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Variationen zu Emily

Variationen zu Emily

Titel: Variationen zu Emily Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Saarmann
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ich werde wirklich sentimental ... Andrea! ... ah, sie schaut her ... noch ein Bier, bitte, dazu einen Tequila und einen Espresso ... gegen den Durst, für die sanften Gefühle, gegen Schläfrigkeit ... in dieser Reihenfolge ... die Tür! ... ach, nur dieses dürre Mädchen ... diese Unzufriedene, Arrogante mit der Geiernase ... die neulich mit dem Schreiber flirtete ... geht auch gleich zu seinem Tisch ... er erschrickt, als er sie sieht ... dann lächelt er ... zu dem, was sie zu sagen hat ... stehend vor ihm ... als würde sie betteln ... jetzt steht er auch auf ... rückt ihr einen Stuhl zurecht ... sie setzen sich ... er räumt seine Papiere zusammen ... Feierabend ... wohl auch wieder ein Paar ... hatten anscheinend gestritten ... nach so kurzer Zeit ... übrigens eine Disziplin, in der ich auch ziemlich schlecht bin ... ich möchte mich dann immer verkriechen ... Christiane konnte ja recht drastisch werden ... du schlappschwänziger Gipsbetatscher, hat sie mal gesagt ... ich bin dem einfach nicht gewachsen ... meine Eingeweide verknäulen sich regelrecht ... mein Hals wird trocken ... meine Zunge dick ... mein Gehirn ein Sumpf ... ich bin weder schlagfertig ... noch schaffe ich es, aggressiv zu werden ... und das braucht es wohl, um wirkungsvoll zu streiten ... ich ducke ab ... schaue möglichst einfältig ... das Aufstehen und Raumverlassen ist meine einzige und letzte Waffe ... die allerdings manchmal erstaunlich gut wirkte ... Christiane, die sich nie wirklich Mühe gegeben hatte, mich kennenzulernen, hielt das für Gelassenheit ... oder Coolness, wie die Kids das heute nennen ... dabei könnte ich jedes Mal heulen ... wenn sich zwei Menschen schlecht behandeln ... meistens wollen sie es ja gar nicht ... können nur nicht anders ... sind einfach unterschiedlich angetrieben ... und haben trotzdem etwas gemeinsam, was sie aneinander festhalten lässt ... wer war das noch, der immer wieder einen Felsbrocken den Berg hochstemmt ... Diogenes? Damokles? Tantalus? ... sollte ich eigentlich wissen ... humanistische Bildung nennt man das, du verwahrloster Akademiker ... klar, Sisyphos ... das Ding haut am Gipfel jedenfalls immer wieder ab ... stürzt ins Tal zurück ... und was macht das arme Schwein ... geht hinterher und schiebt es wieder hoch ... so ähnlich ist das mit dem Zusammenleben ... in den besten Momenten glaubt man, es wäre geschafft ... die andere Zeit ist angefüllt mit Plackerei und der maßlosen Enttäuschung ... wenn einem alles wieder zu entgleiten scheint ... nein, ich brauche diesen Felsbrocken nicht ... ich sitze lieber allein auf dem Gipfel ... und schaue mir die Formen und Farben an ... staune über die Wunder ... und darüber, dass ich all das wahrnehmen darf ... dann ist das Leben schön ... Himmel, dieser Tequila macht mich ganz kribbelig ... und keiner da, den ich fragen ... dem ich all das erzählen kann ... warum kommt Tom nicht ... von den anderen ist ohnehin nicht mehr viel zu sehen ... ihm macht das nichts aus ... er glaubt wahrscheinlich, dass an anderen Abenden alle hier sitzen ... wie damals ... da war er mit Wilma zusammen ... und immer fanden sich hier sechs bis acht von uns ein ... er war dabei ... fühlte sich überflüssig zu Hause ... eigentlich war er der Motor ... lud uns ein ... damals sprach er noch nicht so viel von sich selbst ... animierte eher zum Erzählen ... und hörte zu ... gab seine kurzen, treffenden Kommentare ... ein guter Typ, dieser Tom ... wahrscheinlich würden einige wieder kommen ... wenn sie wüssten, dass er regelmäßig auftaucht ... Lars, Michael, Jürgen ... Jürgen bestimmt ... die blieben doch nur aus, weil er sich zurückgezogen hatte ... viel Streit, Trennung, Schlichtung, Scheidung ... sehr schade ... Wilma war ein gutes Mädchen ... aber zu jung ... wusste auch noch nichts vom Leben ... komisch, dass er davon nie erzählt ... wahrscheinlich zu schmerzhaft ... sie ist ja dann mit so einem komischen Vogel ins Ausland gezogen ... Frank hieß der ... ziemlich verrückt, soviel ich weiß ... Mann, jetzt wird mir aber anders ... wie auf einem Schiff ... aber angenehm ... hey, wo kommst du denn auf einmal her? ... setz dich ... Zigarette? ... ich warte schon den ganzen Abend auf dich ... Andrea, zwei Bier ... ich muss dir was erzählen ...
     
     
     

27. RULE BRITANNIA IX
     
     
    Was sagst du? Deine Skulpturen verkaufen? Endlich wirst du vernünftig. Was? Ich? Klar, kann ich machen. Muss mir ohnehin schon mal eine neue Existenz aufbauen. Warum?

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