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Vampire's Kiss

Vampire's Kiss

Titel: Vampire's Kiss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Wolff
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als wir uns später am Nachmittag zum Schwimmen trafen. » Super Lehrer treiben ihre Schüler nicht in den frühen Tod!«, fauchte ich ihn an.
    Ronan ruderte uns in einer winzigen Nussschale durch die Brandung aufs offene Meer hinaus. Es sollte meine erste Schwimmlektion in tiefem Wasser sein. Ich umklammerte den Bootsrand so fest, dass meine Knöchel weiß hervortraten. Mit dem Daumennagel schabte ich Schnipsel der abblätternden Farbe vom Holz und warf sie ins Wasser. Dabei überlegte ich, was ich tun sollte, wenn mein Mittagessen wieder hochkam.
    »Es ist ungemein wichtig, dass Schwimmer auch in tiefem Wasser keine Panik entwickeln.« Bei jedem Ruderzug spannte sich der ohnehin enge Pullover um seinen Bizeps.
    Ich zwang mich, den Blick von seinem Muskelspiel abzuwenden. Leider führte das dazu, dass ich in schwarzes Wasser starrte. Die Sicht nach unten war meiner Schätzung nach auf einen Fuß beschränkt. Maximal. »Ist Schwimmen in tiefem Wasser nicht eher was für Fortgeschrittene?«
    »Du denkst an Übungen wie Luftanhalten.«
    Der Satz jagte mir eine Gänsehaut über den Rücken, die nicht mal die Wärmeschicht meines Neoprenanzugs verhindern konnte. »Das kannst du nicht im Ernst von mir verlangen.«
    »Du gehörst jetzt zu den Fortgeschrittenen.«
    Ich wollte zu einer Protestrede ansetzen, doch dann klappte ich den Mund wieder zu, weil mir ein großartiger Gedanke durch den Kopf schoss. Die Insel verlor sich in der Ferne. Wenn ich so gut schwimmen konnte, wie Ronan behauptete, warum floh ich dann nicht einfach auf dem Wasserweg? Noch bevor ich mit Alcántara zu dieser Mission aufbrach?
    Die Idee ließ mich verstummen. Das einzige Geräusch, das mein fieberhaftes Nachdenken begleitete, war das gleichmäßige Klatschen beim Eintauchen der Ruder. Wie groß war die Insel? Einmal hatten sie uns zur Strafe nachts mitten in der Öde ausgesetzt und verlangt, dass wir allein zurückfanden. Aber warum waren wir noch nie auf der anderen Seite des Eilands gewesen? Was befand sich dort? Irgendwo mussten doch größere Boote sein. Lagen sie da drüben vor Anker?
    Ich reckte den Hals und musterte die zerklüftete Küstenlinie. Graue, felsige Strände, hoch aufragende Klippen, verkrümmte Schlote, aus Jahrmillionen altem Granit gemeißelt. Aber was war auf der uns abgewandten Seite?
    »Warum schwimmen wir nie auf der anderen Seite der Insel?«
    »Dort drüben gibt es nur Steilklippen.«
    »Und so was wie Klippenspringen muss ich nicht lernen?«
    Natürlich weckte meine Antwort sein Misstrauen. Er sah mich durchdringend an und sagte dann scharf: »Sieh dich vor! Das Gegenufer ist absolut tabu.«
    Wir waren jetzt weit genug draußen auf dem offenen Meer, dass ich die Krümmung der Küstenlinie im Blick hatte. Ich sah die gleichen Felsen und Klippen wie überall, die im grauen Dunst der Ferne verschwanden. Aber angenommen, ich stahl ein Boot? Würde ich irgendwo einen Landeplatz finden? Und warum warnte er mich ausdrücklich vor dem Gegenufer?
    Er hörte auf zu rudern, und das Boot schaukelte leicht auf den Wellen. »So, das reicht jetzt«, sagte er und meinte nicht nur die Entfernung vom Ufer.
    Ich kniff die Augen zusammen, und mein Herz schlug plötzlich schneller. Kleine weiße Punkte flimmerten in der Ferne. Häuser? Oder bildete ich mir das nur ein? »Leben hier auf der Insel Leute?«
    »Du lebst hier, oder nicht?«
    Ich warf ihm einen frustrierten Blick zu. »Jetzt mal im Ernst, Ronan. Mir kannst du vertrauen.« Ich sah mich übertrieben gründlich um. »Niemand kann uns hören. Also, noch einmal: Leben hier Leute? Ich bilde mir nämlich ein, Häuser erspäht zu haben.«
    Er zögerte und antwortete dann mehr als zurückhaltend: »Es gibt ein paar Inselbewohner, aye.«
    »Willst du mich verscheißern?«
    Wieder mal runzelte er die Stirn über meine Ausdrucksweise.
    »Tut mir leid, tut mir leid. Es ist nur …« Ich schaute angestrengt in die Ferne. Kein Zweifel. Winzige Hütten säumten den Strand, wie ein kleines Fischerdorf, dessen Ausläufer gerade noch vor der nächsten Biegung der Küstenlinie zu sehen waren. »Wer möchte denn hier leben?«
    »Leute, die hier geboren sind.«
    »Auf dieser Insel kommen Babys zur Welt?« Ich dachte an den mittlerweile fernen Tag zurück, als uns ein alter Mann mit mangelhafter Zahnhygiene am Landestreifen abgeholt hatte. Hatte er etwa Enkel, die im Sand spielten und über die Felsen kletterten? Hieß das, dass es hier irgendwo Schulen, Tankstellen und Lebensmittelläden gab?
    Er

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