Vampirmelodie
verändern, denn man hat seine Seele verwirkt. Es gibt keine Erlösung mehr, keinen Antrieb, sich zu bessern. Selbst wenn man nicht an ein Leben nach dem Tode glaubt, führt der Weg nur noch abwärts.«
Der Halbdämon wusste sicher mehr als ich über das Thema, doch ich glaubte nicht, dass Erlösung jemals außerhalb von Gottes Macht lag. Aber okay, dies war nicht der richtige Zeitpunkt, meine religiösen Überzeugungen kundzutun. Jetzt ging es darum, Informationen zusammenzutragen.
»Äh … ich will mich hier ja nicht vordrängen«, warf ich ein, »denn es geht eindeutig nicht nur um mich, aber … wollen Sie damit etwa sagen, dass Mr Carmichael derjenige ist, der mich ins Gefängnis zu bringen versucht?«
»Nein«, sagte der Rechtsanwalt. Ich seufzte erleichtert auf. »Ich glaube, das ist eine andere Person«, fuhr er fort, und meine Erleichterung schwand. Wie viele Feinde konnte ich haben? »Ich weiß allerdings mit Bestimmtheit, dass Copley Carmichael ein Cluviel Dor vom Teufel haben wollte.«
Ich schnappte nach Luft. »Aber woher weiß er überhaupt, dass es einen solchen Gegenstand gibt?«, fragte ich. Und dann starrte ich Amelia wütend an. Ich biss mir von innen buchstäblich in die Wange, um mich davon abzuhalten, auf sie loszugehen. Sie wirkte entsetzt, und ich zwang mich, daran zu denken, dass Amelia heute einen wirklich harten Tag hatte.
»Ich hab’s ihm erzählt … Sookie hatte mich gebeten, Nachforschungen darüber anzustellen … wir beide haben irgendwie nie ein Gesprächsthema … Er hat nie geglaubt, dass ich wirklich eine Hexe bin, nie zu erkennen gegeben, dass er mich für irgendetwas anderes als eine Spinnerin hält. So etwas konnte ich mir nicht vorstellen. Wie denn auch? Dass er …« Sie geriet ins Stocken.
Bob legte den Arm um sie. »Natürlich konntest du das nicht ahnen, Amelia«, sagte er. »Wie denn auch? Dass er dieses eine Mal beschließt, dich ernst zu nehmen?«
Erneut trat ein unbehagliches Schweigen ein. Ich übte mich immer noch in allumfassender Selbstbeherrschung, was alle anderen im Wohnzimmer bemerkten, doch sie ließen mich gewähren.
Als Amelia weinte, ließ ich die Armlehnen meines Sessels allmählich wieder los (ich staunte, dass keine Dellen zu sehen waren). Ich würde nicht zu ihr eilen, um sie in die Arme zu schließen, denn so toll fand ich Amelias lockere Zunge nun wirklich nicht. Doch ich konnte sie verstehen. Amelia war nie gewesen, was man diskret nannte, und die Beziehung zu ihrem Vater war stets eine Hassliebegewesen. Und wenn die beiden mal eins ihrer seltenen Tête-à-Têtes hatten, war Amelia immer bemüht gewesen, sein Interesse zu erregen. Und was war interessanter als ein Cluviel Dor?
Eins wusste ich mit Sicherheit: Wenn meine Freundschaft mit Amelia fortbestehen sollte, würde ich ihr niemals mehr etwas Wichtigeres als ein Kochrezept oder die Vorhersage des Wetters anvertrauen. Sie hatte die Grenze noch einmal überschritten.
»Er wusste also, dass ich ein Cluviel Dor besaß, und wollte es haben«, sagte ich, als ich die Geduld mit Amelias tränenreicher Bußfertigkeit verlor. »Was passierte dann?«
»Ich weiß nicht, warum der Teufel Copley Carmichael etwas schuldete«, begann Mr Cataliades. »Aber das Cluviel Dor war offenbar die Bezahlung, die Carmichael eingefordert hatte, und er lenkte den Teufel in Ihre Richtung, Sookie. Doch Sie hatten das Cluviel Dor schon benutzt, bevor er es Ihnen entwinden konnte … zum großen Glück für uns alle. Jetzt hat Carmichael das Gefühl, dass ihm ein Strich durch die Rechnung gemacht wurde, und das ist er nicht gewohnt, zumindest nicht seit Beginn des neuen Jahres. Er hat das Gefühl, dass Sie ihm irgendwie etwas schulden.«
»Aber Sie glauben nicht, dass er Arlene ermordet hat und versucht, es mir anzuhängen?«
»Er hätte es getan, wenn er auf die Idee gekommen wäre«, erwiderte Mr Cataliades. »Aber ich glaube, das ist zu hinterhältig, selbst für ihn. Das ist das Werk eines raffinierteren Geistes, eines Geistes, der Sie viele Jahre lang im Gefängnis leiden sehen will. Copley Carmichael ist einfach rasend wütend und will Sie auf sehr viel direktere Weise verletzen.«
»Sookie, es tut mir so leid«, beteuerte Amelia. Sie hatte sich wieder gefasst und saß, trotz der Tränen auf ihrenWangen, mit ziemlich würdevoll erhobenem Kopf da. »Ich habe das Cluviel Dor nur dieses eine Mal im Gespräch mit meinem Dad erwähnt und weiß nicht, woher er all die Informationen hat. Es sieht so aus, als wäre
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