Varus - Historischer Roman
der schweren Lasten verliefen reibungslos und ohne Zwischenfälle.«
»Keine Angriffe von Barbaren? Oder von meuternden Hilfstruppen?«
Belustigt beobachtete Vala, wie die Wangen des jungen Mannes sich röteten, und es fiel ihm schwer, nicht zu lachen. Der Tribun atmete sichtlich tief durch, bevor er sich nochmals verneigte.
»Ich bitte um Nachsicht. Ich habe voreilige Schlüsse gezogen, ohne die Grundlagen zu prüfen. Deshalb wähnte ich Gefahr im Verzug.«
»Das weiß ich, Gaius Caelius«, mischte sich nun der Statthalter ein. »Da ich deinen Vater kenne, weiß ich, woher dein feuriges Blut stammt. Umso mehr sah ich mich in der Verantwortung, dieses Feuer zu zähmen. Ich hoffe, das ist mir gelungen.«
»Ich hatte Zeit nachzudenken, Publius Quinctilius.« Caldus’ Stimme klang ein wenig gepresst, und er zog ein Gesicht, als schicke er sich an, eine auswendig gelernte Rede vorzutragen; doch dann schloss er nur den Mund, und das Schweigen schien ihn zu umhüllen wie ein Mantel. Während Varus’ Züge stille Anerkennung verrieten, verspürte Vala einen säuerlichen Unwillen.
»Dann hast du von den Zwischenfällen des heutigen Tages also nichts erfahren?«, begann er von neuem. »Um es kurz zu machen: Es gab eine vorübergehende Unterbrechung der Nachrichtenkette zwischen den beiden germanischen Alen und uns, und du kannst dir denken, dass wir eingedenk deiner Verdächtigungen beunruhigt waren.« Er musterte Caldus und bemerkte, dass sich dessen Miene verhärtete. »Die Nachrichtenkette wurde durch Boten von beiden Seiten wieder aufgenommen. Wir hörten, dass einige Aufrührer sich offenbar bis hierher durchgeschlagen und die Boten überfallen hatten. Einigen von Arminius’ Männern gelang es jedoch, die Angreifer zu überwältigen.«
»Müssen wir mit Angriffen auf den Tross rechnen?«, fragte Caldus.
»Es war nur eine kleine Schar«, erwiderte Vala, »Kundschafter, die ihren Auftrag damit krönen wollten, dass sie unseren Vormarsch störten. Was ihnen allerdings nicht gelungen ist.«
Er leerte seinen Kelch in einem Zug, und sogleich trat einer der neben dem Mischkrug bereitstehenden Sklaven zu ihm, um ihm nachzuschenken. Der Statthalter trank dem Tribun aufmunternd zu, der seinerseits vorsichtig an seinem Kelch nippte.
»Im Stab wirst du eher benötigt als beim Tross, Gaius Caelius«, sagte Varus. »Dennoch wiegt für mich die Bitte deines
Vaters, deinen stolzen Sinn zu zähmen, schwerer. Außerdem kann es, wie die Dinge liegen, nicht schaden, wenn ein wacher junger Geist die Geschütze im Auge behält.«
Müde dehnte Vala sich auf der Pritsche, und ein feiner Duft breitete sich aus, während sein Leibsklave die Hände in eine Schale voll Öl tauchte.
Bei Varus’ abschließenden Worten waren Caldus’ Züge scharf geworden, seine Augen schmal, doch er hatte die Bestätigung des schmählichen Urteils, das über ihn verhängt worden war, schweigend zur Kenntnis genommen. Insgeheim hatte Vala gehofft, der Statthalter hätte nach Ceionius’ Fürsprache seine Meinung geändert; andererseits tat es diesem jungen Herrn gut, ein wenig zurechtgestutzt zu werden, zu sehen, dass sich verscherztes Wohlwollen nicht an einem einzigen Tag zurückgewinnen ließe.
Der Sklave begann, mit kreisenden Bewegungen die Muskeln des Schultergürtels zu lockern, knetete hier und da, blieb dabei zunächst sanft, dann klatschten die Handflächen in schneller Folge an der Wirbelsäule entlang. Vala entließ einen wohligen Seufzer, lauschte dem Rasseln einer draußen vorübereilenden Wachmannschaft, dem knappen Befehlsgebrüll eines Offiziers, dem Dröhnen der genagelten Sohlen, das sich rasch entfernte.
Als ein zweiter Zug sich näherte, wurde er hellhörig, und sofort nahm sich der Sklave der Muskeln an, die sich unwillkürlich spannten, drückte sie schmerzhaft, dass Vala zischte und sich auf die Unterarme aufstützte. Der Sklave hielt inne und trat von der Kline zurück. Vala bemerkte weitere Schritte, Stimmen, die hastig sprachen, und ein Rauschen verriet, dass der Zelteingang beiseitegeschlagen wurde. Schnell richtete er sich auf, sprang auf die Füße, schlüpfte in die Tunica,
die sein Leibsklave ihm darbot, und in die bereitstehenden Schuhe. Ein Räuspern hinter dem Vorhang, der das Zelt teilte, verriet ihm, dass Eile geboten war. Er schlang den Gürtel um die Mitte und trat zum Vorhang, den der Sklave rasch öffnete.
Vor ihm stand Opimius, der Optio des Marcus Caelius, und grüßte straff, während der Leibsklave
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