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Vampirzorn

Vampirzorn

Titel: Vampirzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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schweifen.
    War da nicht ... etwas? Ein Gefühl wie ... Vorfreude? Zu Hause in Indien züchtete Singh Venusfliegenfallen. Ihre unbewusste Gefräßigkeit – ihre Gier nach kleinen Lebewesen hatte ihn stets fasziniert. Da es sich um Pflanzen handelte, waren keinerlei Gedanken im Spiel, doch hatten sie ebendiese Aura um sich. Wie eine Spinne, die auf ihr Opfer lauert.
    Auf ihr Opfer ...?
    Mit einem Mal kehrte Leben in ihn ein. Er rief seinen Männern, die gerade am Vorsprung des Alten John anlangten, eine Warnung zu.
    Die drei auf dem Felssims hörten ihn rufen, gleichzeitig tauchten zwei Arme und ein rasierter Schädel über der Kante des Simses auf. Der Alte John trat vor. »Einen schönen guten Morgen«, knurrte er, »du schlitzäugiger gelber Bastard.« Damit trieb er dem Drakul die Spitze seines Kletterstiefels tief in den weit aufgesperrten, mit scharfen Zähnen gespickten Rachen. Zähne splitterten, das Blut schoss hervor, und im nächsten Augenblick stürzte der Drakul in die Tiefe; der andere Tibeter unter ihm klammerte sich an einen Felsspalt, als der Körper seines Gefährten an ihm vorübersauste.
    Krampfhaft bemüht, mit einem Fuß Halt zu finden, einen Arm um das Seil geschlungen, versuchte er, den Gurt seiner Maschinenpistole von der Schulter zu bekommen. Irgendwie schaffte er es, es gelang ihm sogar, den Lauf auf die drei zu ihm hinabblickenden Gesichter zu richten – doch dann zog der alte John sein rasiermesserscharfes Klappmesser wie beiläufig über das straff gespannte Seil.
    Da der Drakul seinen Fuß in einen Spalt gezwängt hatte, brach zunächst der Knöchel, ehe er freikam. Mit einem schrillen, sonderbar fremd anmutenden Schrei fiel er mitsamt dem Seil in einem Gewirr abgerissener Blätter ins Leere. Ein kurzer Feuerstoß verpuffte harmlos in der Luft und beschleunigte nur seinen Sturz. Der alte John nickte beifällig, seinen Gefährten das durchtrennte Seilende unter die Nase haltend. »Das war’s«, sagte er. »Ein kleiner Trick. Und jetzt weiter ...«
    Tief unter ihnen fluchte Singra Singh, mit aufgerissenen Augen und weit ausgebreiteten Armen eng an die Felswand gepresst, vor Wut und Fassungslosigkeit bebend, leise vor sich hin, als der letzte seiner Knechte mit voller Wucht zwischen den Felsbrocken aufschlug, die vor Zeiten von oben herabgestürzt waren, und zerschmettert wurde. Noch nicht einmal Singhs Knochen wären bei einem solchen Sturz heil geblieben; selbst wenn er ihn unter Umständen überlebt hätte, hätte er doch zumindest schwerste Verletzungen davongetragen. Und diese Tibeter waren lediglich Knechte; ihre Knochen splitterten, und ihr Fleisch wurde zu Brei zermalmt. Damit war Singh auf sich allein gestellt.
    Aber Befehl war nun einmal Befehl, und der letzte wahre Drakul im Kloster Drakesh erwartete, dass man seinen Anweisungen Folge leistete – bis zum bitteren Ende. Singra Singh war der Letzte seiner Truppe, und er war kein Mann, der sich von bloßen Knechten ... überdies auch noch Hunde- Knechten ... ins Bockshorn jagen oder gar lächerlich machen ließ!
    Er schwor sich, dass sein Gebieter stolz auf ihn sein würde. Und das war auch bitter nötig, wenn Singh ihm jemals wieder unter die Augen treten wollte. Im Moment jedoch ... gab es gewiss noch andere Möglichkeiten, diesen Hang hinaufzugelangen. Er war ein erfahrener Leutnant und würde schon einen Weg finden. Und der Aufstieg würde ihm so leichtfallen wie ein Spaziergang in den Wäldern.
    Danach, nun, was danach kam, könnte nicht ganz so einfach werden – aber alles war mit Sicherheit besser, als seinem Gebieter erklären zu müssen, weshalb er versagt hatte ...

TEIL FÜNF: WIEDERERWECKUNGEN UND ÜBERGÄNGE

ERSTES KAPITEL
    RADUS ERWECKUNG.
    JOHNS HÜTTE WIRD BELAGERT.
    Hoch oben auf der Klippe, auf dem eine kleine Ebene bildenden, dem gewaltigen Massiv der Cairngorms vorgelagerten Vorsprung, trottete Johns kleine Schar durch ein Waldstück, das seit Jahrhunderten kein Mensch mehr betreten hatte. Ihr Ziel lag im Nordwesten, der Fuß eines noch höheren, weitaus schwierigeren Anstiegs. Doch erneut kannte der Alte John einen Weg den scheinbar lotrechten Hang hinauf. Danach wäre das Vorankommen leichter. Das Gelände stieg dann nur noch allmählich an und führte über verwitterte Felsen, sich in Spalten klammerndes Heidekraut und verkrustete, schneegefüllte Mulden an vereinzelten, windgebeugten Kiefern vorbei.
    Es wurde halb elf Uhr vormittags, bis sie jene höher gelegene Erhebung erreichten, die karge, sanft

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