Vater. Mörder. Kind: Roman (German Edition)
darin. Ob denn niemand die Lokalsender benachrichtigt habe? Er möchte mit dem Pressefritzen sprechen. Wo sich denn der Pressefritze dieses sogenannten Verlages verstecke?
Der Schlaumeier Augusto hat den treuen Walter in den Ring geschickt, der jünger ist und die Launen des tobenden Autors besser verkraftet.
Elisa schmollt, weil sie in das neue Outletcenter fahren wollte, das in der Nähe von Reggello eröffnet wurde. Caterina möchte auf dem Einband von Bellopedes Buch herumkritzeln, weil da nur hässliche Trusker ohne Augen drauf sind.
Der alte Kulturredakteur beginnt ins Mikrofon zu nuscheln. Schon nach wenigen Minuten muss Elisa mit Caterina nach nebenan ins Café gehen, um einen Kakao zu trinken, und hinterlässt eine weitere klaffende Lücke in den Stuhlreihen. Bellopede scharrt in seinem kitschigen flaschengrünen Anzug mit den Hufen. Er mustert das spärliche Publikum, aber du bist dir sicher, dass er in Wirklichkeit Gespenster sieht. Die Gespenster der Kollegen, Verwandten und Freunde, die zu kommen versprochen hatten und sich dann von einem lächerlichen Nordwind abschrecken ließen.
Aber das Schlimmste sollte noch kommen.
Der alte Kulturredakteur zeichnet das Porträt der jungen französischen Archäologin, die bereits auf der ersten Romanseite dem Charme des eleganten Fünfzigjährigen erliegt, der von den Mafiosi der Linken dazu verbannt wurde, im hintersten Büro einer Poststelle Telefondienst zu schieben.
Dann hält er plötzlich inne, starrt auf einen unbestimmten Punkt an der Kassettendecke und endet: »Und nur durch einen meisterhaften Kunstgriff erfahren wir am Ende, dass tatsächlich sie die Serienmörderin ist, die ihren Opfern bei lebendigem Leibe mysteriöse etruskische Symbole ins Fleisch ritzt.«
Bellopede will dem alten Trinker noch das Mikrofon aus der Hand reißen, doch zu spät.
»Sie müssen auch das Positive sehen. Er hat zwar verraten, wer der Mörder ist, aber zum Glück hat kaum jemand zugehört«, versuchst du ihn zu trösten.
»Nicht einmal der Kulturreferent hat es für nötig gehalten zu erscheinen.«
»Die Bemerkung über die Mafiosi der Linken hätte er wohl nicht goutiert.«
»Von denen lasse ich mir nicht den Mund verbieten.«
»Sie werden die Welt auch nicht ändern, glauben Sie mir«, versuchst du ihn in die Realität zurückzuholen.
Aber Bellopede glaubt fest daran, dass sich etwas ändern wird, sogar in der Toskana. Es muss sich etwas ändern, präzisiert er, denn die Kommunisten haben es auf ihn abgesehen. Sie wollen die Ausschreibungen zum Archäologiepark anfechten und untersuchen lassen, ob der Tatbestand des Amtsmissbrauchs vorliegt.
»Liegt er denn vor?«, fragst du.
»Und wenn schon«, antwortet er. »Die machen wir trotzdem fertig.«
Der Ton, in dem er das »wir« ausgesprochen hat, gefällt dir gar nicht. Sollten irgendwelche Ungereimtheiten ans Tageslicht kommen, wird die ganze Firma da mit reingezogen. Also du.
»Kennen Sie Dottor Nicola Gagliardo?«, fragt er. »Der hat in ganz Italien Hotels gebaut. In Rom wartet schon ein Posten auf ihn. Untersekretär für Tourismus. Dann hat er die Hand auf den Fördermitteln für europäische Entwicklung, weshalb keiner einen seiner Männer anrührt.«
»Sind Sie einer seiner Männer?«
»Wir kennen uns seit zwanzig Jahren. Wir sind wie Brüder, verstehen Sie? Er wird mich über die Kulturstiftung sponsern. Und dann entscheide ich selbst, ob eine Ausschreibung korrekt war oder nicht. Die jagen mich hinten zum Haus raus, und ich komme durch den Haupteingang wieder herein. Dafür muss Gagliardo im Mai aber gewinnen. Er braucht jede Unterstützung, die er kriegen kann.«
Du beruhigst ihn, während Caterina und deine Frau zum hundertsten Mal am unteren Ende der steilen Treppe auftauchen, mit roten Nasen, Schals vor dem Mund und gegen die Kälte anstampfend.
Am nächsten Tag hat Caterina achtunddreißig Grad Fieber. Der Sonntagsausflug in den neuen Outletstore wird verschoben.
Elisa nudelt immer wieder das Album von Laura Pausini herunter und verbringt den Vormittag mit Waschen und Kochen, Reis und Kartoffelpüree. Sie geht zum Videoverleih und kommt mit einem Film zurück. Das Wetter kann sich nicht dazu durchringen zu regnen, aber es kommt auch kein Wind auf, um die Wolken zu vertreiben. Caterina will das Kartoffelpüree nur essen, wenn ihr versprecht, ihr ein Kostüm von Shaina, der Priesterin des Krieges, zu kaufen.
Nach dem Mittagessen schläft sie ein, und Elisa macht es sich mit der Fernbedienung
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