Vater Mond und seine Kinder (German Edition)
hindurch geschritten waren, fügte sich das Gebüsch wieder zu einer undurchlässigen Mauer zusammen. Inzwischen hatten die Elfen längst die Orientierung verloren. Und dann geschah das Unglaubliche: Der Wald lichtete sich, die Bäume traten beiseite, Stimmen klangen zu ihnen herüber, Musik ertönte und dann standen sie nach der endlosen Wanderung auf der Festwiese. Endlich war es geschafft. Jauchzend stürzten sie auf ihre Freunde zu und fielen sich in die Arme. Erst dann hatten sie Zeit, sich umzusehen.
Königin Adina hatte mit Hilfe der Zwerge weiße Zelte aufstellen lassen, die wie kleine Wigwams aussahen. Zahlreiche weiche Kissen und Decken lagen verstreut umher, auf denen es sich schon viele Ankömmlinge gemütlich gemacht hatten. Tische, dekoriert mit herrlich glänzenden Leuchtern, bogen sich unter der Fülle der Leckereien, die die Küchenelfen gebacken, gekocht und gebraten hatten. Bezaubernde Arbeitselfen, angetan mit Blumenschürzen und weißen Häubchen, wurden nicht müde, den Ankömmlingen Getränke und Süßigkeiten anzubieten. Es war traumhaft. Als sich die Dämmerung über den Wald und die Lichtung senkte, flammten hunderte von Fackeln auf, die die Feenwiese in ein märchenhaftes Licht tauchten.
Kurz nach Mitternacht trat Königin Adina auf die Festwiese und rief ihren Gästen ein herzliches Willkommen zu. „Tanzt, singt, esst und trinkt, fühlt euch wie zu Hause. Morgen Abend, beim Schein des Vollmondes und dem Funkeln der Sterne beginnt unser großes Sommerfest.“ Beifall brandete auf und die ganze Nacht über herrschte eine ausgelassene Stimmung und ein lebhaftes Treiben.
Am nächsten Abend machte Königin Adina einen letzten Kontrollgang. Alle Vorbereitungen für das Gelingen des Festes waren getroffen. Es konnte beginnen.
Aber wo blieb Vater Mond? Sie schüttelte den Kopf und wunderte sich, dass er noch nicht zu sehen war. Auf ihn war sonst immer Verlass.
Die Vollmondnacht
Vater Mond hatte keine Lust aufzustehen. Ihm steckte immer noch die missglückte Landung beim letzten Vollmond in den Knochen. Er drehte und wendete sich hin und her, zog die Zipfelmütze tiefer in die Stirn und gähnte herzhaft. Muss ich wirklich aufstehen? Ich schicke einfach nur die Sternenkinder zur Arbeit. Er hatte den Gedanken noch nicht zu Ende gebracht, als draußen ein Riesenlärm entstand. Es wurde geklopft, gehämmert und wild an der Türklinke gerüttelt. Die Ruhe war dahin.
Entsetzt fasste er sich an den Kopf. Hatte er wirklich allen Ernstes vorgehabt, weiter zu schlafen und die Erde im Dunklen zu lassen? Mit einem Ruck setzte er sich auf, fuhr mit beiden Füßen gleichzeitig in die Pantoffel, grabschte im Vorübergehen nach dem Sternenmantel, zog ihn über seinen Schlafanzug und riss empört die Tür auf. Vorwurfsvoll schauten ihn seine Mondkinder an, wobei sie mit den Fingern auf die harrenden Sternenkinder zeigten. „Ja, ja, ich weiß“ brummelte er. Ich habe mich halt verschlafen!“ Forschend schaute er zur Sternenwiese. Er blickte einmal, dann zweimal und schüttelte ungläubig den Kopf. Mit seinem Sternentaschentuch, das er aus der Schlafanzughose zerrte, wischte er sich die Augen klar. Das war ja unglaublich, was er da sah. Auf seiner Stirn bildete sich eine steile Zornesfalte.
Ehe die Mondkinder wussten wie ihnen geschah, setzte ein ungeheuerliches Donnerwetter ein. „Jonas, Robin, Leo, Alois, Jake und Toni sofort hier her.“ Verblüfft schauten sich die Mondkinder an. Was hatten sie ausgefressen? Angsterfüllt traten sie vor. Fassungslos zeigte Vater Mond nach oben in die äußerste Ecke seines Mondgesichts. Er holte tief Luft und dann legte er los „seht ihr auch, was ich sehe, ein Fleck, ich habe ein fleckiges Gesicht, das ist unerhört. Habe ich euch nicht immer gesagt, dass alles blitzsauber sein muss. So kann ich mich nicht am Himmelszelt zeigen.“ Mit böse funkelnden Augen blickte er sie an.
Bestürzt schauten die Kinder hoch. Oh je, sie hatten ihre Arbeit nicht richtig erledigt. Stattdessen hatten sie mit den Sternenkindern gekichert und Scherze gemacht. Bevor Vater Mond noch weiter toben konnte, holten sie flugs die Himmelsleiter, kletterten hinauf und polierten so lange, bis alles blitzte.
Derweil saß Vater Mond nervös in seinem Lehnstuhl und schaute ungeduldig auf die Monduhr. Tick tack, tick tack. Der Zeiger ließ sich nicht aufhalten und rückte unerbittlich vor.
Er blickte immer noch düster vor sich, als seine Kinder mit Tränen in den Augen vom Putzen
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