Vater Mond und seine Kinder (German Edition)
Unbarmherzig brannte die Sonne vom Himmel herab und die Luft wurde immer stickiger. Es herrschte eine drückende Schwüle und kein Lüftchen regte sich. Die Sonne war nur noch durch einen gelblichen Nebelschleier zu erkennen. Mit einem Schlag veränderte sich das Wetter. Ein Sturm brauste mit unbändiger Kraft über den Pass und schwarze Gewitterwolken türmten sich hoch auf. Halt suchend klammerten sich die Reisenden aneinander, um nicht vom Sturm mitgerissen zu werden. In dem Moment, als sie das Felsplateau erreichten, setzte peitschender Regen ein. In wenigen Sekunden waren sie vollkommen durchnässt. Kein Baum und kein Strauch in der Nähe, die Schutz boten. Etwas weiter entfernt sahen sie einen überhängender Felsbrocken, den sie außer Puste erreichten. Eng drückten sie sich an die Felswand und wurden so ein bisschen vor der rauen Witterung geschützt. Blitze flammten auf, gefolgt von lautem Donnergetöse. Wolkenbruchartig ergoss sich der Regen über die Berge und das Tal. Nach einigen bangen Minuten beruhigte sich der Sturm, die Wolkendecke riss auf und der ganze Spuk war vorüber. Schmutzig und durchnässt begannen sie zitternd vor Kälte den Abstieg. Vorsichtig suchten sie sich ihren Weg. Wie lange sie so vor sich hintrotteten, wussten sie nicht. Sie hatten jegliches Zeitgefühl verloren. Kurz vorm Dunkelwerden erreichten sie endlich das Tal, das sie von oben gesehen hatten. Wirbelnde Wassermassen rissen abgeknickte Bäume und Äste mit sich und stürzten in die Tiefe. Der Augenblick war gekommen, an dem sie nicht mehr weiterkonnten. Mit letzter Kraft suchten sie sich ein trockenes Plätzchen, wo sie ermattet zu Boden sanken. Außer von Kälte und Nässe wurden sie auch noch von Hunger und Durst geplagt. Sie fühlten sich einfach elend. Ein Tierschrei hallte durch die Nacht, der sie erschreckt hochfahren ließ. Es war jedoch nur der Ruf eines Käuzchens. Beruhigt sanken sie wieder zu Boden und streckten stöhnend ihre schweren Beine von sich.
Einige Elfchen, die schon wieder fit waren, sammelten flink ein paar trockene Zweige, entfachten ein Lagerfeuer und brühten für alle einen beruhigenden Kräutertee auf. Mit klammen Fingern führten sie die Tassen an den Mund und schlürften den heißen Tee. Langsam kehrten ihre Lebensgeister zurück. Später kramten sie ihre feucht gewordenen Schlafsäcke hervor, krochen hinein und zogen den Reißverschluss bis zur Nasenspitze hoch. So dick eingemummelt schliefen sie ungestört bis zum Tagesanbruch.
Hatzi, hatzi tönte es unter dem Brombeerstrauch hervor, als die ersten Sonnenstrahlen den Strauch durchdrangen und ihre Näschen kitzelten. Die ganze Mühsal der letzten Tage war vergessen. Herrlich ausgeruht sprangen sie auf, wünschten sich einen „Guten Morgen“ und brachen nach einem ausgiebigen Frühstück zeitig auf. Wenn nichts Unvorhergesehenes dazwischen kam, würden sie heute ihr Ziel, die Festwiese, erreichen. Flink, ein Liedchen vor sich hinträllernd, folgten sie eine Weile dem breiten Flusslauf, der glücklicherweise wieder in sein altes Bett zurückgekehrt war. Nach einer stundenlangen Wanderung standen sie plötzlich vor einer kleinen Anhöhe. „Das“ vermuteten die Elfen, „muss der letzte Berg sein, den wir noch überwinden müssen.“ Voller Erwartung stürmten sie hinauf und entdeckten in der flimmernden Sommerhitze die ersten Anzeichen des Waldes, der ihr Ziel war. Sie mussten noch eine ganze Zeit lang laufen, bis sie die ersten Bäume erreichten. Am Waldrand suchten sie vergeblich einen Pfad, um ins Innere zu gelangen. Jedoch ein undurchdringliches Gestrüpp von Zweigen und Büschen hinderte sie daran. Sie wandten sich ab und suchten in entgegen gesetzter Richtung. Aber auch hier, kein Weg und kein Steg führten hinein. Enttäuscht sahen sie sich an. Sie hockten sich ins Gras, um zu besprechen, wie es weitergehen sollte. Kleine Tiere raschelten im Gebüsch, Vögel zwitscherten vergnügt in den Bäumen und sogar ein Kuckuck ließ seinen Ruf ertönen. Während sie noch grübelten, wie sie in den Wald eindringen konnten, spürten sie eine leise Bewegung. Das Dickicht teilte sich. Aus dem Schatten der Bäume trat eine Elfenbotin hervor. „Grüß euch, ich warte schon seit heute Morgen auf euch, kommt mit mir, ich bringe euch zur Elfenwiese.“ Die Botin führte sie kreuz und quer durch das Gewirr der Bäume. Wenn ein Dickicht den Weg versperrte, hob sie einfach die Hand, berührte einen Zweig und schon war der Weg frei. Sobald sie jedoch
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