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Varus - Historischer Roman

Titel: Varus - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Kammerer
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großen Schritten stand Arminius vor Varus’ Stuhl. »Da siehst du, was der Frieden, den du bringst, aus ihnen macht!«, rief er. »Sie lassen sich von den Handlangern der Publicani schikanieren, von einem Richterlein ihre Vorrechte beschneiden, und wenn sie es nicht mehr ertragen, dann schreien sie nicht nach dem Blut derer, die sie demütigen -
nein! Sie nehmen den weißen Stab des Sendboten und treten unterwürfig vor dich! Wie die Weiber stehen sie da, betteln und winseln, anstatt laut und frei ihr Recht zu fordern! Wenn sie noch Männer wären, hätten sie ihren Leuten das Fell gegerbt und zu den Waffen gegriffen, um die fremden Richter samt ihren Soldaten zu vertreiben!«
    Während Arminius sich zu den Gesandten umdrehte, senkte sich eine lähmende Stille in den Saal, und die Gesandten starrten ihn ebenso fassungslos an wie die römischen Offiziere.
    »Wo ist er denn hin, der sagenhafte Mut der Brukterer?«, setzte Arminius nach. »Zu Bauern sind sie geworden, die selbst die Arbeit der Knechte tun. Da haben wir leichtes Spiel, wenn sie sich freiwillig unters Joch begeben, anstatt ihren Vätern Ehre zu machen, indem sie -«
    »Das reicht!«, bellte die tiefe Stimme des Statthalters durch den Saal.
    Varus hatte sich erhoben, und der kunstvoll drapierte Umhang rutschte an ihm herunter. Seine verkniffene Miene verriet, wie mühsam er den Zorn zügelte, während er Arminius anstarrte, der sich langsam, als erwachte er aus einem Rausch, zu ihm umwandte. Der Statthalter würde den dreisten Cherusker hinausweisen, davon war Ceionius überzeugt - und sah verblüfft, dass Varus Arminius mit einer herrischen Handbewegung zu sich winkte.
    »Ich habe dich zu dieser Verhandlung gerufen, damit du mir mit deinem Rat zur Seite stehst«, sagte er leise und sehr scharf. »Dass du diese Gesandtschaft, die unter dem Schutz des Gastrechts steht, beleidigst, ist keineswegs eine Unterstützung - im Gegenteil!«
    Arminius verengte die Augen und erwiderte den Blick des Statthalters, trat dann zwei Schritte zurück. Als er blinzelte,
drehte Varus sich zu den Barbaren um, die mit verschränkten Armen dastanden.
    »Ich unterbreche diese Verhandlung«, sagte Varus, dessen Stimme kaum hörbar zitterte. »Kommt morgen zur dritten Stunde wieder hierher, dann werde ich meine Entscheidung verkünden.«

III
    Das Stabsgebäude wimmelte an diesem Morgen von Gefreiten und Boten, die nun, da der Tag des Abmarsches festgelegt war, eifrig damit beschäftigt waren, die Vorbereitungen aufeinander abzustimmen. Stirnrunzelnd bahnte Marcus Caelius sich einen Weg in den Innenhof, den er mit forschen Schritten querte. Einer alten Gewohnheit folgend war er viel zu früh aufgebrochen und würde jetzt warten müssen, bis die Besprechung begänne. Der Statthalter hatte angekündigt, heute Einzelheiten zum Marsch und zu den Maßnahmen gegen die unruhigen Stämme auszugeben.
    Vor dem Fahnenheiligtum blieb Caelius stehen, um sich zu verneigen, ehe er den rückwärtigen Flügel des Gebäudes betrat. Die Tür zu dem großen Raum, in dem der Statthalter und Oberbefehlshaber die erstrangigen Centurionen empfangen würde, war nur angelehnt. Caelius griff nach dem Bronzering, doch statt anzuklopfen, drückte er die Tür auf und trat ein.
    Er stutzte, als er den Statthalter bemerkte, der entspannt auf einer Kline saß und sich mit dem vor ihm stehenden Tribun Iulius Arminius unterhielt. Doch Varus hatte ihn bereits erblickt und nickte ihm, zu bleiben, bevor er sich wieder dem jungen Barbaren zuwandte.
    »Ich verstehe deinen Zorn, mein junger Freund«, sagte
Varus, gerade laut genug, dass Caelius seine Worte vernahm. »Aber sie taten nichts anderes, als dass sie sich so verhielten, wie ihnen empfohlen wurde. Verhandlungen erfordern ihre eigenen Gebräuche. Sie derart zu beschimpfen, war schlichtweg unverschämt. Es hat mich einiges an Überredungskunst gekostet, die Gesandten zu besänftigen, nachdem ich dich hinausgeschickt hatte.«
    »Sie hatten Schlimmeres verdient«, schnaubte Arminius. »Ich habe mich geschämt für die Brukterer und Tubanten, die einmal zu den tapfersten und stolzesten Völkern gehörten - und für mein eigenes Volk, weil wir Cherusker vor Jahren ausgerechnet von diesen beiden Stämmen beinahe aufgerieben worden wären.«
    Während Varus sich erhob, zog Caelius sich zur Tür eines Nebenraumes zurück; Zeuge dieses Gespräches zu werden, verursachte ihm Unwohlsein. Er hatte viele Jahre in Feldlagern und auf dem Marsch verbracht, in Schlachten

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