Vampirnacht
wo Morio ist. Chaka geht jedenfalls wieder seinen Rattenangelegenheiten nach.« Ich blickte mich um. Kein einziger Mann in der Küche, und normalerweise halfen mindestens einer oder zwei mit. »Wo sind denn die Jungs?«
»Morio spielt draußen Fuchs. Vanzir und Roz sind beim Gartenhaus und flicken das Loch im Dach. Shamas arbeitet – er hat die nächsten Nächte Dienst. Shade ist bei Wilbur und hilft Marion und Douglas, alles vorzubereiten, denn Wilbur kommt morgen nach Hause. Martin hat er auch schon mitgenommen, anscheinend gehorcht er Shade einigermaßen. Snickers lassen sie noch hier, bis sie ein eigenes Haus gefunden haben, weil sie befürchten, Martin könnte die Katze fressen. Smoky und Trillian holen was vom Chinesen. Iris hat Apfelkuchen zum Nachtisch gebacken, aber wir hatten irgendwie Appetit auf chinesisches Essen.« Camille stellte Teller auf den Tisch, Delilah drei Apfelkuchen und die Kekse.
Iris fügte Besteck, Essstäbchen und Papierservietten hinzu, während Hanna den Wäschekorb auf dem Schaukelstuhl abstellte. Maggie spielte im Laufstall mit ihrer Puppe Yobie – sie hatte Yodas Kopf und Barbies Körper und wies mittlerweile ziemlich viele Zahnabdrücke auf, aber sie liebte dieses Ding leidenschaftlich, und wir wagten nicht, es ihr wegzunehmen.
Ich blickte mich um, ob ich bei irgendetwas helfen könnte. Ich ging zu Hanna hinüber und sagte: »Ich lege die Handtücher zusammen. Mach du mal Pause. Trink einen Tee oder so was.«
»Ich mache Pause, wenn es Zeit zum Essen ist. Im Vergleich zu Hytos Höhle habe ich hier so wenig zu tun, dass ich nie erschöpft bin.« Hanna war eine kräftige Frau aus den Nordlanden, etwa Ende dreißig, Anfang vierzig. Sie scheute keine Arbeit und schien hier recht zufrieden zu sein. Und sie war freundlich, legte aber offenbar Wert auf klare Grenzen.
»Schon gut – du brauchst doch nicht erschöpft zu sein, um mal Pause zu machen.« Ich griff nach dem Wäschekorb, doch sie hielt mich auf.
»Nein. Das ist
meine
Arbeit. Menolly, du hast wichtige Aufgaben. Du und deine Schwestern kämpft gegen böse Kreaturen. Meine Pflicht ist, euch zu versorgen und mich zu kümmern. Ihr habt mich aus Hytos Klauen gerettet, und dafür diene ich euch herzlich gerne.« Ihr Englisch wurde immer besser, und wenn sie auch noch kleine Fehler machte, sprach sie doch sehr energisch und voller Überzeugung.
»Du bist nicht unser Dienstmädchen, Hanna.« Ich schüttelte den Kopf. »Wir freuen uns, wenn du zukünftig als unsere Haushälterin arbeiten möchtest, aber wir werden dich dafür bezahlen. Iris bezahlen wir auch.«
»Iris gehört zur Familie. Ich nicht. Bezahlung nehme ich an, aber ich bin eure Dienerin und damit zufrieden. Einen Haushalt führen, das ist, was ich kann.« Ihre Stimme wurde leise. »Früher in den Nordlanden, bevor Hyto mein Leben zerstört hat, mein Mann … er war streng. Haus und Garten und Kinder, alles war meine Aufgabe, während er zur Jagd ging. Er liebte seine Kinder und behandelte mich mit Achtung, aber nichts war leicht.« Sie rang damit, einen Gedanken in Worte zu fassen. »Ich … ich wurde als Kriegerin geboren und wäre lieber … unverheiratet meinen eigenen Weg gegangen.«
»Warum hast du dann geheiratet?«, fragte Delilah.
»Mein Vater stand bei Thaylons Vater in einer Blutschuld. Ich war die Bezahlung, als Frau für seinen Sohn. Es war meine Pflicht, Vaters Ehre zu erhalten, also habe ich es getan. So ist es Sitte bei uns. Ehre ist heilig.« Sie zuckte mit den Schultern und musterte eines der Handtücher, das einen Riss aufwies. »Ich flicke das.«
»Hast du ihn geliebt?« Ich ließ das Handtuch los, das ich gefaltet hatte. Allmählich verstand ich sie ein wenig besser. Hanna war seit zwei Monaten bei uns, und bisher war sie recht verschlossen gewesen. Doch allmählich öffnete sie sich ein wenig mehr.
»Meinen Vater? Ja. Ach so, du meinst Thaylon.« Sie lächelte nur mit den Augen. »Er war ein guter Mann. Er hat mich nie geschlagen. Er war stolz auf unsere Kinder. Ich glaube … ja, ich habe ihn lieben gelernt über die Jahre, und wir hatten ein gutes Leben, bis Hyto uns fand.« Sie schauderte sichtlich, presste die Lippen zusammen und sagte nichts mehr.
Wir überließen sie ihren Gedanken, und sie legte das Handtuch weg, um sich mit Maggie zu beschäftigen, die zu weinen begonnen hatte. Ich warf einen Blick auf die Uhr. Viertel vor sieben.
»Ich muss um halb acht bei Roman sein. Sagt mir noch, was ihr herausgefunden habt, bevor ich
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