Vampirjaegerin inkognito
Ich war sein kleines Experiment. Das hat nichts mit Vertrauen zu tun. Es hat ihm einfach Spaß gemacht, zu beobachten , was ich tun würde. Und er hat alles daran gesetzt, mich dazu zu bringen, mich gegen den Bund zu entscheiden. “
„ Wie meinst du das? “ , fragte Serena verwirrt.
„ Annäherungsversuche. Wenn du und Marcelle nicht hingesehen habt, hat er … na ja , dann war er ganz anders als sonst. Er wollte mich dazu bringen, dass ich ihn mag. Wahrscheinlich fand er es lustig zu sehen, ob er mich so weit manipulieren kann, dass ich für ihn meinen Auftrag aufgebe. “
„ Vielleicht war es so “ , gab Serena zu. „ Aber vielleicht … “ Sie brach ab.
„ Vielleicht? “
Serena betrachtete mich mit einem undeutbaren Blick. Dann schüttelte sie den Kopf. „ Nur Vermutungen. Wenn ich die äußern würde, würde Lucian mich einen Kopf kürzer machen. Du solltest ihn selbst fragen . “
„ Das ist das letzte, was ich tun werde. “
E ine Zeit lang starrten wir schweigend aneinander vorbei.
Dann fiel mir plötzlich die Szene im Pariser Hotel ein. „ Marcelle hat mir zugesichert, dass sie mir bei meinem Plan helfen würde “ , sagte ich langsam. „ Lass mich raten: Lucian hat ihr befohlen, dass sie mir das sagt? “
Serena nickte nur .
Und kurz darauf hatte Lucian mich auf dem Hotelflur überrascht, so dass ich fürchten musste, dass er das Gespräch zwischen Marcelle und mir mitgehört hatte. Weil er mir zwischendurch wieder ein bisschen Angst einjagen wollte. Er musste wirklich viel Spaß mit mir als seinem kleinen Experiment gehabt haben. Und obwohl es ausgegangen war, wie er gewollt hatte, schien ihm das Ergebnis nicht zu passen.
„ Ich wollte dich noch was fragen “ , erklang Serenas zögernde Stimme. „ Etwas, das mir nicht aus dem Kopf geht . Vielleicht erinnerst du dich noch, dass Lucian dich im Zug gefragt hat, wieso du den Bund vernichten willst. Und du hast von deinem Freund erzählt. “
„ Zweifellos einer der amüsanteren Augenblicke der Reise. Zumindest für euch. “
Serena ignorierte meinen bitteren Einwurf. „ Ich hatte das Gefühl, dass in deiner Geschichte auch ein Stück Wahrheit steckt. “
Ich schüttelte entschieden den Kopf.
„ Willst du mir wirklich erzählen, es gibt diesen Freund gar nicht? Dass du ihn dir ausgedacht hast? “
Ich nicke.
„ Das glaube ich dir nicht. “ Sie sah mir direkt in die Augen. „ Sei ehrlich: Er war der Grund, wieso du den Auftrag vom Bund angenommen hast, oder? “
Ich starrte sie an und war versucht, es einfach weiter abzustreiten. Aber plötzlich fühlte ich mich leer, ausgelaugt. Ich hatte keine Kraft mehr . Also nickte ich einfach.
Serena schenkte mir ihr strahlendstes Lächeln. „ Ich wusste es! “ , jubelte sie. Dann wandelte sich ihre offene Freude zu einer verständnisvollen Miene. „ Willst du mir erzählen, warum du es getan hast? Was der Bund dir genau versprochen hat? “
„ Es ist wirklich keine große Sache “ , stellte ich klar und hoffte, sie würde sich damit zufrieden geben. Natürlich tat sie das nicht. Also erklärte ich , damit sie mich endlich in Ruhe ließ : „ Chris ist nicht tot, sondern verschwunden. Ich weiß nicht , was mit ihm passiert ist. Der Bund hat mir angeboten, ihn für mich zu finden. “
„ Es tut mir Leid für dich, dass du deinen Freund nun doch nicht zurückbekommst. “
Ich war versucht, ihr zu sagen, dass ich Chris gar nicht zurückhaben, sondern nur meine Rechnung mit ihm begleichen wollte. Aber ich hatte keine Lust, dieses Gespräch noch weiter in die Länge zu ziehen. Eine Frage musste ich allerdings noch stellen: „ Wieso hat Marcelle sich auf den Bund eingelassen? “
Serenas An twort war so einfach wie nichts sagend: „ Freiheit. “
Ich hob fragend die Augenbrauen.
„ Es hört sich an wie ein Klischee, aber Vampire haben es auch nicht leicht . Zumindest, wenn sie nicht so mächtig sind wie zum Beispiel Lucian. Marcelle wird nie so starke Fähigkeiten entwickeln wie er, das ist bereits jetzt abzusehen. U nd Lucian wird sie niemals gehen lassen. Zu ihrem eigenen Schutz. E in Vampir darf seinen Meister nur verlassen, wenn er ebenso stark geworden ist wie dieser. Nur dann akzeptieren die anderen Vampire ihn als einen von ihnen . Würde Marcelle Lucian einfach so verlassen, wäre sie praktisch vogelfrei. Früher oder später würde ein mächtigerer Vampir sie aus einer Laune heraus töten. Aber h ätte der Bund Lucian getötet , so wie er es Marcelle versprochen
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