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Vater. Mörder. Kind: Roman (German Edition)

Vater. Mörder. Kind: Roman (German Edition)

Titel: Vater. Mörder. Kind: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giampaolo Simi
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mich irgendwie in Verlegenheit bringen könnte. Nach sechzehn Jahren wegen besonders schweren Totschlags eines Angehörigen, mehrerer Fälle vorsätzlicher Körperverletzung und Dealerei ist das Gefängnis für ihn das Normalste von der Welt. Menschen, die noch nie etwas damit zu tun hatten, sind für ihn Aliens.
    »O Mann, Guerri«, sagt er, den toskanischen Akzent imitierend, »erinnerst du dich noch an das gute Öl und den Wein? Und dass man nichts davon draußen verkaufen durfte?«
    »Sicher. Und was macht ihr dann hier?«
    »Auf der Insel ist ihnen die Kohle ausgegangen, deshalb haben sie vor einem Monat schnell die Gesetze geändert, und jetzt dürfen wir doch verkaufen. Wie findest du unseren Stand? Wieso sagst du gar nichts?«
    Nein, ich sage nichts. »Leck mich«, würde ich am liebsten sagen, aber das würde ihm nicht gefallen. Als ich es das erste Mal zu ihm sagte, hat er mir den Jochbogen zertrümmert. Seine dicke Armbanduhr war ein regelrechter Schlagring und hat eine ordentliche Narbe hinterlassen.
    »Wir haben ganz vorzüglichen Oregano, Signora«, belabert er Laura. »Und Aloe-Vera-Gel für die Haut, schon mal probiert? Furio, sag ihr, wie gut unser Aloe-Vera-Gel ist.«
    Laura hat ihren Löffel in die Minestrone fallen lassen und sitzt mit hängenden Armen da. Sie starrt mich an, als würde sie in einen Spiegel sehen und sich nicht erkennen.

36
    A m nächsten Morgen bringst du deine Tochter mit dem Spider zur Schule. Caterina ist stolz, dass sie ganz allein vorne sitzen darf.
    Du gibst ihr einen Kuss, um halb eins wirst du sie wieder abholen. Die anderen Kinder mustern kritisch dein komisches Auto, lachen und schubsen sich. Prüfend betrachtest du dich zum hundertsten Mal im Rückspiegel, dann fährst du wieder los.
    Um zehn überreichst du Dottor Bellopede das gesamte Material von Romina Bianchis Wahlkampagne. Zentrale Themen, geplante Werbemaßnahmen, Strategiepapiere, Programm sämtlicher öffentlichen und geschlossenen Veranstaltungen. Der Einfachheit halber hast du den kompletten Organizer deiner Frau kopiert: alles, was dem Kandidaten von Mitte-rechts helfen kann, die Schritte seiner Rivalin vorherzusehen und den Kommunisten diesen Wahlbezirk im Zentrum der Toskana zum ersten Mal wegzuschnappen.
    Bellopede wirkt zufrieden, fragt aber auch nach Neuigkeiten zu seinem Buch. Er hat gar keine Rezensionen gefunden und wurde auch nicht um Interviews gebeten, also hat er Bekannte in ganz Italien mobilisiert. Er gibt dir eine detaillierte Liste aller Buchhandlungen, in denen das Personal auf die Frage nach den Abgründen etruskischer Jungfrauen mit völliger Ahnungslosigkeit reagierte.
    »Ich bin gerade auf dem Weg zu ConTesto. Da kann ich das Thema gleich mal ansprechen und dafür sorgen, dass man sich mit Ihnen in Verbindung setzt«, versprichst du zum Abschied.
    Kurz nach zwölf triffst du bei ConTesto ein. Augusto scheint schon am Vormittag ausgiebig gebechert zu haben, Walter setzt ununterbrochen die Brille auf und ab. Maria Carla trägt eine goldene Brosche in Schmetterlingsform an ihrer Gouvernantenbluse. Sie empfängt dich mit dem Blick einer besorgten Cousine und fragt, ob es dir gut geht, aber bevor du antworten kannst, klingelt dein Handy.
    Der Sicherheitsdienst informiert dich, dass die Alarmanlage in deinem Haus angesprungen ist, und fragt, ob sie nach dem Rechten sehen sollen.
    »Ja bitte, ich bin außerhalb unterwegs«, antwortest du, dann setzt du dich erst einmal hin und bittest um einen Kaffee.
    Du überreichst Maria Carla die Korrekturbogen der nächsten beiden Manuskripte, die in der Reihe Das Debüt erscheinen sollen : die Lyrikanthologie Du, Stein in meinem Fluss und einen erotischen Roman mit dem Arbeitstitel Nimm mich aus der Feder einer mysteriösen Claire de Lune.
    Walter und Augusto haben dich einem Galeristen in Pietrasanta weiterempfohlen. Du erörterst den Kostenvoranschlag für zwei Kataloge, neunzig Seiten in Vierfarbdruck, eine Auflage von jeweils tausend Exemplaren. Der Kaffee tut gut. So muss es sein, die Arbeit macht Spaß, wenn es so rund läuft. Du gewährst einen fünfprozentigen Skonto, weitere fünf sind deine Provision. Gewissenhaft notiert ihr die Größe der Fotos, deine Aktentasche ist schon ganz ausgebeult vor lauter Arbeit, da klingelt dein Handy erneut.
    Es ist die Polizei. Du sollst sofort nach Hause kommen. Warum sagen sie nicht. Und du fragst auch nicht nach. Als du gehst, sieht Maria Carla dir schweigend hinterher.
    Bevor du dich auf den Weg nach Hause

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