Vampirnacht
Morio schauten ebenso besorgt drein wie Shade, und ich fragte mich, was zum Teufel sie wohl herausgefunden hatten. Ich behielt die Wände im Auge, falls irgendwo blutiges Ektoplasma oder fliegender Hausrat erscheinen sollten. Das Leben war mir im Moment ein bisschen zu geistreich.
Mallen kehrte sehr schnell mit mehreren Sanitätern und einer Frau zurück, die förmlich nach Magie stank. Ich starrte sie an, und als sie mir kurz zulächelte, sah ich ihre Fangzähne blitzen. Verdammt, sie war ein Vampir.
Mallen bedeutete mir mit einem Nicken, dass wir jetzt gehen sollten, aber ich war noch nicht so weit. Ich scheuchte die anderen hinaus, trat aber dann zu dem Elf und der Vampirin.
»Du bist von meiner Art.« Ich blickte zu ihr auf – wie so ziemlich jeder war sie größer als ich.
Sie musterte mich kurz und zuckte mit den Schultern. »Wir trinken beide Blut, aber ansonsten sind wir kaum vergleichbar.« Nach dieser Abfuhr wandte sie sich Mallen zu. »Wenn du möchtest, dass ich beginne, schick
sie
bitte hinaus.«
Verärgert blieb ich, wo ich war. »Ich lasse keine Vampirin hier bei meinem Freund, solange ich nicht weiß, wer du bist und was genau du hier tust. Wenn dir das nicht passt, können wir das auch draußen klären, Schwester.«
Sie baute sich vor mir auf. »Führe mich nicht in Versuchung. Dass Roman dich zu seiner Schlampe gemacht hat, schützt dich nicht vor eventuellen Unfällen. Du hast deinen Meister vernichtet und sitzt überall auf dem Ehrenplatz? Ich spucke auf dich.« Sie stieß mir den Zeigefinger vor die Brust, und ich versetzte ihr eine Ohrfeige, dass sie sich unsanft auf den Hintern setzte.
Damit hatte sie offensichtlich nicht gerechnet. »Ich sollte dir den Hals aufreißen.« Sie sprang auf und strich ihr Kleid glatt.
»Versuch es ruhig. Du wirst schon sehen, wie weit du kommst. In meinen Adern fließt das Blut eines der berühmtesten Vampire der Weltgeschichte. Willst du dich wirklich mit mir anlegen?« Ich hob die Hand und stieß sie von mir.
Sie wollte sich gerade auf mich stürzen, als Mallen zwischen uns trat. »Das reicht. Charlotine, bitte – die Banne.« Er wandte sich mir zu. »Komm mit – nein, Schluss jetzt«, fügte er hinzu, als ich protestierte. »Sie wird ihm nichts tun, darauf gebe ich dir mein Ehrenwort.«
»Dann will ich hoffen, dass dein Ehrenwort vergoldet ist.« Ich folgte ihm hinaus auf den Flur. »Was denkst du dir eigentlich dabei, eine fremde Vampirin in die Nähe eines bewusstlosen VBM zu lassen? Ist das dein Ernst?«
Als ich ihm einen – leichten – Stoß versetzen wollte, packte Mallen meine Handgelenke. »Ich habe dich noch nie so hysterisch erlebt. Was ist denn los mit dir?« Aus nächster Nähe roch ich seinen sauberen, frischen Duft wie nach grünen Blättern. Sein Blut pulsierte unter der Haut, und ich hörte sein Herz schlagen.
»Mallen, zurück. Bitte.« Ich hielt mich fest im Zaum, während er zurücktrat, und zwang meine Fangzähne, wieder einzufahren. Dass ich schon wieder nach einem Freund dürstete, beunruhigte mich sehr. »Chase ist unser Freund. Er gehört praktisch zur Familie. Du bringst eine fremde Vampirin – die sich nebenbei wie eine neidische Zicke aufführt – zu ihm hinein. Und sie stinkt nach Magie. Da fragst du dich noch, warum ich mich aufrege?«
»Wegen ihrer Magie ist sie ja hier. Sie wird die Banne aufbauen, die ihn schützen sollen. Sie ist eine sehr mächtige Zauberin und arbeitet normalerweise in Elqaneve für Königin Asteria. Sie macht zufällig gerade hier Urlaub, und ich habe sie zu Hilfe gerufen. Sie ist alt, Menolly, sehr alt, und du kannst ihr vertrauen, auch wenn ihre Manieren vielleicht zu wünschen übriglassen.«
Ich schüttelte den Kopf. »Einem Vampir kann man nie vertrauen. Nicht einmal mir – nicht ganz und gar. Na schön, lass sie ihre Banne aufstellen. Aber tu mir einen Gefallen: Geh schleunigst wieder da rein und behalte sie im Auge.«
Ehe er etwas erwidern konnte, drehte ich mich um und ging.
Als ich den Warteraum betrat, winkte Shade mich zu sich herüber. »Ich weiß, womit wir es zu tun haben und warum Lindseys Gruppe sich so schlapp fühlt.
Bhutas.
«
»Bu… was? Von denen habe ich noch nie gehört.« Ich sah zu Camille hinüber, um festzustellen, ob ihr der Name etwas sagte, doch sie blickte genauso verwundert drein wie ich. Morio jedoch machte ein sehr ernstes Gesicht.
»Ja, natürlich – ich habe gar nicht an sie gedacht, weil sie so selten sind. Aber das passt. Bhutas …
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