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Vampyr

Vampyr

Titel: Vampyr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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sagt dem Earl, dass ich ihn morgen aufsuchen werde.« Dann trieb er sein Pferd an und ritt zum zweiten Mal in dieser Nacht durch das Burgtor hinaus.
    Geisterhaft bleicher Nebel schimmerte kalt im Mondschein. Feuchte Kälte kroch aus den Bergen und durchdrang das Land. Daeron zog den Mantel enger und trieb sein Pferd an. Die Hufe donnerten über den steinigen Weg, der sich wie eine breite Schlange den Berg hinabwand. Es war nicht weit nach Asgaidh und mit dem Pferd würde er den Ort in kürzester Zeit erreichen. Nur noch am Cáil entlang, dann hätte er bald die ersten Häuser erreicht.
    Das Rauschen des Flusses wurde lauter. Lediglich eine Reihe Büsche und ein schmaler Streifen Ufergras trennten den Fluss jetzt noch vom Weg. Durchdringender Torfgeruch erfüllte die Luft. Eine Wolke verdunkelte den Mond und ließ den Weg in tiefe Schatten versinken. Daeron zügelte sein Pferd und zwang es zu einer langsameren Gangart. Plötzlich scheute das Tier und stieg wiehernd auf. Ein kräftiger Druck in die Flanken, dann hatte er es wieder unter Kontrolle. Er spürte, wie das Pferd unter ihm erzitterte und kurz davor war, durchzugehen. Hastig packte er den Zügel fester und brachte das Tier zum Stehen.
    Am Wegesrand glaubte er eine Bewegung auszumachen. Er schaute genauer hin. Halb hinter einem Gestrüpp verborgen stand ein Wolf und starrte ihn an. Daerons Hand glitt zur Pistole. Die gelben Augen des Tieres schienen voller Gier auf ihn gerichtet. Etwas ragte ihm aus dem Maul. Vermutlich hatte der Wolf ein Schaf gerissen.
    Langsam gaben die Wolken den Mond wieder frei. Bleiches Licht flutete über die Welt und tauchte den Wolf in silbernen Glanz. Er war groß, weit größer als die meisten seiner Artgenossen. Sein Fell struppig, die Augen leuchtend. Er ließ seine Beute fallen, warf den Kopf in den Nacken und stieß ein durchdringendes Heulen aus. Der Laut fuhr Daeron geradewegs unter die Haut. Aus der Ferne erscholl das Heulen eines weiteren Wolfes. Einen Moment noch stand das Tier da, dann lief es davon.
    Daerons Blick folgte ihm, bis er eins wurde mit der Nacht. Er wollte gerade weiterreiten, als seine Augen dorthin zurückkehrten, wo eben noch der Wolf gestanden hatte. Im Gestrüpp lag etwas. Die Beute des Wolfes. Angestrengt spähte Daeron zwischen den Sträuchern hindurch. Da glaubte er menschliche Formen im fahlen Mondschein zu gewahren. Catherine ist diesen Weg gegangen. Eine eisige Hand griff nach Daeron. Er sprang aus dem Sattel. Die Pistole in der Hand rannte er auf die Stelle zu. Was, wenn sie … Dann erkannte er, was es war. Ein abgetrennter Arm. Fleischstücke aus dem Leib gerissen. Ein Kilt voller Schlamm und Blutflecken. Daeron hielt abrupt inne, als die Nacht ihr schreckliches Geheimnis schließlich preisgab. Von unsagbarem Grauen erfüllt starrte er auf Hauptmann Farrells Leichnam.
     
    *
     
    »Nein, Herr, ein Mädchen ist nicht hier.« Angus, der beleibte Messdiener, der auf Daerons Klopfen hin an der Tür des Pfarrhauses erschienen war, schüttelte den Kopf. Kerzenschein kroch aus dem Innern des Hauses und hüllte den Mann in eine flackernde Aura.
    Daeron schluckte einen Fluch hinunter. Catherine war nicht in der Kirche gewesen, deshalb hatte er sich entschlossen, es im Pfarrhaus zu versuchen. Sein Blick wanderte die Straße entlang. War ihr etwas zugestoßen, so wie Farrell? Der Hauptmann war schon länger tot gewesen. Aber wie war das möglich? Er hatte doch eben noch mit ihm gesprochen!
    Farrell … tot … Vater! , dröhnten Catherines Worte in seinem Kopf. Hatte sie es gewusst? War es das, was sie ihm hatte sagen wollen, ehe er aufgebrochen war? Konnte es möglich sein, dass Roderick Bayne am Leben war? Warum sonst sollten sich seine einstigen Verbündeten plötzlich so weit hervorwagen?
    »Tretet ein. Ich hole Vater Ninian, damit er sich Eurer Verletzung annimmt.«
    Daeron war so in Gedanken versunken, dass die Worte des Dieners erst nach einer Weile zu ihm durchdrangen. Zum ersten Mal seit seiner Befreiung erinnerte er sich der Wunde, die Murdoch ihm zugefügt hatte. »Danke, aber ich muss –«
    »Das Mädchen suchen?«, vollendete Angus seinen Satz. Als Daeron nickte, meinte der Messdiener: »Vielleicht hat Vater Ninian sie gesehen. Jetzt kommt schon herein!« Er machte einen Schritt zur Seite um ihn einzulassen.
    Daeron trat über die Schwelle und folgte Angus über den Flur in ein Arbeitszimmer. Die einzige Lichtquelle war ein Feuer im Kamin, dessen zuckende Schattenfinger sich quer durch den

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