Vampirnacht
Wunder, wenn sie Zwillinge erwartete.
Ich wechselte die Spur und nahm die Ausfahrt. Frank wohnte nördlich von Mountlake Terrace auf einem Hof, der fast noch in dem Vorort lag. Seine Farm war nicht groß, aber gepflegt und ordentlich und lieferte gerade genug Fleisch für seine Familie und einige Freunde. Camille behauptete, er mache die besten Würstchen, die sie je gekostet hatte, also kauften wir unser gesamtes Schweinefleisch bei ihm. Nicht, dass ich es je schmecken würde, aber der Rest der Familie mochte es sehr.
Das Tierblut, das wir von ihm kauften, war auch nicht übel. Ich schmeckte niemals Antibiotika oder Hormone heraus wie in einigen Sorten des Blutes, das im Handel angeboten wurde.
Ich ging vom Gas und bog in die private Zufahrt ab. Hier wohnten viele Kinder, darunter Franks drei Töchter, und eine Menge Tiere liefen herum, also fuhr ich sehr langsam. Die paar Straßenlaternen halfen nicht viel. Erleichtert stellte ich fest, dass auch im Haus noch Licht brannte. Ich parkte, stieg aus und rannte zur Tür, denn der Regen prasselte immer noch herab.
Als ich klingelte, war drinnen gedämpfter Lärm zu hören, und dann öffnete Esme die Tür, Franks jüngste Tochter. Sie war etwa acht Jahre alt – welchem Alter auch immer das in Werjahren entsprechen mochte – und starrte mit großen Augen zu mir hoch. Ihr lockiges Haar war zu einem Pferdeschwanz zurückgebunden, und sie trug einen bescheidenen Pullover und schlichte Halbschuhe. Frank achtete darauf, dass seine Töchter sich nicht aufmotzten, sondern altersgerecht herumliefen.
Esme rief über die Schulter zurück: »Dad! Miss Menolly ist hier.« Dann wandte sie sich wieder mir zu und knickste mit ernster Miene, den Daumen schief im Mund. »Dad kommt gleich.«
»Danke sehr«, sagte ich und unterdrückte ein Lächeln. Sie war unbeschreiblich niedlich.
Gleich darauf erschien Frank hinter ihr. Er öffnete die Fliegengittertür. »Menolly, stimmt etwas nicht? Ist dir das Blut ausgegangen? Komm herein.« Seine Besorgnis rührte mich. Er hätte mich ohne weiteres draußen warten lassen können, doch er ging einfach davon aus, dass ich Hilfe brauchte, und ließ mich ein.
»Danke, Frank. Es tut mir leid, dass ich so spät noch hereinschneie, aber es geht wirklich um … na ja, nicht direkt Leben und Tod, aber wir haben da ein Problem mit ein paar Irrlichtern und brauchen deine Hilfe.«
»Ich habe keine Ahnung, wie man mit Kadaverkerzen fertig wird, Menolly.« Er führte mich ins Wohnzimmer.
»Ach so, nein, ich brauche deine Hilfe wegen etwas anderem. Nämlich, also …«
Ich setzte mich in den Sessel, auf den er zeigte. Franks Haus war schlicht eingerichtet, aber geschmackvoll, gemütlich und anheimelnd. Lächelnd betrachtete ich das Familienfoto über dem Kaminsims. Es war neu, und die Willows waren ein gutaussehender Clan.
»Was brauchst du denn?« Frank Willows war groß und breitschultrig. Durch sein schwarzes Haar zog sich eine weiße Strähne, und er hatte fleischige Lippen. Er sah aus wie ein echter Bauer und war stolz auf seine Arbeit. Seine Frau war in der IT -Branche, doch sie setzte sich nur selten auf ein Schwätzchen zu uns. Frank hatte in diesem Haus eindeutig das Sagen, wie es bei Werwölfen üblich war, doch ich sah nie irgendein Anzeichen dafür, dass er seine Macht missbrauchte. Und wir hatten noch kein einziges schlechtes Wort über ihn gehört.
Ich räusperte mich. »Ich brauche ein Ferkel, ein ganz junges. Möglichst noch roh.«
Frank starrte mich an. »Das ist deine Lösung für eine Irrlichterinvasion? Ich wusste gar nicht, dass die Schweinefleisch so mögen.« Er gestattete sich ein Lächeln.
»Na ja, nein. Oder vielmehr … Ich habe eine Alte Fee engagiert, die sich um sie kümmern soll, und sie verlangt einen ›Quieker‹, ein Ferkelchen. Es ist besser, ihre Forderungen einfach zu erfüllen, als sich irgendwie darum herumzumogeln.«
Franks Heiterkeit verflog auf der Stelle. »Du hast eine der Alten Feen zu Hilfe gerufen? Bist du lebensmüde?«
Ich zuckte mit den Schultern. »Ich bin schon tot, also ist das unerheblich. Im Ernst, ich habe schon einmal mit ihr zusammengearbeitet, und sie war sehr nützlich. Wir finden einfach keine Möglichkeit, die Biester loszuwerden, aber sie kann es.« Ich tippte mit dem Zeigefinger auf das blaue Polster des Sessels und sagte: »Ich weiß, dass das ein potenzielles Himmelfahrtskommando ist, Frank, aber wir haben zurzeit eine Menge wichtigere Probleme, von denen wir uns nicht
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