Vampirnacht
ihren Thron wieder bestiegen hat.«
Ich wusste nicht recht, ob ich das beruhigend finden sollte, aber ich nickte trotzdem. »Danke. Aber wir haben noch ein dringendes Problem. Ein alter Freund aus dem AND wurde in die Erdwelt geschickt und wird seither vermisst. Sein Name ist Andrees, und die Idioten, die den Einsatz geplant haben, haben ihn in die Roxbury Street geschickt, in White Center. Soweit ich weiß, gab es dort einen verdeckten AND -Posten – ausgerechnet als Massagesalon getarnt. Ein richtiger Massagesalon, kein Nuttenhotel.«
Roman lachte laut. »Eure Leute recherchieren wirklich nicht sehr gründlich, was?«
»Anscheinend nicht. Jedenfalls ist Andrees verschwunden, und wir befürchten, ihm könnte etwas zugestoßen sein. Wir werden der Sache nachgehen, aber könntest du deine Leute bitten, mir Bescheid zu geben, wenn sie irgendetwas in der Richtung hören?«
Roman kraulte mit den Fingerspitzen zart meinen Nacken, und ich schloss genießerisch die Augen. »Natürlich. Ich helfe dir gern, wo immer ich kann. Aber hast du jetzt überhaupt Zeit für all das? Du und deine Geliebte – deine Verlobte – plant doch eure Hochzeit, nicht wahr?«
Ich stöhnte. »Ja, aber wir haben uns erst neulich wieder wegen der Zeremonie gestritten. Mir würde es völlig reichen, nur ein paar Worte vor unseren Familien zu sprechen, aber Nerissa hat schon recht – das ist ein wichtiges Ereignis, und wir sollten uns etwas Besonderes einfallen lassen. Ich weiß nur nicht, was.«
»Ich wünschte, du würdest sie einladen, uns einmal Gesellschaft zu leisten. Sie klingt einfach köstlich.« Roman grinste lüstern, und ich erschauerte.
»Von meiner Freundin wird nicht getrunken. Sie ist meine große Liebe, und ich lasse nicht zu, dass du ihr wehtust.« Ich glaubte zwar nicht, dass Roman sie ernstlich verletzen würde, aber er war recht gnadenlos in seiner Haltung gegenüber manchen Dingen – und darin, was er für die richtige Lösung hielt.
Nach seinem Geständnis, dass er sich in mich verliebt hatte, hatte ich ihn gewarnt, sich zurückzuhalten. Mein Herz gehörte Nerissa, ganz gleich, wie viel Spaß es mir machte, auch mit Jungs zu spielen. Mein Herz und mein Leben gehörten ihr. Jeder andere war eine Zugabe. Wir hatten einander schon Treue versprochen, was andere Frauen anging – denn nur die konnten unsere Beziehung ernsthaft gefährden.
»Aber das wäre ein solcher Genuss. Ich will nicht von ihr trinken, und ich verspreche dir, dass ich ihr niemals wehtun würde. Ich will nur spielen. Zusehen, wie du und deine Geliebte euch berührt, euch küsst, euch vögelt … du weißt, wie sehr mir das gefallen würde.« Er flüsterte mir ins Ohr, und ich erschauerte noch einmal. Ich war nicht prinzipiell monogam, aber irgendetwas an diesem Vorschlag ängstigte mich, und ich wusste nicht, was. »Ich würde auch nur hinzukommen, wenn ihr mich einladet, und du kannst dich darauf verlassen, dass sie respektvoll behandelt wird und sich gut amüsiert.«
»Ich denke darüber nach.« Diese Unterhaltung ging mir allmählich auf die Nerven.
Doch Roman drehte sacht meinen Kopf herum und sah mir tief in die Augen. Seine Fangzähne glitzerten scharf und gefährlich in dem Nebel, der um uns herumwallte. »
Tu das.
Du bist meine Gefährtin. Da gehört es sich, dass deine Geliebte und ich Freunde werden.« Damit stand er auf und streckte mir die Hand hin.
Ich starrte sie an und dachte ganz kurz daran, ihn zu ignorieren, doch dann siegte die Vernunft, und ich nahm seine Hilfe an, obwohl ich sie nicht brauchte. Roman hatte nicht zufällig ein so hohes Alter erreicht. Er konnte unglaublich kalt und gnadenlos sein, und klug war er außerdem. Ich vertraute ihm zwar, aber in vernünftigen Grenzen, und wenn ich ihn ernsthaft verärgerte, würde ich es bereuen, das wusste ich sehr wohl.
»Ich werde mit ihr sprechen. Aber wenn sie kein Interesse daran hat, lässt du es gut sein, ja? Und du wirst ihr nichts tun?«
Roman neigte den Kopf. »Ich würde ihr nie ein Leid zufügen. Ihr gehört dein Herz, und wenn ich ihr den hübschen Hals bräche, würdest du mich dafür hassen. Also werde ich mir alle Mühe geben, sie zu schützen, und ich werde ihr nie Anlass geben, deine Beziehung zu mir zu verurteilen.«
Ich sah ihm nach, als er durch den wabernden Nebel davonging.
Dann blieb er noch einmal stehen und blickte über die Schulter zurück. »Ach ja, Menolly – heute Abend findet ein Treffen der Anonymen Bluttrinker statt. Du kommst doch? Ich
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