu verherrlichen, von Dämonen besessen zu sein und Blut zu trinken …«
»He, mal schön halblang!« Shane lässt meine Brustwarze fahren und dreht den Kopf dem Mikro zu. »Zunächst einmal: Ich bin nicht von Dämonen besessen. Ich bin nur ein ganz normaler Kerl, der auf magische Art wiederauferstanden ist.« In meine Richtung hebt Shane jetzt einen Finger: eine Geste, mit der er mir sagen will, ich möchte warten. Ich balle die Fäuste. Am liebsten würde ich auf das Steuerpult einprügeln.
»Und dann«, fährt Shane fort, »hat Jesus selbst seine Jünger gebeten, sein Blut zum Erhalt ihrer unsterblichen Seelen zu trinken. Wie kann es dann falsch sein, Blut zum Erhalt unseres Lebens zu trinken?«
Ich schlinge meine Beine um die Drehstuhllehne und sorge dafür, dass Shane noch tiefer in mich eindringt. Seine Lippen öffnen sich einen Spalt, und seine Hand umklammert die Kante des Steuerpults.
Der Anrufer ächzt auf. »Der Herr hat seine Jünger angehalten, Wein zu trinken zu seinem Gedächtnis, nicht Blut. Das ist symbolisch zu verstehen.«
»Nicht nach Auslegung der katholischen Kirche.« Shane hält mich fest, damit ich aufhöre, mich zu bewegen. Dann zieht er meinen Kopf an seine Schulter. »Wir glauben an die Transsubstantiation, also daran, dass durch die liturgische Weihe in der Eucharistiefeier, der Wandlung, aus Brot und Wein Leib und Blut Christi werden.« Shane streicht mir übers Haar, um meine Ungeduld zu zügeln. »Dreizehn Jahre in einer kirchlichen Schule haben mich argumentativ ausreichend darauf vorbereitet, diesen Punkt auch mit dem glühendsten, aber selbstredend fehlgeleiteten Protestanten auszudiskutieren.« Er zieht mir die Bluse wieder herunter, um mich zu bedecken. Dann beginnt er, mir den Rücken zu massieren. Seine Daumen finden die völlig verspannte Stelle zwischen meinen Schulterblättern. »Möchten Sie es mal probieren, nur so aus Jux?«
»›Nur so aus Jux?‹ Die Natur unseres Herrn und Heilands ist doch kein Spaß, nicht einmal für einen Papisten wie Sie!«
Shane schnaubt. »›Papist‹ – na, das Wort habe ich schon lange nicht mehr gehört!« Shane zieht das Mikro mit, während er uns auf dem Drehstuhl bis vor sein CD-Regal hinüberrollen lässt. Er sucht eine neue CD heraus. »Sie sind wohl ein Protestant der ganzen harten Linie, ja, Sir?«
»Ich weiß wirklich nicht, was Sie damit sagen wollen. Aber ich rufe an, um Ihnen und all Ihren blutsaugenden Freunden den Kampf anzusagen. Schon bald werden wir uns Ihnen entgegenstellen!«
Shane ist gerade dabei, die CD-Hülle zu öffnen. Seine Hand erstarrt mitten in der Bewegung. Kerzengerade setze ich mich auf. In einem ersten Anflug von Furcht krampft sich mein Magen zusammen.
Ein Augenblick verstreicht. Dann spricht Shane wieder, und sein Ton klingt unverändert. »Darauf freue ich mich schon. Wann und wo werden wir das Vergnügen haben?«
»Es wird keine Warnung geben. Und glauben Sie mir: Es wird sicher kein Vergnügen!«
Shanes Augen werden dunkel vor Zorn, der Blick kalt. Er spricht schnell und abgehackt, seine Lippen kleben fast am Mikrofon. »Sir, ich möchte annehmen, dass Sie die genauen Zusammenhänge gar nicht begreifen, und hoffe, dass daher im Zweifel zu Ihren Gunsten entschieden wird. Unser Sender hat in den letzten Wochen zahlreiche Drohungen erhalten. Die Behörden ermitteln bereits.« Shane schweigt einen Moment, damit seine Drohung Zeit hat, Wirkung zu entfalten. »Ich gebe Ihnen noch genau eine Chance. Möchten Sie unter diesen Bedingungen nicht doch Ihre Ankündigung zurückziehen?«
Der Mann lacht böse. »Ich ziehe gar nichts zurück. Außer vielleicht den Pflock, den ich Ihnen ins Herz rammen werde. Ich freue mich darauf, zuzusehen, wie Sie zusammenschrumpfen wie eine Schnecke!«
Meine Schultern entspannen sich ein bisschen. Dieser Typ ist ein Hochstapler und Angeber. Er weiß nicht, dass Vampire nicht zusammenschrumpfen, wenn man sie pfählt. Okay, tun sie schon, aber das passiert, ehe ihre Körper in die Wunde in ihrem Herzen hineingesaugt werden und sich so in Nichts auflösen.
Der Anrufer fährt fort: »Raten Sie doch mal, wo Vampire enden, wenn sie durch die Pflockwunde gesaugt werden?«
Kalt rieselt es mir den Rücken hinunter. Unsere Werbekampagne hat nie die Wahrheit darüber enthüllt, wie Vampire
Weitere Kostenlose Bücher