Vater. Mörder. Kind: Roman (German Edition)
offen und ehrlich aufzuschlagen, und mach aus den Teufelchen vertrauensvolle, unschuldige Engel, die keinen Argwohn und keinen Zweifel kennen, my Heathcliff, M. C.«
»Das ist ein Zitat. Wenn du mir nicht glaubst, prüf es doch nach. Dann liest du wenigstens mal ein Buch.«
»M. C. heißt Maria Carla. Das Buch ist von einer englischen Autorin, und diese Babysitterin ist fast Muttersprachlerin.«
»O nein, jetzt kommt das wieder …«
»Ist sie es, oder ist sie es nicht?«
»Und wenn schon, sie hat mir ein Buch geschenkt. Na und?«
»Erst lädst du eine Frau, die dir so eine Widmung schreibt, zu uns nach Hause ein, und dann erfindest du auch noch die Ausrede mit dem Babysitten.«
»Warum sollte ich die erfunden haben? Ich hätte es dir ja gar nicht erzählen müssen.«
»Wo habt ihr es getrieben? In der Küche, auf dem Wohnzimmertisch, auf dem Teppichboden? Na los, raus damit!«
»Du solltest dich mal hören. Du bist ja völlig hysterisch, Elisa!«
»Nein, jetzt hörst du mir mal zu! Wenn du es unbedingt mit Babysittern treiben willst, packst du besser gleich deine Koffer!«
Elisa hört sich an wie eine Bauchrednerpuppe. Es sind Romina und Teresa Crisci, die reiche Kommunistin und die neidische Vogelscheuche, die aus ihr sprechen. Du gibst dir Mühe zu lächeln, aber du fühlst dich zunehmend wie ein Exorzist vor einer Besessenen.
»Dieses Haus habe ich bezahlt. Wer hier seine Koffer packt, bist höchstens du, meine Liebe.«
»Ach ja? Das werden wir ja sehen.«
Samstagnachmittags verzichtet Elisa nie auf ihre Sitzung bei der Kosmetikerin. An diesem Samstag stehen Nagelmodellage, Depilation und Gesichtsbräuner auf dem Programm. Onkel Mariano und Tante Vanna haben Caterina auf einen Ausflug in das neue Multiplex-Kino mitgenommen.
Diesen Samstag brauchst du auch dringend, um in Ruhe ein paar Sachen zu erledigen.
Gegen drei schnappst du dir den Terminkalender deiner Frau und springst ins Auto. Zwanzig Minuten später bist du in den ausgestorbenen Büros von Aggradi und kopierst ihn von der ersten bis zur letzten Seite.
In der hintersten Ecke einer Innentasche findest du die Visitenkarte eines Rechtsanwalts.
Unter einem unbewegten Wolkenhimmel und in der Trägheit des Samstagnachmittags fährst du wieder nach Hause, notierst dir die Kontaktdaten des Rechtsanwalts und legst den Terminkalender wieder genau dorthin, wo du ihn gefunden hast. Du entscheidest dich für den Weg der Vernunft und nimmst dir vor, einen kühlen Kopf zu behalten. Als Erstes machst du dich auf die Suche nach diesem Buch, Sturmhöhe .
Du kannst es nicht finden, und ebenso wenig schaffst du es, deinen klaren Verstand zu benutzen.
Du setzt dich auf euer perfekt gemachtes Bett, dann aufs Sofa, dann in die Küche. Draußen wird das Tageslicht blass, und feiner Regen macht die Fenster blind. Eine seltsame Stille senkt sich nieder.
Als du gerade mit dem Schraubenzieher die Paketverpackung aufschlitzen willst, öffnet Elisa das Gartentor. Du nimmst dir fest vor, endlich die runden Spiegel zu montieren und einen kühlen Kopf zu behalten, doch es gelingt dir nicht.
Ohne sie richtig zu begrüßen, pflanzt du dich vor deiner Frau auf.
»Wo ist das Buch?«, fragst du.
Sie legt den Schal ab, wendet dir den Rücken zu und verschwindet in der Küche.
»Hörst du nicht? Ich habe dich gefragt, wo das Buch ist .«
»Was weiß ich, es gehört dir.«
Endlich dreht sie sich um und sieht dich an. Eher als dich sieht sie allerdings den Schraubenzieher an, den du in der Hand hältst. Sie presst die Lippen zusammen, räuspert sich. Vergeblich. Ihr »Was soll das?« klingt trotzdem piepsig.
»Nichts. Ich war in der Garage.«
Sie geht in den Abstellraum, um sich die Schuhe auszuziehen, du hinterher.
»Was ist, willst du die Trennung?«
Sie streitet ab, aber ihre Brüste unter dem dicken Pulli verraten, wie hektisch sie atmet.
»Das kannst du auch gar nicht, Elisa. Du wärst die Schande der Familie Domini. Dein Bruder und deine Eltern würden vor lauter Scham nicht mehr vor die Tür gehen.«
Als sie den Abstellraum verlässt, streift sie dich leicht.
»Obwohl, bei ihrer kleinen Elisa würden sie vielleicht eine Ausnahme machen. Wenn die Familie Domini plötzlich ihre Meinung über mich geändert hat, könnten wir uns sogar scheiden lassen. Die Schuld liegt natürlich bei mir.«
»Jetzt entspann dich mal, Furio.«
Das ist der typische Satz, der einen zum Brüllen bringt. Ihr seid eine Familie von scheinheiligen Heuchlern, brüllst du. Was
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