Vampirnacht
Techno-Magi ausgebildet. Er ist ein Hexer, ja, aber einer von uns. Quall … es gibt gewisse gute Gründe dafür, weshalb er bei dieser Mission dabei ist. In Rhellah wird man ihn bereitwilliger akzeptieren als die anderen. Wir brauchen ihn.«
»Warum werden sie ihn leichter akzeptieren?« Ich ahnte schon, dass nun eine dieser Eröffnungen kommen musste, die man eigentlich nicht hören wollte.
»Weil er der Sohn des Stadtkommandanten ist. Als Quall noch klein war, fiel seine Mutter bei seinem Vater in Ungnade. Er brachte sie um und verkaufte den kleinen Jungen an eine Räuberbande. Die Räuber hatten irgendwann genug davon, mit ihm zu spielen, und ließen ihn in Dahnsburg zurück.«
»Wird das ein Drehbuch zu einem Schicksalsdrama?«, fragte Delilah.
»Quall war wirklich ein Opfer der Umstände. In Dahnsburg wurde er in ein Waisenhaus aufgenommen, das die Kinder als Sklaven hielt. Nach ein paar Jahren gelang ihm die Flucht, indem er sich in eine Karawane nach Elqaneve einschmuggelte. Er war immer noch sehr jung, aber außerordentlich einfallsreich.«
»Aber wie kam er in den Dienst der Königin?«
»Er wurde bei einem Diebstahl erwischt – ein Laib Brot – und der Jugendgarde übergeben, wo er sich als begabter Bogenschütze und Späher erwies. Als er volljährig wurde, zog er zunächst auf eigene Faust los, doch vor etwa zehn Jahren kehrte er zur Garde zurück und bot seine Dienste an. Er fühlt sich der Krone verpflichtet, weil sie ihn ernährt, ihm ein Zuhause und einen guten Anfang ermöglicht hat.«
Ich runzelte die Stirn. »Als Meuchler.«
»Eine moralisch nicht unbedenkliche Berufswahl, ja. Aber er ist sehr gut, und wir müssen den Tatsachen ins Auge sehen: Meuchler sind eine Notwendigkeit, genau wie Späher, Waldläufer und Soldaten. Jede Regierung hat ihre Elitetruppen. Quall gehört zu uns, und wir nutzen seine Dienste, wenn wir ihn brauchen.« Trenyth ließ sich auf dem Stuhl nieder, auf dem der Meuchler gesessen hatte.
»Und ihr habt kein Problem damit, Meuchler einzustellen?« Delilah neigte fragend den Kopf zur Seite. »Ich dachte, Elfen wären mit solchen Wegen nicht einverstanden.«
Trenyth zuckte mit den Schultern. »Elfen geben viel auf Ehre, wir opfern ihr aber nicht die Vernunft oder grundlegende militärische Taktik.« Er beugte sich vor und stützte die Ellbogen auf den Tisch.
»Aber es gefällt dir nicht«, bemerkte ich leise.
»Nein. Ich sehne mich nach den Zeiten, als Elqaneve noch isoliert war und wir unter uns bleiben konnten. Aber das war lange vor der Großen Spaltung, und die Zeit lässt sich von niemandem umkehren, sei er Elf, Fee oder Mensch. Ehre und politisches Geschick verstehen sich nicht unbedingt gut. Ganz gleich, was wir versuchen, es ist einfach nicht möglich, in die ruhmreichen Zeiten zurückzukehren, da wir durch die Wälder streiften, lautlos unseren Gedanken nachhingen und von großen Helden und Schlachten sangen, die längst im Nebel der Zeit versunken sind.«
Das war wohl die längste Rede, die wir von Trenyth je gehört hatten, und sie beunruhigte mich. Ich hatte einen kurzen Blick auf jene Zeiten erhascht, als die Welten noch eins gewesen waren, als die Zeit der bewussten Lebewesen erst begonnen hatte, bevor der Fortschritt in der Erdwelt wie der Anderwelt eingekehrt war.
»Du warst damals noch sehr jung, nicht? Vor der Großen Spaltung?«
Er lächelte schwach. »War ich überhaupt jemals jung? Ach ja, meine liebe, schöne Vampirin … Ich war jung, und die Königin in der Blüte ihrer Jahre. Ich trat in ihren Dienst und widmete mein Leben der Krone.«
»Und dein Herz«, flüsterte Camille.
Trenyth fuhr zusammen. »Was soll das heißen?«
Doch statt ihm zu sagen, was wir wussten, und ihn in Verlegenheit zu bringen, vor allem in Gegenwart von Königin Asteria, lächelte Camille nur milde.
Trenyth wartete einen Moment ab, und als keine von uns mehr etwas sagte, lenkte er das Gespräch zurück in die Gegenwart. »Quall hat Befehl, den inneren Zirkel seines Vaters zu infiltrieren. Sein Vater ist als Sympathisant der Hexer bekannt.«
Delilah sprach die Frage aus, die mir durch den Kopf ging. »Was, wenn Quall auf die Idee kommt, die Seiten zu wechseln, wenn er seinem Vater begegnet? Er mag in Elqaneve aufgewachsen sein, aber wenn er zum Wüstenräuber geboren ist – wer sagt, dass sein Blut nicht durchschlägt und er in den Schoß der Familie zurückkehrt?«
»Es gibt nie eine Garantie dafür, dass dergleichen nicht geschieht«, erwiderte
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