Vampire und andere Katastrophen: Argeneau Vampir 11
setzte. Sie beugte sich nach hinten und griff nach der Ecke der Plane, die in Reichweite war. Die Innenbeleuchtung des alten Vans spendete nicht allzu viel Licht, dennoch konnte sie erkennen, dass unter der Plane einige der Männer lagen, die sie und Stephanie entführt hatten. Was ihr nicht sofort klar wurde, betraf eine andere Beobachtung: Aus der Brust der Männer ragte etwas heraus, das wie Stücke von Ästen aussah, die dort in ihren Körper getrieben worden waren, wo sich in etwa das Herz befinden musste.
„Zwei Balken“, verkündete Justin. Dani drehte sich um und stellte fest, dass er sich noch immer auf sein Handydisplay konzentrierte und nichts von dem mitbekam, was sie gerade auf der Ladefläche machte. Sie ließ die Plane los und rutschte wieder nach vorn, während sie zu begreifen versuchte, was es mit den Entführern auf der Ladefläche auf sich haben mochte.
Es war nicht der Anblick der Toten, der sie störte, immerhin hatte sie im Lauf ihres Medizinstudiums immer wieder Leichen zu sehen bekommen und wusste, dass diese Männer bei der Schießerei auf der Lichtung ums Leben gekommen sein mussten. Vielmehr war sie über diese Aststücke verwirrt, die man ihnen ins Herz gerammt hatte. Was hier ablief, entsprach in keinster Weise der üblichen Vorgehensweise von Polizei oder anderen Institutionen – eine Organisation wie den CSIS eingeschlossen. Schlagartig wurde ihr bewusst, dass sie, von Deckers Erklärungen mal abgesehen, keinen Beleg dafür hatte, dass diese beiden Männer tatsächlich Agenten waren. Sie hatte weder eine Dienstmarke noch einen entsprechenden Ausweis gesehen. Theoretisch konnten die zwei also genauso gefährliche Spinner sein wie ihre Entführer.
„Was liegt da unter der Plane?“, fragte sie spontan, wobei ihr die vielsagenden Blicke, welche die beiden Männer austauschten, nicht verborgen blieben.
Schließlich räusperte sich Decker. „Das sind die Männer von der Lichtung.“
Einen Augenblick lang schwieg sie, dann hakte sie nach. „Und was ist mit den Frauen im Graben?“
Wieder entstand eine kurze Pause, bis Decker sich dazu äußerte. „Die mussten wir dort zurücklassen. Wir geben unserem Boss Lucian Bescheid, und er wird die örtlichen Behörden informieren, damit die Toten geborgen werden.“
Sekundenlang betrachtete sie sein Profil und ließ sich dabei seine Worte durch den Kopf gehen. Er wird die örtlichen Behörden informieren, damit sie die Toten bergen. Das hörte sich irgendwie eigenartig an. „Und wer ist der Mann, der meine Schwester und ihren Entführer verfolgt hat? Gehört er auch zum CSIS?“
Bemerkenswerterweise folgte dieser Frage dieses Mal eine sehr lange Pause, ehe Decker reagierte. „Er gehörte mal zu uns.“ Ehe sie noch mehr in Erfahrung bringen konnte, bremste Decker ab. Als sie aus dem Fenster sah, konnte sie erkennen, dass sie das Ende des Feldwegs erreicht hatten. „Wie viele Balken, Justin?“
„Drei“, antwortete dieser düster. Decker bog nach links ab und folgte dem Verlauf der Straße, die einen Hügel hinaufführte. „Und jetzt?“, wollte er wissen, als er den Van anhielt.
„Vier von fünf.“
„Das dürfte reichen“, entschied Decker und lenkte den Transporter auf den Seitenstreifen, der von Bäumen gesäumt wurde. „Gib mir das Telefon.“
„Vielleicht sollte ich den Anruf tätigen, dann kann sich Dani um deine Schulter kümmern“, schlug Justin vor. „Sie ist Ärztin, wie du weißt, und sie wird dir damit so lange auf die Nerven gehen, bis du sie endlich gewähren lässt. Und du weißt, dass es besser ist, wenn sie jetzt einen Blick draufwirft als später.“ Er hielt kurz inne, damit seine Worte wirken konnten, bevor er fortfuhr. „Außer du willst, dass ich....“ Er blickte kurz zu Dani hinüber. „.... dass ich mein Ding mache.“
„Nein“, gab Decker energisch zurück und schaute ebenfalls zu Dani, die ihn aufmerksam beobachtete. Dann wandte er sich wieder an Justin. „Ich kann telefonieren, während sie nach meiner Schulter sieht. Schließlich war es meine Entscheidung, die Schlüssel im SUV stecken zu lassen. Also kann ich mir dann auch die Vorwürfe anhören.“
Justin machte eine beiläufige Geste, gab ihm das Handy und drehte sich zu Dani um. „Ich habe keinen Verbandskasten finden können, als ich den Van durchsucht habe. Das Einzige, was ich Ihnen anbieten kann, ist ein Taschenmesser, um die Kugel rauszuholen. Aber ich wüsste nicht, was sich zum Verbinden eignen würde, und wir haben auch
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