Vampirjaegerin inkognito
doch über meinen Plan Bescheid? Hatte Marcelle mich verraten? Ich warf dem Vampir einen prüfenden Blick zu. Der gab ihn lächelnd zurück. Nein, das passte nicht . Wenn er mich quälen und mir Angst machen wollte, würde er sich verhalten, wie er es im Hotel getan hatte. Mir sein Misstrauen demonstrieren, mir drohen. Nicht so … nett sein. Ich machte mich selbst verrückt. Es war offensi chtlich, dass Lucian mir traute . Meine Gedanken schweiften zurück zu dem, was Lucian gerade gesagt hatte. Und ich musste zugeben, dass ich ganz seiner Meinung war. Es war Fakt, dass es Ereignisse im Leben gab, die uns unwiderruflich änderten. Mich hatte solch ein Ereignis dazu gebracht, einen Mordauftrag anzunehmen .
Ich sah auf und betrachtete Lucians Profil im Mondschein. Wer hätte gedacht, dass das Monster, das mir vor nur zwei Tagen hässliche Würgemal e beigebracht hatte, einige meiner eigenen Lebensansichten teilte?
Ich musste an Sassa denken . Er war es, der mir die Augen über Lucian geöffnet hatte. Er st durch ihn hatte ich erkannt , wie viele menschliche Seiten dem Vampir anhafteten .
Ich spürte einen intens iven Blick auf mir. Als i ch den Kopf drehte sah i ch direkt in nachtblaue Augen.
„ Und das nur wegen eines Dämon s ? “ , fragte Lu cian. Seine Stimme t rug ni c ht die leiseste Spur von Ironie . „ Die se ganze trübe Stimmung nur wegen eines Dämons, den du erst seit gestern Abend kanntest und den du eigentlich wieder loswerden wolltest? “
„ Nicht so. Ich wollte ihn doch nicht so loswerden. “ Und ich realisierte, dass es stimmte. Ich hatte Sassa zurückschicken wollen. Nicht töten. Auf die se Idee war ich nicht ein mal gekommen.
Lucian und ich liefen einen Moment schweigend nebeneinander her. Marcelle und Serena konnte ich schon kaum mehr erkennen.
Ich biss mir auf die Lippe. Der Kloß war wieder da, größer denn je . „ Ich habe ihn einfach vergessen. Ich habe sogar noch mit ihm geredet. Dann fiel der Schuss und ich habe nicht mehr an ihn gedacht , bis es zu spät war. “ Ich hielt inne. Es fühlte sich seltsam an, mit jemandem über meine Gefühle zu reden. Das hatte ich seit Jahren nicht getan. Und ich war mir nicht sicher, ob es mir gefiel. Zwar spürte ich, dass es die Last der Schuld etwas verringerte, doch gleichzeitig fühlte ich mich ausgeliefert, nackt.
„ Du fühlst dich schuldig “ , stellte der Vampir ungefragt fest. „ Das ist menschlich in so lch einer Situation. “
Ich bereute zutiefst, dieses Gespräch überhaupt begonnen zu haben. „ Nicht jeder Mensch ist gleich. Also verschone mich mit deiner Amateur-Psychoanalyse. “
Ich sah Lucian nicht an, aber ich hörte an seiner Stimme, dass er lächelte. „ Auch auf die Gefahr hin, dass du mich gleich fressen wirst: D u kannst einen Gesprächspartner gut gebrauchen. Es scheint nicht viele davon in deinem Leben zu geben. “
„ So, nun hast du deine Meinung – die übrigens keiner hören wollte – geäußert. Können wir das Gespräch jetzt beenden? “ Ich erhielt keine Antwort. „ Außerdem habe eine Menge Freunde “ , log ich.
„ Ach, wirklich? “ Nur diese zwei Wörter. Sie enthielten keinerlei Wertung, keine Schadenfreude. „ Korr igiere mich, wenn ich mich irre: A ber w ie kann jemand, der so voller Wut ist wie du, noch genügend positive Gefühle aufbringen, wie sie für eine Freundschaft nötig sind? “
Ich ballte die Hände zu Fäusten. Die Wut, von der er gerade gesprochen hatte, drohte in diesem Moment, die Oberhand zu gewinnen. Ich konzentrierte mich darauf, Serenas lilafarbenen Pulli in der Dunkelheit nicht aus den Augen zu verlieren . Langsam beruhigte ich mich. Doch ich wagte nicht, den Vampir anzusehen. Wie war ich nur in diese Unterhaltung hineingeraten?
„ Das Leben hat mehr zu bieten als Wut “ , hauchte Lucians Stimme neben meinem Ohr. „ Viel mehr. “
Ich zuckte zusammen , als ich plötzlich seine Hand im Nacken fühlte. Wie erstarrt blieb ich stehen . Lucian tat es mir gleich. Seine Augen verließen mein Gesicht für keine Sekunde.
„ Was soll das werden? “ , fragte ich laut . D och meine Stimme zitterte.
Lucian musterte mich stumm. Ein Windhauch zerzauste sein schwarzes Haar. „ Wir werden sehen. “
Ich wich einen Schritt zurück .
Lucian ließ es geschehen. Seine Hand wanderte von meinem Nacken über meinen Hals hoch zu meiner Wange. Gedankenverloren strich er über meine Haut.
Mein Kopf war völlig leer. Es schien mir nicht möglich, auch nur einen logischen
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