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Vampire's Kiss

Vampire's Kiss

Titel: Vampire's Kiss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Wolff
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total ungesund!« Sie schüttelte ihre Dreadlocks. »Und schmeckt zum Abgewöhnen!«
    Ich zuckte mit den Achseln und biss lächelnd in das noch ofenwarme Brot. Eines musste man dem Küchenpersonal lassen: Vom Backen verstanden sie mehr als von einem Salatbuffet. Ich hielt eine Hand vor den Mund, um keine Brösel in der Gegend zu verteilen, und entgegnete: »Finde ich nicht. Ich stehe auf Burger und Co.«
    Sie sah mich streng an. »Mit vollem Mund spricht man nicht, Schätzchen. Lass dich nicht von den Vamps erwischen! Die setzen dich zwei Monate lang neben Master Dagursson, damit du Manieren lernst.«
    Ich schluckte und warf ihr einen missmutigen Blick zu. »Könnte denen mal jemand flüstern, dass wir im einundzwanzigsten Jahrhundert leben? Außerdem bin ich schon zur Höchststrafe verdonnert. Den ganzen Sommer hindurch Anstandslehre! Muss ich für meine erste Mission wirklich wissen, wie man Walzer tanzt, einen schönen Knicks macht oder das Tafelbesteck richtig anordnet und benutzt?«
    »Stell diese Dinge nicht in Frage!«, entgegnete sie scharf, und ich fragte mich unwillkürlich, ob ihre knappe Antwort so düster gemeint war, wie sie klang.
    Jedenfalls hatte ich den Wink verstanden und wechselte rasch das Thema.
    »Hey, um noch mal auf die Höchststrafe zurückzukommen – wann kriege ich eigentlich meine nächste Zimmergenossin?«
    Sie schüttelte den Kopf und stieß ein frustriertes Stöhnen aus.
    »Nerve ich dich irgendwie?«, fragte ich betont lässig und rührte in meiner Suppe, damit sie schneller abkühlte.
    Sie verschränkte die Arme. »Was mache ich bloß mit dir?«
    Ich fing ihren Blick auf und merkte, dass sie eher belustigt als wütend war. Erleichtert lächelte ich sie an, doch das hatte zur Folge, dass die Unterlippe sofort wieder aufriss. Ich fuhr mit der Zunge darüber und schmeckte Blut. »Autsch!«
    Da ich die Erfahrung gemacht hatte, dass das Vampirblut den Heilungsprozess beschleunigte, griff ich hastig nach meinem Glas. Eigentlich wollte ich nur einen Schluck trinken, aber dann kippte ich den ganzen Inhalt in einem Zug herunter.
    »So ist es gut«, sagte Amanda. »Das wird dir Kraft geben … denn eigentlich bist du fast noch zu jung für eine solche Mission.«
    Der Geschmack von eisgekühltem Blut überlagerte den Geschmack des Bluts auf meiner Lippe wie Metall auf Metall, und die Lust, die mich plötzlich erfasste, jagte mir einen Schauer über den Rücken. Das Ganze war so unheimlich. Angenommen, mir gelang die Flucht von der Insel – würde mir dann das Vampirblut fehlen? Musste ich gar mit Entzugserscheinungen rechnen? Ich bemühte mich, diesen Gedanken zu verdrängen.
    Ich stellte das Glas mit gespielter Siegesmiene ab. »Also, zurück zu meiner neuen Zimmergenossin –«
    Das Glück, ein Einzelzimmer zu bewohnen, war mir sicher nicht mehr lange beschieden. Und ich wünschte mir sogar Gesellschaft, auch wenn sich das seltsam anhörte. Der Raum kam mir so leer vor, und ich geriet geradezu in Panik, wenn ich Lilous abgezogenes Bett in der Ecke stehen sah. Der steife graue Matratzendrillich und das grauweiße Inlett des gereinigten, zusammengefalteten Bettzeugs erinnerten mich ständig daran, dass ich ein Mädchen getötet hatte.
    Nicht nur ein Mädchen. Ich hatte mehrere Acari getötet, um selbst zu überleben.
    »Da musst du schon warten, Schätzchen, bis die nächste Ernte eintrifft«, meinte Amanda.
    »Gute Wortwahl.« Ich nickte weise, denn ich fand, dass die Vampire in uns nichts anderes sahen als Wegwerfmaterial, das man jederzeit verbrauchen und ersetzen konnte. »Die nächste Ernte  …«
    Sie sah mich verwirrt an. »Wenn du meinst.«
    Ich erspähte meine Freundin Emma. »Hier kommt gerade eine schöne Portion Körnerfutter.« Ihr feuchtes rotbraunes Haar war glatt nach hinten gekämmt. Verletzte Lippe oder nicht, plötzlich war ich froh, dass ich den Vormittag mit Walzerschritten verbracht hatte, anstatt von den Wellen an den Strand gespült zu werden. »Sieht so aus, als hätte Sucher Otto sie in die Brandung gescheucht.«
    Aber dann wanderte mein Blick zu der Gestalt, die nach ihr den Speisesaal betreten hatte. Ronan . Emma stellte sich zum Essenfassen an, und er kam geradewegs auf uns zu. Ich straffte die Schultern und spürte, dass mir das Brot plötzlich schwer im Magen lag. Ronan hatte uns das ganze letzte Semester in Sport unterrichtet – verdammt, er hatte mir sogar das Schwimmen beigebracht. Warum also schämte ich mich plötzlich für meine sandige

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