Vampirnacht
die Stirn. »Ich weiß es nicht. Vielleicht fragen wir lieber bei Aeval nach?«
Camille zuckte mit den Schultern. »Draußen in Talamh Lonrach Oll gibt es kein Telefon. Wie sollen wir sie so schnell erreichen?«
Ich warf einen Seitenblick auf Shade. Wir brauchten ihn bei Chase, und er konnte zwar Leute übers Ionysische Meer tragen, war aber nicht scharf darauf. Offenbar vertrug das Meer sich nicht mit seiner Schattenwelt-Energie. Aber Smoky …
»Sobald wir zu Hause sind, reist du mit Smoky übers Ionysische Meer dorthin. Ich muss schnell jemanden anrufen.« Ich wollte Camille nicht sagen, dass ich Ivana Krask anrief, denn dann würde sie explodieren und mich daran hindern wollen, und wir konnten es uns nicht leisten, jetzt Zeit mit Herumgezicke zu verlieren.
»Wen denn?« Camille musterte mich argwöhnisch.
»Lass mich einfach machen. Uns gehen allmählich die Mittel aus. Die ganze Stadt wird von Geistern überrannt, und jetzt rücken auch noch die Irrlichter an. Wir brauchen Hilfe. Vertrau mir einfach, verdammt noch mal.« Ich schob sie sacht zu ihrem Auto. »Fahrt los. Und du und Smoky geht zu Aeval, sobald du zu Hause angekommen bist.«
»Menolly, sei vorsichtig.« Doch als sie meinen Gesichtsausdruck sah, hielt sie den Mund. »Also gut. Wir sehen uns zu Hause.«
Wir verteilten uns auf die Autos. Ich warf einen Blick auf Chase, der sicher auf meinem Rücksitz lag. Wie wir ihn mitten durch einen Haufen Irrlichter ins Haus schaffen sollten, war eine andere Frage. Aber darum würden wir uns kümmern, wenn es so weit war.
Zornig schlug ich mit der Faust aufs Lenkrad, aber immerhin hatte ich genug Selbstbeherrschung, um nicht die Lenksäule zu zertrümmern. »Warum zum Teufel passiert uns das? Warum jetzt? Können wir nicht mal eine Pause haben?« Ich erwartete keine Antwort – und bekam auch keine. Nervös klappte ich mein Handy auf und rief Ivana Krask an, die Maid von Karask. Das war das Letzte, was ich tun wollte, aber ich sah keine andere Lösung.
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Kapitel 13
I vana Krask. Sie als Monstrosität zu bezeichnen, wäre freundlich untertrieben. Als eine der Alten Feen lebte sie nach ihren eigenen Regeln und beklagte sich ständig über den Mangel an »hellem Fleisch«, ihr fröhlicher Ausdruck für Babys. Roh serviert. Auf einem Teller. Ivana hatte auch einen netten kleinen Garten hinter dem Haus, wo sie die Geister einsperrte, die sie so gern quälte. Und ich hatte das Gefühl, dass das nur ein kleiner Einblick in ihre reizenden Possen war.
Sie nahm beim zweiten Klingeln ab. Es war verwunderlich, dass die Maid von Karask überhaupt Telefon hatte, aber manche der Alten Feen versuchten, sich in die moderne Gesellschaft einzufügen – und sei es nur, um weiterhin Chaos verbreiten zu können.
»Ivana? Hier ist Menolly.« Ich fragte mich, ob sie sich an mich erinnern würde, aber die Sorge hätte ich mir sparen können. Sie erinnerte sich ganz genau.
»Na, totes Mädchen. Wonach steht dir heute Nacht der Sinn?« Ihr Tonfall war fröhlich. Ich hatte offenbar einen günstigen Zeitpunkt erwischt.
Regel Nummer eins:
Niemals eine Alte Fee um einen Gefallen bitten. Wenn man eingesteht, dass man sie um Hilfe bittet, steht man auf ewig in ihrer Schuld, und die schneiden sie einem pfundweise aus den Rippen.
Regel Nummer zwei:
Respekt zollen. Aber niemals Angst zeigen, wenn man etwas von ihnen will. Angst würde einen in gewaltige Schwierigkeiten bringen.
Regel Nummer drei:
Niemals um Schulden bei einer Alten Fee drücken.
Regel Nummer vier:
Niemals, wirklich niemals einer Alten Fee den Rücken zukehren.
Alle anderen Regeln waren eine Frage der konkreten Umstände. Im Zweifel galt: Vergiss sämtliche Regeln und lauf um dein Leben. Denn wenn man fragen musste, was man als Nächstes tun sollte, würden sie einen jagen, bis man sich wünschte, man wäre längst tot.
»Ivana, ich dachte, du hättest vielleicht Interesse an einem Geschäft.
Wenn
du das Gewünschte leisten kannst.« Ich wartete auf die unvermeidliche Forderung.
»
Helles Fleisch?
Hast du helles Fleisch für dein Tauschgeschäft?«
Ihre hungrige Stimme jagte mir einen Schauer über den Rücken, und obwohl die meisten Leute mich als Monster betrachten würden, wusste ich nur zu gut, dass sie viel, viel schlimmer war, als ich jemals sein könnte.
»Kein helles Fleisch«, schalt ich sie. »
Niemals
helles Fleisch! Aber feinstes Rind oder fette Hühner.«
Sie klang enttäuscht. »Du bist erbarmungslos, totes Mädchen. Aber … ich glaube,
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