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Van Helsing

Van Helsing

Titel: Van Helsing Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Ryan
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sagte: »Mama?«
    Ihre Mutter lächelte, und Anna wusste, dass ihr nicht gefallen würde, was als Nächstes kam. »Anna, in ein paar Jahren ...«
    »Aber ich bin kein Kind mehr.« Erneut überschlug sich Annas Stimme.
    Mama lächelte wieder, und am liebsten hätte Anna geschrien. »Aber, Schatz, du bist ein Kind. Du bist erst zwölf. Sei nicht so ungeduldig.«
    » Velkan ist erst vierzehn.«
    »Zwei Jahre älter als du«, sagte Velkan spitz.
    »Du lässt ihn nur gehen, weil er ein Junge ist«, klagte Anna.
    Mama seufzte nur, statt zu antworten. Nach einem Moment trat Velkan vor und sagte sanft: »Anna, Papa hat neue Pläne. Wenn wir Glück haben, ist alles vorbei, bevor du alt genug bist, um zu gehen. Vielleicht musst du nie tun, was wir tun werden.«
    Seine sanfte Stimme, der herablassende, besorgte Ausdruck auf seinem Gesicht... Unvermittelt stiegen ihr Tränen in die Augen. Sie war entsetzt. Brüsk wandte sie sich ab und rannte in ihr Zimmer.
    Es war so ungerecht. Er verstand sie nicht, genauso wenig wie Mama. Sie wollten sie beschützen, als wäre sie ein hilfloses Kind – aber das war sie nicht. Sie war stark und konnte gut mit dem Schwert umgehen, fast so gut wie Velkan. Sie wollte unbedingt helfen, wollte, dass ihre Eltern stolz auf sie waren, und dass Velkan das in ihr sah, was sie war: seine ebenbürtige Partnerin.
    Papa kam nicht einmal eine Stunde später nach Hause, doch Anna ging nicht nach unten, um ihn zu begrüßen. Stattdessen schlich sie zur Treppe und lauschte, wie Papa, Mama und Velkan in der Waffenkammer miteinander sprachen. Velkan und Mama lachten, als sie Papa von ihrem Streit erzählten. Papa lachte nicht. Er sagte nur zu Mama: »Sie ist willensstark, Schatz. Das hat sie von ihrem Vater.« Der hörbare Stolz in seiner Stimme tat Anna gut.
    Sie wartete still, bis die Männer aus dem Dorf kamen, ihre Waffen holten und die ganze Gruppe ging. Danach rannte sie in ihr Zimmer und wartete auf Mama, die ihr Tee brachte.
    »Geht es dir gut, Anna?«
    »Ja, ich ... tut mir Leid wegen vorhin.«
    »Ist schon in Ordnung. Bitte vergiss nicht: Wir alle, auch Velkan, wollen nur das Beste für dich.«
    »Weiß ich doch, Mama.« Dann, Gott sei Dank, verließ ihre Mutter das Zimmer. Anna wartete, bis sie hörte, wie die Tür von Mamas Schlafzimmer geschlossen wurde, dann brach sie auf. Am liebsten hätte sie gewartet, bis Mama schlief, aber sie wusste, ihre Mutter würde nicht eher ruhen, bis Papa und Velkan gesund und wohlbehalten von der Jagd zurückgekehrt waren.
    Anna schlüpfte in ihre schwarze Reitkleidung, der beste Schutz vor Entdeckung in der Dunkelheit. Als sie aus dem Fenster spähte, sah sie den Vollmond niedrig am Himmel stehen. Es war die erste Nacht des Herbstmondes, die hellste des Jahres. In anderen Ländern, so wusste sie, erlaubte das Licht des Herbstmondes den Bauern, ihre Felder bis spät in die Nacht zu bestellen. Das war hier zweifellos unmöglich, doch eines Tages würde es wieder so weit sein. Dank ihrer Familie – und vielleicht ihr – würde der Herbstmond wieder ein Symbol des Lebens und nicht der Furcht und des Todes sein.
    Sie schlich die Treppe hinunter und schlüpfte in die Waffenkammer. Die Diener waren alle in ihren Zimmern. Bei Vollmond bewegten sich die Menschen so wenig wie möglich, was es Anna erlaubte, frei durch das Haus zu streifen.
    Sie nahm keine Rüstung, da sie nicht wollte, dass irgendetwas sie behinderte. Anna würde sich beeilen müssen, um ihren Vater einzuholen. Was wohl geschehen würde, wenn sie ihn fand? Zuerst würde er wütend sein, sie aber dennoch für die Dauer der Jagd bei sich behalten müssen. Wenn er sah, wie sie sich schlug, würde er zugeben müssen, dass sie bereit war. Und hinterher würde er stolz auf sie sein.
    Anna nahm ein Schwert, eine der größeren Waffen. Es war ziemlich schwer, aber sie wollte verdammt sein, wenn sie zuließ, dass sie vor Velkans Augen das Kurzschwert eines Kindes trug. Dann griff sie einige Wurfsterne und die wichtigste aller Waffen: den silbernen Dolch.
    Schließlich trat Anna ans Fenster und öffnete es. Sie konnte unmöglich eine der Türen benutzen. Sie würde Lärm machen und riskieren, dass jemand sie hörte und aufzuhalten versuchte. Rasch kletterte sie auf die Fensterbank, schwang die Beine nach draußen und zögerte einen Moment.
    Sie hatte Gewissensbisse, weil sie ihre Familie täuschte, doch ihr Vater hatte es selbst gesagt: Sie war willensstark. In Kürze würde ihre Familie herausfinden, wozu sie fähig

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