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Vampirnacht

Vampirnacht

Titel: Vampirnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmine Galenorn
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eine dünne, scharfe Klinge. Geschickt schlitzte sie ihm die Brust auf und griff dann mit Fingern, die in der Nacht nicht zu sehen waren, in den Brustkorb und holte das Herz heraus. Wie es ihr so schnell gelang, es vom Körper zu lösen, konnten wir nicht sehen. Sie legte es in eine Schachtel, klappte den Deckel zu, strich mit der Hand über die Wunde und verschloss sie wieder.
    Ich starrte auf den toten Elfen hinab. Ich hatte noch nie einen Leichnam gesehen, nachdem eine Leichenzunge sich ihren Lohn genommen hatte. Daher hatte ich nicht gewusst, dass sie die Wunde so unsichtbar wieder schließen konnten. Der Tote würde scheinbar unversehrt in die Anderwelt zurückkehren. Sein Herz würde die Leichenzunge mitnehmen und verspeisen – eine letzte blutige Vereinigung.
    Sie erhob sich und wandte sich Shade zu. »Ich kehre jetzt zurück.« Wortlos trat Shade vor, und die Leichenzunge erlaubte ihm, einen Arm locker um ihre Taille zu schlingen. Dann verschwanden sie aufs Ionysische Meer.
    Camille seufzte tief. »Was kann die Wachen angegriffen haben? Aus dem, was wir wissen, kann ich auf keinen mir bekannten Geist schließen. Ein Wiedergänger war es auch nicht. Aber vielleicht ein Schatten?«
    Wiedergänger waren nicht so gefährlich wie Schatten. Sie sogen einem nur alle Wärme aus dem Körper, so dass man schließlich erfror. Aber Schatten … allein durch ihre Berührung konnten sie bei Menschen einen Herzinfarkt verursachen, und auch mit Elfen stellten sie hässliche Dinge an. Aber ich glaubte nicht, dass sie diese Wachen umgebracht hatten.
    »Nein, ich … irgendwie glaube ich das nicht. Schatten treten auch nicht als feurige Erscheinung auf – normalerweise verbergen sie sich im Dunkeln und greifen ohne Vorwarnung an.«
    »Die Elfen waren nicht vorgewarnt.« Camille wandte sich Morio zu. »Was meinst du?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Ich zermartere mir auch schon das Hirn, aber mir fällt nichts ein. Wir müssen ein bisschen nachforschen.«
    »Was machen wir mit dem toten Doppelgänger?« Smoky wies auf die Bäume, hinter denen ich beinahe jegliche Beherrschung verloren hätte.
    Ich errötete. »Also, was den angeht … ich habe keine Ahnung, was da wirklich passiert ist. Roz …« Ich traute mich nicht mal in seine Nähe, denn ich hatte Angst, dass ich unserer Freundschaft irreparablen Schaden zugefügt hatte.
    Doch er brachte ein schwaches Lächeln zustande. »Ein Zauber. Morio hat gesagt, sie könnten Halluzinationen hervorrufen – dich sehen lassen, was du sehen willst. Also bist du einfach einem Zauber erlegen. Du würdest mich nie ausnutzen, außer irgendetwas würde dich so betören. Und …« Er zwinkerte mir vielsagend zu. »Es war gar nicht übel, oder?«
    Ich wollte nicht, dass er nett zu mir war. Ständig musste ich mich vor meiner Raubtiernatur in Acht nehmen. Vampire standen in der Nahrungskette ganz oben, und es war nur allzu leicht, jegliche Perspektive zu verlieren und jeden als unsere persönliche Bar zu betrachten. Dieser Einstellung wollte ich nie verfallen – der Einstellung eines Monsters. Doch vorerst war ich froh, dass er mir verzieh. Wir mussten herausfinden, wer uns diese Geister auf den Hals gehetzt hatte. Das
Warum
war offensichtlich – wir hatten genug Feinde, die uns um die Ecke bringen wollten. Blieb die Tatsache, dass wir schon wieder zu Hause angegriffen worden waren.
    »Nein, gar nicht übel.« Ich lächelte ihn zärtlich an, während er sich aufrappelte. »Wir sollten reingehen. Ich muss in meinen Unterschlupf. Die Sonne geht gleich auf.«
    »Ja. Morio und ich bleiben noch draußen und machen die Banne wieder scharf. Smoky, bleibst du bei uns, falls noch irgendwas auftaucht?« Camille lehnte sich müde an ihren Mann. Mit seinen eins neunzig ragte er weit über ihr auf. Eine Strähne seines Haars hob sich und streichelte zärtlich ihr Gesicht, und sie lächelte ihn strahlend an – ein Lächeln voller Liebe. Morio beugte sich vor und küsste sie auf die Schulter, und dann machten die drei sich auf den Weg zur Einfahrt, um die versteckten Banne zu überprüfen.
    Roz, Shade und ich stapften zurück zum Haus. Ich bedeutete Roz, dass ich unter vier Augen mit ihm sprechen wollte, und Shade ließ sich zurückfallen, damit wir ungestört waren. Er behielt uns im Auge, ignorierte aber demonstrativ, dass wir miteinander sprachen.
    »Es tut mir ehrlich leid.« Ich ließ mir seinen Hals zeigen. Meine Fangzähne hatten tiefe Wunden hinterlassen, mit getrocknetem Blut

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