Vandark - Ein Spooky-Abend am Kamin
unverständig an und glaub te mir wohl kein Wort. ‚Da war niemand. Und die Türe war versperrt – sowohl gestern Abend, als ich zu Bette ging, als auch heute Morgen, als ich Holz für den Herd holte.‘ Ich werde den Ausdruck in ihrem Gesicht nicht vergessen. Ich glaube, sie hielt mich für etwas verrückt.
Wie dem auch sei, ich hielt gestern die Augen offen und blieb in Lamorna Cove, denn ich hätte sicher nicht mit begierigem Blicke Steine untersuchen können. Ich suchte. Doch ich sah niemanden, der dem Wesen des Vorabends auch nur ansatzweise geglichen hätte.
So lag ich dann gestern Abend erwartungs- und hoffnungsvoll auf meiner Schlafstatt. Doch nichts geschah.
Aber glaube mir, lieber Freund, ich bin mir ganz sicher, dass sie am Abend zuvor da gewesen war.
Ich weiß, das liest sich sicher alles etwas unglaublich . Eine junge Frau hat im Zimmer eines Fremden nichts zu suchen. Vor allem nicht eine Frau von solcher Anmut. Ob sie sich verlaufen hatte? Und die verschlossene Tür? Was sagst Du zu alledem? Ich stürze mich auf jeden Fall gleich wieder in meine Arbeit. Doch vergessen werde ich die Frau keinesfalls. Und vielleicht entdecke ich sie doch hier irgendwo.
G ehab‘ dich wohl
Dein Matthew“
„Schon wieder eine weiße Frau, die des Nachts erscheint – das kann nicht gut enden“, murmelte Melanie. Vorsichtig legte sie das alte Schriftstück wieder zusammen und studierte neugierig die mit derselben Handschrift verfasste Eintragung direkt auf jener Tagebuchseite, an der der Brief eingesteckt gewesen war.
„Ich gab den Brief soeben bei der kleinen Post- und Kutschstation ab. Georges direkter Rat wäre mir jetzt sehr willkommen. George Stockton ist nicht mein einziger, aber sicher mein bester Freund. Wie sagt man – ein Freund fürs Leben. Seit unserer gemeinsamen Studienzeit. Ich weiß, er würde die Zeit hier in Cornwall genau so genießen wie ich. Aber leider hat er als Zeitungsverleger anderes zu tun als Steine zu untersuchen oder in der Erde zu buddeln. Aber das ist ja gerade das Gute. Er ist nicht so ein Fachidiot wie ich und meine Archäologie-Kollegen. Ich diskutiere gern mit ihm.
Ich werde gleich die Kutsche besteigen, um mich zu den Merry Maidens hinausfahren zu lassen. Meine Arbeit kann nicht länger warten.“
Melanie steckte den Brief wieder in die Enge der Seitenbindung und blätterte um. Auch hier steckte eine Nachricht von Matthew an George.
„Lieber George!
Sicher überrascht es Dich, schon wieder einen Brief von mir zu erhalten. Nur einen Tag nach dem gestrigen. Doch es hat sich wieder etwas für mich wichtiges ereignet. Ich weiß, wie sie heißt!
Violet! Welch bezaubernder Name! Ein trefflicher Name für ein Geschöpf, das wahrlich einer Blume gleicht.
Ja, sie war wieder da. Ich lag am gestrigen Abend wieder in meinem Bett, als ich vor dem Fenster Schritte vernahm. Ich eilte um hinauszuschauen. Da sah ich sie! Sie schlich durch die Büsche, blieb alle zwei, drei Schritte stehen, um sich zu bücken, richtete sich wieder auf. Ich beobachtete ihr Treiben und bemühte mich , dabei nicht gesehen zu werden. Nach vielleicht zwei Minuten öffnete ich vorsichtig und leise das Fenster und stieg hinaus. Doch schon mein zweiter Schritt außerhalb des Hauses ließ den losen Kies knirschen. Die Frau fuhr erschrocken herum. Ich legte meinen Finger auf meinen Mund, um ihr klar zu machen, dass ich nicht wollte, dass sie oder ich entdeckt würde. Offenbar flößte ihr diese Geste Vertrauen ein. Sie verschwand nicht. Und ich bin mir sicher – wäre sie in den Büschen verschwunden, ich hätte ihr wieder nicht folgen können.
Langsam ging ich auf sie zu. Das blasse Mondlicht ließ ihr Antlitz noch besser als zuvor erscheinen. Sie lächelte! Und ihre hellweißen Zähne funkelten zwischen den Lippen hindurch.
‚Ich bin Matthew‘, flüsterte ich. Sie nickte ganz leicht. Doch sie machte keinerlei Anstalten, ihrerseits zu sprechen.
‚ Kann ich dir helfen?‘ Auf diese Frage zuckte sie nur mit den Schultern als wolle sie sagen, dass sie das nicht wisse.
‚Wie heißt du ?‘ Als sie nicht reagierte, wiederholte ich die Frage noch einmal und fügte ein deutliches ‚bitte‘ hinzu.
‚ Violet.‘
‚Was machst du hier ?‘
‚Ich suche .‘
Wieder die gleiche Antwort wie zwei Tage zuvor.
‚Kann ich dir helfen?‘ Ich erwartete die gleiche Reaktion wie beim ersten Mal. Doch jetzt flüsterte sie zurück.
‚Vielleicht. Du scheinst sehr nett zu sein .‘
Ich fragte,
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