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Vampire's Kiss

Vampire's Kiss

Titel: Vampire's Kiss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Wolff
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nicht in Gefahr. Warum lässt du mich nicht gehen?«
    Wenn ich fliehen wollte, musste ich alles genau nach Anweisung erledigen. Alcántara hatte mir mehr als einmal erläutert, was ich zu tun hatte. Finde heraus, wo Carden ist. Mehr nicht. Unternimm nichts auf eigene Faust. »Weil das nicht so geplant war.«
    »Hugo und seine Pläne!«
    Das klang so respektlos und spöttisch, dass ich die Kritik irgendwie auch auf mich bezog. »Wir können da oben nicht so einfach angetanzt kommen«, sagte ich verärgert. »Sobald die merken, dass Sie nicht mehr in Ihrem Kerker sind, schlagen sie Alarm. Und dann sind wir beide geliefert.«
    Er starrte mich einen Moment lang an und nickte dann verständig. »Natürlich.«
    Etwas an diesem Nicken machte mich nervös. Es schien so sehr viel mehr anzudeuten. »Wir kommen zurück und holen Sie hier heraus«, beharrte ich.
    »Bitte, geh jetzt. Geh und vergiss mich.« Mit einem Mal war die Lässigkeit aus seiner Stimme verschwunden. »Es war ein ganz reizender Rettungsversuch. Eine schöne Kämpferin … obwohl ich fürchte, dass du an Hugo Alcántara vergeudet bist.«
    Ich trat an die Zelle heran und umklammerte mit beiden Händen die Gitterstäbe. »Wenn Alcántara sagt, dass wir Sie hier herausholen, dann stehen wir zu unserem Wort.«
    Er lächelte traurig und wissend zugleich. »Tust du mir einen Gefallen?«
    Die Uhr tickte, aber ich zögerte. Dieser Typ war mir ein echtes Rätsel. Er passte einfach nicht in das Bild, das ich von Vampiren hatte. »Ja, sicher.«
    »Sag Hugo, ich sei tot.« Er seufzte – es war ein schwacher Laut, aber er schien das Gewicht der ganzen Welt zu tragen. Dann wurde sein Körper schlaff, und sein Kopf kippte nach hinten. Er schloss die Augen. Es war eine makabre Pose, die seine vorspringenden Knochen und die harten Linien der Sehnenstränge übertrieben betonte.
    »Was zum –«
    Und dann, wie um seine Worte zu unterstreichen, ließ er den Kopf auf die Brust hängen. Der Kiefer klappte nach unten, und sein Mund stand offen. Der Bastard wollte mir einfach wegsterben!
    »Verdammt!« Ich holte den riesigen Schlüsselbund aus meiner Schürzentasche. »Nicht während meiner Schicht, Mann!«
    Verzweifelt probierte ich einen Schlüssel nach dem anderen. Das Vorhängeschloss an seiner Zellentür war uralt und verrostet, ein Ding, das aussah, als gehörte es zu einer Piraten-Schatztruhe.
    Ich spürte eine fundamentale Veränderung der Luftschwingungen – eine plötzliche Stille oder Leere, als habe jemand eine Kerze ausgeblasen. Ich verlor ihn.
    »Das tust du mir nicht an.« Ich arbeitete schneller. Ich durfte nicht versagen. Ich musste bis ans Äußerste gehen, damit die Mission ein Erfolg wurde. Wenn ich versagte, konnte ich meine Flucht vergessen. Vermutlich kam ich dann nicht einmal mit dem Leben davon.
    Nein, ich würde es schaffen. Alcántara sollte stolz auf mich sein. Auch Ronan sollte stolz auf mich sein. Selbst aus der Ferne würde er sehen, was ich zu leisten imstande war.
    Der Schlüssel in meiner Hand war rostig – so rostig, dass er braune Streifen an meinen Fingern hinterließ. Ich steckte ihn in das Schlüsselloch und versuchte ihn zu drehen. Nichts rührte sich, aber irgendwie schien er doch zu passen. Ich setzte meine Ellenbogenkraft mit ein. Ein Knirschen, und dann das bröckelnde Geräusch von altem Metall auf altem Metall. Das Schloss sprang auf.
    Ich zog den Bügel heraus und schob die Tür auf – allerdings nur einen Spalt. Das Knirschen war laut genug, um die Toten zu wecken. Ich wollte sie nicht unbedingt herbeirufen.
    Ich kniete neben Carden nieder. Aus der Nähe wirkte er noch ausgemergelter, aber auch größer. Viel größer, als ich gedacht hatte. Sein Haar, seine Haut, alles an ihm war aschgrau. Blutleer.
    Alcántara wollte McCloud lebend. Und McCloud brauchte Blut.
    Noch nie zuvor hatte ein Vampir mein Blut gesaugt – und ich kannte keine Acari, die so etwas lebend überstanden hatte –, aber ich befürchtete, dass er mir unter den Händen wegstarb, wenn er nicht rasch ein wenig Blut bekam. Ich dachte an den Zwischenfall droben im Speisesaal. Der Vampir hatte das Schankmädchen in den Hals gebissen. Ich würde Carden den Unterarm anbieten. Und im Gegensatz zu dem anderen Mädchen musste ich meine Sinne so weit beisammen halten, dass ich nicht ohnmächtig wurde.
    Nach einem kurzen Zögern stellte ich mich auf die Zehenspitzen, um seine Handfesseln zu lösen. Ich musste mich darauf verlassen, dass er keinen Angriff startete, sobald

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