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Vampire's Kiss

Vampire's Kiss

Titel: Vampire's Kiss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Wolff
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Höhleneingang, in einen langen Kapuzenumhang gehüllt wie der Tod höchstpersönlich. Ein eiskalter Schauer überlief mich. Der Umhang flatterte heftig im Wind – der einzige Beweis für mich, dass der Fremde kein Produkt meiner überreizten Phantasie war. Aber gleich darauf verschwand er wieder in der Höhle, und meine Zweifel kehrten zurück.
    Ich musste unauffällig aufstehen und mich heimlich zurückziehen. Ronan durfte mich hier nicht finden. Aber ich lag wie erstarrt auf meinem Beobachtungsposten, geistesabwesend und zutiefst beunruhigt.
    Deshalb hörte ich das Ding nicht, das sich von hinten näherte und mir in den Nacken atmete.

Das mörderische Nahkampftraining der letzten Monate war nicht umsonst gewesen. Im gleichen Moment, als ich das Rascheln vernahm, rollte ich herum. Etwas landete mit einem dumpfen Aufschlag neben mir. Ich rutschte auf den Knien zur Seite und wirbelte herum. Ein Draug.
    Panik ergriff mich. Mein Herz hämmerte wie verrückt. Ich hatte mich von Ronan ferngehalten, doch nun wünschte ich mir nichts sehnlicher, als dass er mich entdeckte. Ich wollte nicht allein sein.
    Mein Gefühl hatte mich nicht getäuscht. Etwas war mir gefolgt. In der Felsenlandschaft lauerten Bestien – Bestien auf der Suche nach Fressen.
    Genau wie der Draug, der Emma und mich vor geraumer Zeit attackiert hatte, war dieses Ding einst ein Mensch gewesen – ein Mann, der die Umwandlung zum Vampir nicht geschafft hatte. Es besaß die übermenschlichen Kräfte und die Schnelligkeit der Untoten, aber auch die Urtriebe eines tollwütigen Tieres.
    Allerdings war dieser Draug nicht ausgemergelt und halb verhungert, sondern aufgequollen wie eine Wasserleiche. Trotz der grünlich schwarz verwesten Haut konnte ich Gesichtszüge erkennen. Verfilzte rote Haarbüschel zeichneten sich unter einer dicken Schmutzschicht ab. Es waren die roten Haare, die mir einen schrillen, wimmernden Aufschrei entlockten. Dieses Monster hatte einmal zur Menschenrasse gehört.
    Es pirschte sich auf allen vieren an mich heran. Ich wich langsam zurück. Der Gestank, der von ihm ausging, war schlimmer als der seines Vorgängers. Schlimmer als die primitivste Jauchegrube. Er drang auf mich ein und vernebelte alle meine Sinne. Ich würgte und presste eine Hand vor den Mund, um mich nicht zu übergeben.
    Immer weiter zog ich mich zurück, bis mein Fuß plötzlich in der Luft hing und Kiesel in die Tiefe prasselten. »Nein«, schrie ich. Meine Stimme klang schrill und irgendwie manisch. Wenn ich von diesem Felsensims rutschte, würde mein Körper dreißig Meter weiter unten auf dem felsigen Küstenstreifen aufschlagen.
    Das Monster blieb stehen. Musterte mich mit schräg gelegtem Kopf. Sog prüfend die Luft ein.
    »Scheiße, Scheiße, Scheiße«, wisperte ich, während das Ding abschätzte, ob ich ein ernstzunehmender Gegner war.
    Die Wirkung des ersten Adrenalinstoßes ließ nach, und ich begann heftig zu zittern. Ich redete mir ein, dass meine Herzschläge langsamer, meine Atemzüge länger wurden. Ich kroch seitwärts, weg von der Abbruchkante und dem Monster.
    Aber seine Augen verfolgten mich mit einem beunruhigend menschlichen Ausdruck. Sein Gesicht war aufgedunsen und seine Zunge geschwollen, aber Spuren seiner Persönlichkeit hatten sich erhalten. Ich wusste mit erschreckender Sicherheit, dass dieser Draug bei seiner Verwandlung noch sehr jung gewesen war.
    »Was willst du?«, fragte ich, obwohl mir klar war, dass er nicht antworten würde. Er rückte einfach nach, während ich immer weiter zurückwich.
    Aber er griff nicht an. Er studierte mich, als könnte er fast begreifen, was er sah. Dieses Abwarten jagte mir mehr Angst ein als eine Attacke.
    »Was bist du?« Hysterie schwang in meiner Frage mit, und ich bemühte mich um mehr Selbstbeherrschung. Beruhige dich. Das Ding starrte mich an. Besaß es Reste von Vernunft und Logik? Ich mäßigte meinen Ton. » Wer warst du?«
    Das gefiel ihm ganz und gar nicht. Ein Ruck durchfuhr seinen Körper. Er richtete sich hoch auf. Ich kreischte los.
    Der Draug schlich den Felsensims entlang, ohne den Abgrund zu beachten. Seine Augen waren nur auf mich gerichtet. Ich ließ meinen Blick zwischen dem Draug und der Felsenkante hin- und herwandern und kam zu dem Schluss, dass es unmöglich war, die Bestie in die Tiefe zu stoßen, ohne selbst nach unten zu stürzen.
    Er schob sich noch näher, geduckt wie eine sprungbereite Wildkatze. Die Menschlichkeit, die ich in seinen Zügen gesehen hatte, war verschwunden.

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