Vampire's Kiss
über den Rücken, gefolgt von einer Hitzewoge. Noch nie zuvor hatte jemand so viel Vertrauen in mich gesetzt – und das beflügelte mich mehr als seine prickelnde Berührung.
Je mehr Zeit wir miteinander verbrachten und je länger wir uns unterhielten, desto mehr schwand mein Argwohn. Für den Bruchteil einer Sekunde hatte ich das Gefühl, dass wir zusammengehörten, und ich schmiegte den Kopf in seine Hand. Vielleicht war es gar nicht so schlimm, den ersten Kuss von einem Vampir zu erhalten. Vielleicht war es genau das wilde Abenteuer, das einer Geheimagentin den nötigen Kick verschaffte.
Ich dachte an Ronan und die wenigen Augenblicke, in denen wir uns nähergekommen waren. Aber Ronan hatte immer kühle Distanz gewahrt, während Alcántara sich beeindruckt zeigte, mich bewunderte und mit Schmeicheleien überhäufte. Es war ein schönes Gefühl, endlich einmal als Frau wahrgenommen zu werden.
Seine Hand glitt tiefer, streifte meinen Hals. Ich spürte seine kühlen Finger im Nacken. »Du wirst die Suppe servieren und Wein einschenken und dabei genau auf ihre Gespräche achten. Wir brauchen einen Hinweis, der uns zu Carden führt – falls er noch lebt.«
»Das schaffe ich.« Meine Stimme klang laut und zuversichtlich.
»Das war mir sofort klar, als ich deinen Lebenslauf las, querida . Als ich dein Foto sah. Ich wusste, dass du uns bereichern würdest.« Er umschloss meine Finger mit beiden Händen und strich mit dem Daumen in sanften kleinen Kreisen über meine Handinnenfläche. »Verstand und Schönheit, gepaart mit großer Kraft und Bescheidenheit. Du bist perfekt für diese Mission geeignet.«
Dieser heißblütige spanische Vampir hatte alles, was ich an Ronan vermisste. Das Misstrauen, das ich anfangs in seiner Gegenwart empfunden hatte, schwand, und zurück blieb nur meine Faszination.
Seine Worte lösten einen nie gekannten Nervenkitzel aus. Ich war nur knapp eins sechzig, aber ich fühlte mich so groß und sexy wie James Bond und Lara Croft zusammen und dachte an die tollen Geheimaufträge, die sie an atemberaubenden Schauplätzen durchgeführt hatten. »Das klingt alles so aufregend.«
»Mäßige deinen Enthusiasmus, acarita . Falls du an jenem Ort von unseren Feinden enttarnt wirst, droht dir ein grausameres Schicksal, als du es dir vorstellen kannst.«
Ich sollte undercover arbeiten. Alcántaras Vertrauen machte mich so stolz, dass ich unbedingt mein Bestes geben wollte, und in dieser Woche bereitete ich mich härter denn je auf meine Aufgabe vor. Er forderte vertieftes Wissen in Tischkultur, und ich glänzte nicht nur im Unterricht, sondern spielte mich bei Dagursson wie eine dieser allwissenden TV -Kochtanten auf. Himmel, ich hätte einen Tisch notfalls einhändig und mit verbundenen Augen decken können … und wenn ich Alcántaras Warnungen über die bösen Vampire richtig deutete, dann konnte mir durchaus etwas ähnlich Abartiges blühen.
Genau sieben Tage vergingen, bis wir dieses Boot bestiegen. Sieben Tage, in denen ich lernte, einen ordentlichen Knicks zu machen, Wein einzuschenken, ohne etwas zu verschütten, und meine Haare zu einem straffen Knoten festzuzurren.
Während der ganzen Zeit war mir Ronan nur ein einziges Mal über den Weg gelaufen. »Annelise«, sagte er, als wir uns auf dem Hof begegneten, »du musst sehr vorsichtig sein.« Seine Stimme klang ernst, aber der Blick, den er mir zuwarf, war leer, bestenfalls eine Spur traurig. Glaubte er, dass ich mich in eine tödliche Gefahr begab, oder passte es ihm nur nicht, dass ich mit Alcántara loszog? Wie auch immer, Ronan war derjenige, der eine Freundin hatte – er hatte keinen Grund, traurig zu sein.
Aber dann kam mir blitzartig ein Gedanke: Wenn ich der Insel für immer den Rücken kehrte – und das hatte ich voll vor –, dann war das hier ein Abschied. Für immer. Ich würde ihn nie wiedersehen.
Ich versank in den grünen Tiefen seiner Augen und spürte, wie mich der Schmerz überwältigte. Das Loslassen war schwerer, als ich gedacht hatte. Ein Strudel von Empfindungen erfasste mich, und ich geriet in Panik, wie ein Mädchen, das von einer starken Unterströmung erfasst wurde und im aufgewühlten Meer ertrank.
Ich kämpfte mit einer betont unbekümmerten Antwort gegen meine Gefühle an. »Ich bin immer vorsichtig«, sagte ich lässig. Und als ich sah, dass er die Stirn runzelte, setzte ich noch eins obendrauf. »Auf meine Weise.«
»Gut – aber vergiss nicht, was ich dir eingeschärft habe.« Seine Stimme klang
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