Vampirnacht
paar Löffel püriertes Lamm gegessen hatte.
Maggie aß das Fleisch, das sie zum Wachsen brauchte, allmählich leichter, aber es war ein Kampf gewesen, bis wir sie so weit gehabt hatten. Eines ihrer Fläschchen nach dem anderen hatten wir durch feste Nahrung ersetzt. Ihre Sahne bekam sie noch dreimal täglich zu trinken – morgens, abends und vor dem Schlafengehen. Dazwischen gab es drei Mahlzeiten mit püriertem Fleisch und allem anderen, was sie brauchte, um groß und stark zu werden.
Unsere kleine Gargoyle würde noch sehr lange ein Baby bleiben, aber wir bemerkten allmählich kleine Veränderungen. Aus dem jetzigen Kleinkindstadium würde sie erst in etwa fünfzig Jahren herausgewachsen sein, aber es gelang ihr immer besser, das Gleichgewicht zu halten, und sie lernte neue Wörter.
Während Smoky sie fütterte, ging Iris Hanna zur Hand, und als Shamas zur Tür hereinkam, war das Abendessen fertig. Er wusch sich rasch die Hände und setzte sich dann mit grimmiger Miene zu uns an den riesigen Eichentisch.
»Was ist?« Ich dachte, er sei bedrückt wegen der Entwicklungen in der Anderwelt, doch als er antwortete, wurde mir schnell klar, dass ich danebenlag.
»Wir haben ein Problem im Hauptquartier. Es gibt irgendeine neue Bewegung, und wir glauben zwar nicht, dass sie so gefährlich ist wie die Erdgeborenen Brüder, aber wir sind nicht ganz sicher, wie sie sich entwickeln wird.«
»Nicht noch so eine fremdenfeindliche Gruppierung?« Delilah ließ mit finsterem Gesicht die Schultern hängen. »Ich hatte gehofft, das hätte sich mit Andy Gambits Tod weitestgehend erledigt.«
»Nein, so etwas wohl nicht. Aber wir wissen eben noch nicht genau, was für eine Gruppierung das ist. In den letzten drei Tagen wurden eine Menge Teenager und Erwachsene als vermisst gemeldet, die offenbar davongelaufen sind, um sich diesem … Kult anzuschließen.« Shamas öffnete schwungvoll seine Serviette und legte sie sich auf den Schoß, während alle sich am Tisch versammelten.
Ich nahm meinen gewohnten Platz ein, was bedeutete, dass ich mit meinem Thermosbecher Blut mit Chili-Geschmack unter der Decke schwebte, damit am Tisch mehr Platz für diejenigen war, die tatsächlich etwas essen konnten.
Delilah reichte frisches Weißbrot herum. »Hat diese Bewegung einen Namen?«
Shamas zückte ein Notizbuch und klappte es auf. »Nicht, dass ich wüsste. Aber es gibt Hinweise darauf, dass mehrere Geisterjäger-Gruppen daran beteiligt sind, ein paar VBM -Hexenzirkel, und anscheinend haben sogar einige der neuen Feenorganisationen am Rande damit zu tun. Wir konnten noch nicht viel in Erfahrung bringen, aber Chase findet die Sache so besorgniserregend, dass er uns bittet, sich das mal anzusehen.«
»
Wir
heißt in diesem Fall …?« Smoky häufte Brot, Schinken, Süßkartoffeln, Salat und ein bisschen von allem anderen, was auf dem Tisch stand, auf seinen Teller.
»Du hast es erraten.« Shamas nahm die herumgereichte Weinflasche entgegen, schenkte sich ein Glas ein und gab sie an Vanzir weiter. »Wir heißt
wir
– alle am Tisch eingeschlossen. Ich soll nur außerhalb der Dienstzeiten nachforschen. Chase kann offiziell nichts unternehmen, weil keine Minderjährigen als vermisst gemeldet wurden. Aber mindestens vier Familien haben uns in den letzten paar Tagen von Angehörigen berichtet, die ihre gesamten Ersparnisse dieser Organisation gespendet, sämtlichen Kontakt zu Verwandten und Freunden abgebrochen haben und verschwunden sind.«
Sobald alle sich Essen aufgetan hatten, machten wir uns an die Besprechung. Über unseren Ausflug in die Anderwelt wussten schon alle Bescheid, ebenso über den Geisterangriff vergangene Nacht. Ich übernahm die Notizen, weil die anderen die Hände zum Essen brauchten.
Morio fing an. »Ich habe Carter besucht. Er ist zwar kein Experte für Geister, aber er konnte unsere Befürchtung bestätigen. Gulakah hat sein Hauptquartier irgendwo hier in Seattle aufgeschlagen, und niemand weiß, wo.«
Die Stille war ohrenbetäubend. Nur leises Kauen und Schlürfen war zu hören.
Ich hielt alles in Stichpunkten auf meinem Notizblock fest, auf dem ich schon Shamas’ Informationen und das bisschen notiert hatte, was wir über Telazhars Aufenthalt in der Anderwelt wussten. Die Lage war schon nicht mehr düster, sondern rabenschwarz. Ich räusperte mich.
»Wir wussten doch, dass er wahrscheinlich hier ist. Also haken wir das einfach als bestätigt ab und sehen weiter. Der Fürst der Geister wohnt jetzt in unserem
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