Vampirjagd: Roman (German Edition)
vorging, hatten Berni so zermürbt, dass er schweigend und mit hängendem Kopf neben dem Banditen herging und ohne zu zögern vor seiner Wohnung stehen blieb.
»Da ist es«, sagte er, obwohl das Namensschild Mattuschek deutlich zu lesen war.
Erwin sah ihn durchdringend an. »Ist jemand da?«
»Meine Schwägerin Stephanie, falls sie schon von der Schule zurück ist!«
»Wenn nicht, werden wir auf sie warten.« Erwin benutzte den Schlüssel, den er Berni mit allen anderen persönlichen Gegenständen abgenommen hatte, um aufzusperren. Als er mit seinem Gefangenen zusammen eintrat, hörte er laute Musik und schloss zufrieden lächelnd die Tür.
»Bleib hier stehen und rühre dich nicht!«, befahl er seinem Exkumpel und schlich weiter.
Da Jonny gerade neugierig in die Küche spähte, hätte sich für Berni die Gelegenheit ergeben, in den Flur zu laufen und lautstark um Hilfe zu rufen. Er blieb jedoch wie gelähmt stehen und sah zu, wie Erwin Stephanies Zimmertüre öffnete und eintrat. Wenige Augenblicke später kam der Bandit wieder heraus. Er schob das Mädchen vor sich her und hinderte es mit der freien Hand daran zu schreien.
»Brav, Berni!«, lobte er, als er feststellte, dass sein Gefangener sich nicht bewegt hatte. Grinsend hielt er Stephanie fest, während Jonny ihr den Mund zuklebte und ihre Hände auf die gleiche Weise wie bei Vanessa an die Gürtelschlaufen ihrer Jeans fesselte.
Berni blickte kurz in die erschrockenen Augen seiner Schwägerin und senkte den Kopf. Während Jonny auf die beiden Gefangenen aufpasste, durchsuchte Erwin die Wohnung, fand aber weniger Geld, als er erhofft hatte.
»Du warst schon als Einbrecher eine Null und bist es als Geschäftsmann geblieben«, sagte er verärgert und versetzte Berni eine Ohrfeige. Dann öffnete er die Wohnungstür, sah hinaus und zog den Kopf schnell zurück, weil einige Hausbewohner die Treppe hochkamen.
Berni war klar, dass er die zweite Chance verpasste, um Hilfe zu rufen, doch seine Angst vor Erwin war einfach zu groß. Sein ehemaliger Komplize wartete, bis die Bewohner weiter oben die Wohnungstüren hinter sich geschlossen hatten, und versetzte ihm dann einen Stoß.
»Raus jetzt und die Treppe runter, aber zügig, wenn ich bitten darf!«
Berni gehorchte wie eine Marionette, die an Fäden hing. Nach ihm trat Jonny mit Stephanie auf den Flur und zwang das Mädchen, die Treppe hinabzusteigen, während Erwin die Tür ins Schloss zog. Dies war der gefährlichste Augenblick, denn wenn jemand ins Treppenhaus trat, würde er den Klebestreifen auf Stephanies Mund wahrnehmen.
Doch die Banditen hatten Glück und erreichten unbemerkt den Kastenwagen. Rainer öffnete die Heckklappe von innen, nahm Stephanie entgegen und legte sie quer über die Ladefläche. Währenddessen wich Berni dem anklagenden Blick seiner Frau aus, die nicht begreifen konnte, dass er sich zum willenlosen Handlanger dieser Banditen hatte machen lassen.
Als Erwin wieder auf dem Beifahrersitz Platz genommen hatte, startete Ferdinand den Wagen und steuerte ihn Richtung Norden. Sein breites Grinsen verriet, dass er sich bereits auf die einsame Hütte in den Donau-Auen und den Spaß freute, den sie sich dort gönnen würden.
13
Während der Fahrt führten Vanessas Gedanken einen wirren Tanz auf. Obwohl sie sich sehr schlecht fühlte und immer wieder kurz wegdämmerte, begriff sie mit erschreckender Klarheit, dass es den Banditen nicht allein um Geld ging. In dem Fall hätten sie den Inhalt des Safes genommen und wären damit verschwunden. Den Andeutungen der Kerle nach wollte Erwin sich an ihrem Mann rächen, und dabei sollten sie und ihre Schwester eine Rolle spielen. Verzweifelt überlegte sie, wie sie wenigstens Stephanie das Schicksal ersparen konnte, das sie den Gedanken der Kerle allzu deutlich entnahm.
Zu ihrer Angst um die Schwester gesellte sich eine abgrundtiefe Verachtung für ihren Ehemann, der sich als jämmerliche Memme entpuppt hatte. Allerdings gab sie sich auch selbst die Schuld. Sie hätte Stephanie nicht zu sich holen dürfen. In einem Heim wäre ihre Schwester sicherer gewesen. Verzeih mir, Stephanie, bat sie stumm. In dem Moment klang die Stimme eines ihrer Entführer auf.
»Wir sind gleich da!«, erklärte Ferdinand und bog in einen holprigen Waldweg ein, der den Kastenwagen in ein Rüttelsieb verwandelte. Einige Minuten später hielt er vor einem kleinen, heruntergekommen wirkenden Holzhaus. An diesem Ort hatte er sich schon öfter mit seinen Freunden Toni und
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